«Der Marke Rausch wird noch keine ‹Sexyness› zugesprochen»

Die Marke Rausch richtet die Kommunikation strategisch neu aus. Lucas Baumann, CEO von Rausch Kreuzlingen, spricht mit Werbewoche.ch über die angestrebte Zielgruppenverjüngung, Nachhaltigkeit sowie lokale und ausländische Märkte.

Rausch

Mit einer neuen Website und neuen Social-Media-Aktivitäten hat sich Rausch einer digitalen Verjüngungskur unterzogen und unterstreicht mit einer neuen Bildsprache ihren naturnahen Ansatz. Ein weiteres Ziel: Jüngere Kundinnen zu erreichen (Werbewoche.ch berichtete). Der neue, stilvolle Omnichannel-Markenauftritt, der in Zusammenarbeit mit Branders und Tree Stones realisiert wurde, hat den Weg für die Zielgruppenverjüngung geebnet.

 

Werbewoche.ch: Lucas Baumann, wieso strebt Rausch eine Zielgruppenverjüngung an?

Lucas Baumann: Die meisten unserer jetzigen Kunden sind mit der Marke mitgewachsen. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir jedoch auch in 20 Jahren noch Kunden haben, ist eine Zielgruppenverjüngung unumgänglich. Wir wissen anhand von Käuferstrukturanalysen sehr genau, wie unsere aktuellen Kunden aussehen und welche Bedürfnisse sie haben. Diverse Marktforschungen zeigen, welches Potenzial welche Zielgruppe hat.

 

Wie definieren Sie die Zielgruppe genau, die Sie über den überarbeiteten digitalen Markenauftritt und die Social-Media-Aktivitäten erreichen und ansprechen wollen?

Mit der digitalen Verjüngung richten wir uns gezielt an eine gesundheitsbewusste Frau, die mitten im Leben steht und ihren Alltag zwischen Kindern und Beruf jongliert. Auch wenn es um ihre Schönheit geht, sucht diese Kundin die Balance zwischen Wirksamkeit und Verträglichkeit. Sie entscheidet sich bewusst für ein Produkt, um damit sich selber respektive ihrer Gesundheit etwas Gutes zu tun.

 

Wie genau wissen Sie, wie bekannt oder populär Rausch aktuell bei dieser Zielgruppe ist?

Um diese Frage zu beantworten, haben wir eine eigene Studie beim Marktforschungsinstitut Link in Auftrag gegeben. Diese zeigte sehr deutlich, dass Rausch als verlässlicher Problemlöser ein grosses Markenvertrauen geniesst. Insgesamt wird der Marke jedoch keine «Sexyness» zugesprochen. Während sich in der Vergangenheit vor allem die Generation 50+ von der Marke angesprochen fühlte, ist es aktuell notwendig, aktiv eine Zielgruppenverjüngung durch die Emotionalisierung der Marke anzustreben.

 

Besteht die Gefahr, dass sich die – kaufkräftige und markentreue – Generation 50+ nach der Zielgruppenverjüngung nicht mehr oder weniger angesprochen fühlt von der Marke?

Um diesen Spagat zu schaffen, wollen wir das eine tun und das andere nicht lassen. Seien wir ehrlich: In der Eigenwahrnehmung ist es doch so, dass auch Frauen ab 50+ noch jung geblieben sind. Wir wollen die aktuellen Kunden deshalb nicht verlieren, sondern zusätzlich eine jüngere Zielgruppe angehen, die sehr stark nach authentischen, sehr gut verträglichen und hoch wirksamen Produkten fragt. Indem wir gezielt eine junge Zielgruppe ansprechen, die sehr kritisch und mündig ist, sind wir durchaus in der Lage, beides abzudecken.

 

Rausch setzt seit 130 Jahren auf Naturverbundenheit und Nachhaltigkeit. Werte, die in der Zwischenzeit zu Megatrends wurden. Schlägt nun die grosse Stunde des Unternehmens?

Rausch ist diesbezüglich tatsächlich ein Pionier der naturnahen Kosmetik. Unser Umgang mit der Natur basiert seit jeher auf Vertrauen, Respekt und Wertschätzung. Das Bewusstsein, die Natur nicht nur zu nützen, sondern auch zu schützen, ist tief in der DNA unseres Unternehmens verankert. Für die Entwicklung und langfristige Gewährleistung einer hohen Qualität von solchen Produkten braucht es aber Zeit, Sorgfalt und Kompetenz. Glaubwürdigkeit wird in Zukunft nicht nur davon abhängen, ob Firmen die richtigen Produkte zur richtigen Zeit lancieren, sondern ob ein echter Dialog mit der neuen Generation entsteht, ob Multiplikatoren für die Marke gewonnen werden können und ob die richtige Sprache gefunden wird, um das Vertrauen bei den Kunden weiterhin zu fördern.

 

Hat sich das erstarkte Interesse seitens Konsumenten an naturnahen Produkten in den vergangenen Jahren in den Verkaufszahlen bemerkbar gemacht?

Ja, die Verkaufszahlen entwickeln sich positiv. Im Export verzeichnen wir teilweise zweistelligen Zuwachs. Das Bewusstsein für wirksame und zugleich milde Shampoos ist deutlich gestiegen.

 

Rechnen Sie damit, dass Konsumenten nach den Erfahrungen aus der Coronakrise vermehrt wieder Produkte aus einheimischer Produktion unterstützen, oder bleibt alles beim Alten?

Ich sehe einen ganz klaren Trend, dass Konsumenten Schweizer Produzenten vermehrt bevorzugen. Gerade die Coronakrise hat gezeigt, wie abhängig die Schweiz vom Ausland ist. Wir sind besonders stolz darauf, die komplette Supply Chain in der Schweiz zu halten. Bei vielen Leuten ist in den letzten Monaten ein Bewusstsein dafür entstanden, dass Schweizer Produkte für Arbeitsplätze, Nachhaltigkeit und Qualität stehen.

 

Wie hat Ihr Unternehmen die Krise bisher erlebt?

Bereits 2015 haben wir anlässlich der Euro-Krise einen dreistufigen Massnahmenplan erarbeitet, hinsichtlich der Sicherung unseres Unternehmens. Einen Teil dieser Massnahmen konnten wir nun anwenden und waren glücklicherweise dementsprechend vorbereitet. Alle Vorkehrungen bezüglich IT und Homeoffice konnten schnell umgesetzt werden. Die Gesundheit unserer Mitarbeiter ist mir sehr wichtig, deshalb bin ich erleichtert, dass wir keinen einzigen Coronafall im Betrieb hatten.

 

Welche Rolle spielt der ausländische Markt für Rausch?

Wir beobachten ein stetiges Wachstum unserer ausländischen Vertriebspartner. Unsere Marktforschung hat ausserdem gezeigt, dass die Marke Rausch ausserhalb der Schweiz noch wenig etabliert ist. Das bietet viel Potenzial, um die Produkte dort noch bekannter zu machen. «Made in Switzerland» weckt nach wie vor viel Vertrauen in die Qualität der Produkte. Wir sind stolz darauf, einer der wenigen Marktplayer zu sein, der lokal Rohstoffe beschafft, Produkte selbst entwickelt und herstellt.

 

Sie bieten auf Rausch.ch neu einen integrierten, mobileoptimierten Webshop an. Wieso brauchen – und unterhalten – Sie einen eigenen Webshop, wenn Ihre Produkte in den Regalen der Grossverteiler, der Drogerien und in den grossen, etablierten Webshops wie Galaxus.ch, Brack.ch oder Coopvitality.ch angeboten werden?

Das Kaufverhalten hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Zwar kaufen immer noch viele Leute ihre Produkte in der Apotheke oder im Detailhandel, doch für eine wachsende Anzahl entspricht es einem Bedürfnis nach Bequemlichkeit, von Zuhause aus und unterwegs jederzeit shoppen zu können. Spätestens seit der Coronakrise ist klar, dass es einen Webshop braucht, um die Kundinnen über ein breit aufgestelltes Vertriebsnetz beliefern zu können.

 

Das aktuelle Rausch-Logo wird schon eine gefühlte Ewigkeit verwendet. Hätte sich im Zuge der strategischen Neuausrichtung nicht auch diesbezüglich eine Auffrischung angeboten?

Das Logo steht ja als das wichtigste Widererkennungsmerkmal einer Marke. Es wurde beim Relaunch 2015 überarbeitet, vereinfacht und leicht modernisiert. Wir werden sehen, wann es das nächste Mal ein Refresh bekommt.

 

Rausch-Produkten wurde – spätestens seit Aufkommen der Codecheck-App – immer wieder vorgeworfen, bedenkliche Stoffe zu beinhalten, die man als Konsument in naturnaher Kosmetik nicht erwarten würde. Wie gehen Sie mit dieser digitalen Transparenz um?

Welche Stoffe tatsächlich bedenklich sind, lässt sich nicht immer eindeutig beantworten. Darüber streiten sich auch die Experten dauernd. Wir halten uns immer an die geltenden Gesetzgebungen und legen grossen Wert auf die Verträglichkeit sämtlicher Inhaltsstoffe. Dies lassen wir uns von externen unabhängigen Instituten auch bestätigen. Die wesentlichen Anforderungen an alle Rausch-Produkte sind Wirksamkeit und Verträglichkeit. Aus diesem Grund möchten wir nicht auf bewährte und traditionelle Inhaltsstoffe verzichten, nur weil diese nicht vollständig der Natur entsprungen sind oder sogar natürlichen Ursprungs sind, aber synthetisch behandelt wurden. Unser Credo ist es, eine Brücke zu schaffen zwischen optimaler Hautverträglichkeit, milden pflanzlichen Inhaltsstoffen und hervorragender Wirksamkeit.

 

Sie bieten im Webshop auch ein Rausch Desinfektionsmittel an. Wie lange dauerte es, um dieses Produkt angesichts der aktuellen Krise auf den Markt zu bringen?

Angesichts der anfänglichen Knappheit von Desinfektionsmitteln wollten wir hier schnellstmöglich unsere Hilfe anbieten. Wir haben unsere Bestände geprüft und sofort reagiert. Mit Hilfe aller Mitarbeitenden und unter Einsatz aller verfügbaren Ressourcen brachten wir innert 3 Wochen das Desinfektionsmittel auf den Markt. Damit handelt es sich tatsächlich um die schnellste Innovation seit 130 Jahren.

 

Hand aufs Herz: Stehen in der Dusche des Rausch-CEOs eigentlich ausschliesslich Rausch-Produkte?

Nein, ich verwende auch andere Produkte. Dies ist vor allem der Marktforschung geschuldet. Es schadet nicht, up to date zu bleiben und verschiedene andere Produkte zu testen und zu analysieren.

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