Grüsse aus dem Homeoffice – Folge 17: Tino Krause, Facebook

Im 17. Teil der Serie «Grüsse aus dem Homeoffice» zeigt uns Tino Krause, Facebook-Chef des DACH-Raumes, sein improvisiertes Büro im Wintergarten seiner Schwiegereltern.

Tino Krause

Tino Krause leitet seit Februar 2019 als Country Director DACH die Geschäftsentwicklung von Facebook in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Er verfügt über mehr als 15 Jahre Erfahrung in führenden Mediaagenturen und Unternehmen. Bevor Krause zu Facebook wechselte, war er Chief Executive Officer bei MediaCom, Deutschlands grösster Mediaagentur, und kümmerte sich dort insbesondere um die strategische Weiterentwicklung des Unternehmens.

 

Werbewoche.ch: Seit wann befinden Sie sich im Homeoffice?

Tino Krause: Ich bin jetzt die vierte Woche im Homeoffice.

 

Befindet sich Ihr ganzes Unternehmen im Homeoffice?

Ja, alle Facebook-Mitarbeiter weltweit arbeiten von zu Hause.

 

Hatten Sie bei der Einrichtung Ihres Arbeitsplatzes mit technischen Problemen zu kämpfen?

Nein, aber die aktuelle Situation verändert die Art und Weise, wie wir zusammenarbeiten und zeigt uns in dieser Hinsicht neue Herausforderungen auf. Mit den richtigen Ressourcen und Tools kann Homeoffice aber auch produktiv und erfüllend sein.

 

Wo haben Sie sich eingerichtet?

Wir haben uns vor Kurzem als Familie entschlossen, vorübergehend zu meinen Schwiegereltern ins Münchner Umland zu ziehen. Dort habe ich mir im Wintergarten ein kleines Büro eingerichtet.

Tino Krause

Was benötigen Sie alles, um Ihrer Tätigkeit nachgehen zu können?

Eigentlich nur das, was jeder benötigt: Laptop und eine Basis-Infrastruktur sowie die gegenseitige Unterstützung in der Familie.

 

Ist es schwierig, sich genügend abzugrenzen, wenn die Kinder zuhause sind?

Ganz einfach ist das nicht, da die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit natürlich leichter verschwimmen. Gerade deshalb plane ich sehr genau und habe feste Arbeitszeiten definiert. Unsere Kinder sind noch recht jung. Denen kann ich nicht vermitteln, dass ich den ganzen Tag anwesend, aber durchgehend nicht ansprechbar bin. Deshalb gibt es auch feste Zeiten zu Mittag und am Nachmittag, in denen ich Zeit für die Familie habe. Das ist mir wichtig – und das wissen auch alle im Team. Viele mit Kindern machens ähnlich und arbeiten dann mal abends, wenn die Kinder schon im Bett sind.

 

Haben Sie Homeoffice-Erfahrung oder handelt es sich um eine Premiere?

Wir wohnen in München, ich arbeite aber primär aus dem Hamburger Büro und bin auch oft in Zürich, Berlin oder London. Ich versuche aber generell jeden Freitag von zu Hause aus zu arbeiten. Deshalb hab ich da schon eine gewisse Routine. In dieser Form ist das aber auch für mich eine Premiere.

Tino Krause

Aufgrund der bisherigen Erfahrungen: Welche Prozesse gestalten sich im Vergleich zum normalen Berufsalltag schwierig?

Die Arbeit im Home Office krempelt den Alltag der meisten Menschen ganz schön um. Jeder von uns muss sich an diese neue Norm des Arbeitens erst gewöhnen und anpassen. Wir brauchen jetzt zusätzliche Struktur, Planung und ganz wichtig: gegenseitige Unterstützung und Verständnis füreinander. Es gibt Menschen, für die das Allein-Arbeiten Stress bedeutet, weil zum Beispiel das Setting zu Hause nicht stimmt. Für diese Kollegen bieten wir interne Coachings und auch einen Ratgeber an, um sie dabei zu unterstützen, ihre persönliche Homeoffice-Situation zu verbessern.

 

Welche Arbeiten klappen problemlos?

Wir kommen alle gut zurecht – auch weil wir versuchen die Nähe und den Austausch, den die Teams aus dem Büro gewohnt sind, trotz der räumlichen Trennung weiter zu ermöglichen. Wir schaffen viele virtuelle menschliche Kontaktpunkte und treffen uns beispielsweise häufiger auch mal zu informellen Videokonferenzen mit ein paar Kollegen. Wir haben ein Coffee Chat Roulette, in dem man Kollegen aus anderen Facebook-Büros zugelost bekommt und gemeinsam eine virtuelle Kaffeepause macht.

Tino Krause

Gibt es etwas, was sogar einfacher oder produktiver funktioniert im heimischen Büro?

Es entstehen interessante, neue Formen des Miteinanders. Wir haben intern normalerweise an jedem Montag ein «Kick the week off»-Meeting. Das führen wir nun über unsere Plattform Workplace virtuell durch. Auch unsere Kunden gewöhnen sich an diese Form von Meetings. Damit entwickelt sich unter anderem die Meeting-Etikette weiter. Gleichzeitig ist man stärker aufgefordert, aktiv dabei zu sein und konzentriert zu arbeiten. Denn sonst kann man schon mal schnell den Anschluss verlieren.

 

Wie gross ist der Vorteil, wenn man als Unternehmen wie Facebook bereits eine rein digitale DNA mitbringt, wenn es gilt, den Betrieb in die eigenen vier Wände zu verlagern?

In gewisser Weise sind wir da tatsächlich geübt: Unsere Technologie und Tools tragen nicht nur aktuell stark dazu bei, Beeinträchtigungen des Alltags zu minimieren und den Austausch aufrechtzuerhalten – unabhängig vom Aufenthaltsort unserer Mitarbeiter. Aber wir wissen, dass das schwierig sein kann. Deshalb haben wir unsere Erfahrungen in einem Informations-Hub gesammelt – mit Tipps für Mitarbeiter und Manager, aber auch für Eltern, wie sie mit der derzeitigen Situation umgehen können.

 

Sollte die Homeoffice-Phase weiter andauern: Was tun sie dagegen, dass Ihnen nicht die Decke auf den Kopf fällt?

Bis vor Kurzem war das noch leicht, da ich in der Vorbereitungsphase für den Hamburg-Marathon war, der am 18. April stattfinden sollte. Als er abgesagt wurde, war ich natürlich frustriert – mir hat das Ziel gefehlt und ich hab erst mal pausiert. Seit letzter Woche heisst es aber wieder morgens oder abends laufen. Das ist für mich der beste Ausgleich, da ich mich ganz auf mich selbst konzentrieren kann.

 

Was vermissen Sie am meisten am physischen Berufsalltag?

Sicher die kurze und spontane Unterhaltung mit den Kolleginnen und Kollegen, auch mal die Lautstärke und die Lebendigkeit im Büro. Man braucht einfach die Nähe und das Miteinander. Das echte Büro ist unersetzlich. Ich denke, es wird sogar eine Renaissance erleben, weil die Leute realisieren, wie wichtig der menschliche Kontakt ist.

 

Profitiert Facebook auch von der Krise, da das Kommunikations- und Informationsbedürfnis der Menschen in dieser Zeit grösser ist und sie vermutlich mehr Zeit in den Sozialen Medien verbringen?

Wir sehen aktuell, dass Menschen unsere Dienste häufiger und intensiver nutzen, etwa um sich über aktuelle Geschehnisse zu informieren, in Gruppen Hilfe für andere zu organisieren oder mit Familie und Freunden in Kontakt zu bleiben. Das zeigt zum einen, dass soziale Netzwerke Gutes bewirken können. Zum anderen macht es deutlich, wie uns Technologie bei der Bewältigung von Krisen helfen kann. Wir sind uns der damit einhergehenden Verantwortung sehr bewusst. Wir fokussieren uns darauf, Menschen mit vertrauenswürdigen Informationen zu versorgen, indem wir mit der WHO und lokalen Gesundheitsbehörden zusammenarbeiten.

 

Bekanntlich hat alles auch seine positiven Seiten. Was ist es in Ihrer aktuellen Homeoffice-Situation?

Unsere Mission besteht seither darin, den Menschen die Möglichkeit zu geben, Gemeinschaften zu bilden und die Welt näher zusammenzubringen. Wir sehen, dass unsere Plattformen den beruflichen und privaten Austausch in der aktuellen Situation erleichtern. Die letzten Wochen haben auch gezeigt, wie kreativ viele Menschen die Funktionen unserer Plattformen nutzen. In so vielen Städten und Gemeinden wurden Nachbarschaftshilfe-Gruppen auf Facebook gegründet – wie zum Beispiel die «Gärn gschee»-Gruppen, die es in vielen Städten der Schweiz gibt. Auf Instagram Live bieten Fitnesstrainer Workouts in Stories an und es gibt Blumenläden, die eine digitale Pflanzensprechstunde eingerichtet haben. All das bereitet mir Freude in der aktuellen Situation.

 

Was möchten Sie Ihren Branchenkolleginnen und -kollegen mit auf den Weg durch die Krise geben?

Neben der Solidarität, die wir im Privaten erleben, ist es wichtig, dass auch Solidarität unter Unternehmen sichtbar wird. Kleine Unternehmen stehen hier im Fokus, weil sie das Rückgrat unserer Wirtschaft sind und besonders von der Krise betroffen sind. Deshalb sind wir kontinuierlich mit ihnen im Austausch und bieten auch finanzielle Unterstützung an. Daneben arbeiten wir aber auch mit anderen Technologie-Konzernen wie Google, LinkedIn, Microsoft, Reddit, Twitter und YouTube bei der Bekämpfungen von Falschinformationen rund um das Coronavirus zusammen. Wir laden andere Unternehmen ein, sich unserer Arbeit anzuschliessen, um die Gesundheit und Sicherheit der Menschen zu gewährleisten.

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