Hinterherhecheln kostet auch Geld

Explodierende Preise für Sportrechte – Vermarktung steht unter enormem Innovationsdruck

Explodierende Preise für Sportrechte – Vermarktung steht unter enormem InnovationsdruckVon Daniel Schifferle Teuer in Einkauf und Produktion, unbeliebt bei Werbeauftraggebern: Sportprogramme buchen ist ein unsicheres Geschäft und fordert von der Publisuisse mehr Ideenreichtum als jedes andere Umfeld. Denn mehr Einnahmen wären nötig, sollten die quotenstarken Sportevents auch in Zukunft bei SF DRS zu sehen sein.
Die Rechtekosten für Olympische Spiele sowie für Fussball-EM und -WM sind in den letzten zwanzig Jahren in sphärische Höhen entglitten. Die Beispiele sprechen für sich: 1984 flossen in die Kassen der Olympischen Sommerspiele in Los Angeles 29,2 Millionen Franken, 2004 werden es in Athen gleich zwanzigmal mehr sein, nämlich 591 Millionen Franken. Um den Faktor dreissig haben sich im gleichen Zeitraum die Rechtekosten für die Winterspiele vervielfacht.
All das ist aber lediglich ein Klacks im Vergleich zu den 3,2 Milliarden DM, welche die Kirch-Gruppe für die Fussball-WM 2002/2006 hinblättert. Eine Begleiterscheinung der Preisexplosion: Um die senkrecht hochkletternden Rechtepreise der heissen Sportevents feilschen immer weniger Player. Kein Wunder also, weiss SF-DRS-Sportchef Urs Leutert nicht, wo längerfristig gesehen die Position des Schweizer Fernsehens in dem sich zum Kartell entwickelnden Markt der Sportrechte sein wird.
Schmerzgrenze erreicht – noch kein Pay-TV für Eishockey
Noch kein Grund zur Sorge: Für die erste Hälfte dieses Jahrzehnts sind bei SF DRS Olympische Spiele, Fussball-EM und -WM gebucht, und auch der Strauss mit anderen beliebten Highlights wie alpine Skirennen, Formel 1 oder Radsport bleibt vorerst noch üppig. Aber mit den 120 Millionen Franken für Sportsendungen ist die Schmerzgrenze jetzt erreicht.
Hilfe könnte eine bessere Nutzung von Verwertungsketten bringen, das Zauberwort, mit dem die deutschen Privatsender ihr Sportangebot besser zu finanzieren versuchen. Doch der kleine Schweizer Markt eröffnet wenig Perspektiven. Das hat jetzt eine Studie von SF DRS bestätigt. Sie prüfte konkret die Möglichkeiten einer Zweitverwertung von Eishockeyrechten via Pay-TV.
«Finanziell würde sich das niemals rechnen», bringt Leutert das Resultat auf den Punkt, «deshalb werden wir das auch nicht weiter verfolgen.» Dieser Schluss überrascht nicht. Auch im viel grösseren deutschen Markt sind die Erfahrungen ernüchternd, was die Zahlbereitschaft der Zuschauer für Sport-Pay-TV betrifft.
Ausländische Sender geben
den Ton an
Werden die Sportsendungen aber im Free- oder im öffentlich-rechtlichen TV gezeigt, ist das Interesse riesig. Sportliche Grossereignisse halten bei den Marktanteil-Hitlisten regelmässig Spitzenplätze. Und: Schweizer Zuschauer wollen die Sportübertragungen bei SF DRS sehen. «Trotz manchmal vielleicht etwas holprigen Stils», wie Sportchef Leutert meint.
Was nämlich den Standard der Sportberichterstattung betrifft, geben die ausländischen Sender Tempo und Richtung vor: Sat1 beim Fussball, RTL bei der Formel1 und Österreich beim Skizirkus. «Und wir rennen diesen immer ausgefeilteren Standards dauernd hinterher», merkt Leutert selbstkritisch an.
Gefragt sind Kreativität und die Innovationskraft der Werbung
Nicht weniger gefordert sind die Vermarkter der Werbeumfelder im Sportbereich. Paradoxerweise bringen die Sendungen, gemessen an ihren Quoten, viel zu wenig Geld in die Kasse der Publisuisse.
Der Grund liegt darin, dass Sportsendungen quer liegen zu den Planungsroutinen der Mediaagenturen und deshalb als unattraktiv gelten. Sportprogramme sind kurzfristig, unberechenbar und mit häufigen Ausfällen garniert. Bei so vielen Nachteilen überzeugen sonst stichhaltige Argumente wie zum Beispiel ein äusserst vorteilhafter TKP kaum.
Besondere Anstrengungen und Kreativität sind gefragt. Deshalb hat Publisuisse im Herbst ’99 die Stelle eines PM Sport geschaffen. Die Aufgabe von Stelleninhaber Ole Rauch: mit kundengerechteren Werbeangeboten die Erträge aus dem Umfeld Sport steigern.
Risiko minimieren ist dabei eine der wichtigsten Aufgaben. Das neuste Publisuisse-Angebot enthält eine Leistungsgarantie mit
einem Kostendach für eine bestimmte Wettkampfserie. Ergeben sich mehr als die geplanten Spiele, erhält der Kunde die zusätzliche Leistung gratis; fallen Wettkämpfe aus, bezahlt er dafür auch nicht. «Der Vorteil: Wir können diese Angebote Ende Jahr kommunizieren und uns noch in die Budgetplanung der Kunden einklinken», sagt Rauch. Damit dies auch geschieht, wird ein Zückerchen mitgeliefert: Wer sich auf der
Publisuisse-Homepage für die Sportpakete interessiert, nimmt an einem Wettbewerb teil.
Kaum Verwendung für virtuelle Werbung
International gehen die Vermarkter innovative Wege, um die Potenziale der Sportwerbung besser auszuschöpfen. Die Fifa erlaubt seit Anfang Jahr virtuelle Bandenwerbung, in Deutschland ist dies seit Anfang April möglich.
«Keine Nachfrage bei uns», winkt Leutert ab. Und auch die neuste Möglichkeit, zusätzliche Werbeplätze mit so genannten GetUps zu gewinnen, schliesst Leutert für die Schweiz bereits aus. GetUps, Teppiche neben dem Goal, die bei entsprechender Kameraeinstellung als zusätzliche Banden erscheinen, bewegen sich gemäss Leutert «im Grenzbereich zur Schleichwerbung».

Weitere Artikel zum Thema