«Man kann Kommunikation schlicht und einfach nicht mehr konzipieren wie noch 2012»

Martin Fuchs, Creative Director bei Yjoo by Farner, stellt sich unseren «13 Fragen».

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1. Wie hat sich die Werbung verändert, seit Sie angefangen haben?

Früher waren Fakten noch Argumente. Zeit noch etwas, das man hatte. Wenn man bedenkt, wie stark die Aufmerksamkeitsspanne nur schon in den letzten Jahren gesunken ist, kann man Kommunikation schlicht und einfach nicht mehr konzipieren wie noch 2012.

2. Wer war Ihr amüsantester Lunch-Partner?

Bobby McFerrin. Ich sprach ihn auf seine Scrabble- Vergangenheit vor seiner Musikkarriere an. Und schon klappte er das Spielbrett auf.

3. Wofür möchten Sie am liebsten werben?

Für Kunden, die in den Herausforderungen der Zukunft keine Bürde, sondern Lust und Chancen sehen.

4. Das beste Testimonial, das es je gegeben hat?

Ich würde nicht sagen, das beste, aber Klementine hat mich durch meine ganze Jugend verfolgt. Noch heute taucht sie beim Anblick einer Verpackung Ariel gnadenlos vor meinem geistigen Auge auf.

5. Wären Sie nicht Werber geworden – was dann?

Wahrscheinlich Käser. Oder ein hungernder Maler und Literat.

6. Stimmt für Sie die kolportierte Meinung, dass man in Agenturen nicht alt werden kann, oder ist das ein Vorurteil?

Zugegeben: Früher gab es das eine und andere Glas mehr, was allenfalls das Stehvermögen beeinträchtigte. Aber egal, in welcher Branche Sie heute arbeiten: Wenn die Lust, Neues entdecken zu wollen, auf der Strecke bleibt, gibts nirgends ein spannendes Morgen.

7. Hat das klassische Agentur-Modell langfristig eine Zukunft?

Unsere Zeit und Herausforderungen werden immer komplexer. Es wäre eine Anmassung, zu glauben, als klassische Agentur im Alleingang auf alles die richtige Antwort kennen zu wollen. Da lobe ich mir unsere interdisziplinäre Zusammenarbeit mit den Farner-Spezialisten aus sämtlichen Kommunikationsdisziplinen. Vom Change-Management übers on- und offline Campaigning bis hin zum Reputations- und Krisenmanagement.

8. Schon mal überlegt, die Werbebranche zu verlassen?

Klar. Das erste Mal wurde aus dem Berater ein Konzepter/Texter. Beim zweiten Mal ein Filmemacher. Beim dritten Mal ein Creative Director. Bin gespannt, was da noch so kommt.

9. Welche Rolle spielen Awards in der Werbebranche?

Awards setzen Zeichen. Das ist (meist) richtig so.

10. Wie wissen Sie bei einer Idee, dass sie gut ist?

Wenn ich auch nach zwei Mal drüber schlafen noch an sie glaube.

11. Was geht Ihnen durch den Kopf, wenn Sie auf der Strasse oder im Fernsehen eine Kampagne sehen, die aus Ihrer Feder stammt?

Das hätte man noch besser machen können.

12. Wo sehen Sie aktuell die grösste Herausforderung für die Werbebranche?

Dass sich viel zu wenig Leute die Frage stellen: Ist das, was wir hier gerade machen, wirklich bemerkenswert? Also eine Bemerkung wert. Sprich: für Menschen wirklich relevant.

13. Was war das Beste, das Sie in den letzten fünf Jahren getan haben?

Der wöchentliche Blumenstrauss für meine Frau.

Martin Fuchs ist Creative Director und Mitglied der Geschäftsleitung bei Yjoo by Farner. Er begann seine Karriere in der Beratung, arbeitete später als Texter/Konzepter für Agenturen in Köln, Wien, London und der Schweiz. Danach war er als TV-Produzent für das «Kulturmagazin» des Schweizer Fernsehens tätig, realisierte in Kapstadt Dok-Filme und TV-Beiträge, die auf ARD, SRF und an internationalen Filmfestivals zu sehen waren. Seit über zehn Jahren arbeitet er als Creative Director, u.a. für Ammarkt und The Washing Line. Anfang 2017 stiess er zu Yjoo by Farner.

«13 Fragen» erscheinen sowohl Online wie auch in der Printausgabe der Werbewoche. Umsetzung: Thomas Häusermann.

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