Satiremagazin Nebelspalter lanciert Onlineportal unter Somm

Beim Satiremagazin Nebelspalter hat am Donnerstag ein neues Zeitalter begonnen. Unter dem neuen Chefredaktor Markus Somm hat das älteste noch bestehende Satiremagazin der Welt sein Onlineportal lanciert. Die Printausgabe bleibt vorerst unverändert.

Der Nebelspalter unter der Winterthurer Klarsicht werde eine klare bürgerliche Haltung einnehmen – bei einer «grenzenlosen intellektuellen Grosszügigkeit gegenüber dem Andersdenkenden», erklärte Somm in einem Interview zum Neustart mit Persoenlich.com.

Er wolle Satire und seriöse Inhalte erfolgreich verbinden, wie sein Vorbild, der Canard enchaîné in Paris. «Nicht-satirische Beiträge werden bei uns auch vorkommen und nicht zu wenig», so der ehemalige Chefredaktor und Verleger der Basler Zeitung BaZ in einem Interview mit Radio SRF 4 News Anfang Dezember.

In bloss vier Monaten habe man ein neues Medium geschaffen, dass die Schweiz bewegen, unterhalten und aufklären werde, schrieb Somm am Donnerstag zum Relaunch. Die erste Onlineausgabe enthält unter anderem eine Geschichte über die Schweiz, die bei der Wahl des neuen Generalsekretärs der OECD gegen die EU und mit den Angelsachsen gestimmt und den australischen Sprengkandidaten Mathias Cormann gewählt hat.

Cancel-Culture als «extreme Chance»

Die publizistische Hauptkonkurrenz sieht der neue Mitinhaber und Chefredaktor im «langweiligen, konformistischen, einseitigen, linksliberalen und linken Mainstream», der in fast allen Redaktionen der Schweiz vorherrsche. Zu viele Journalisten seien von einer Art «Seuche der Denkfaulheit» angesteckt, die sie nur noch als Angsthasen und Strukturkonservative funktionieren lasse.

Wenn sich im gesellschaftlichen Diskurs eine gewisse Neigung zur Zensur ausbreite, dann sei das für Satiriker eine «extreme Chance», sagte Somm im Radio-Interview. Er will den Nebelspalter als drittes bürgerliches Medium neben der NZZ und der Weltwoche etablieren. Der Abopreis für einen Monat beträgt 16 Franken.

Allerdings spricht er gleichzeitig auch von einem «Himmelfahrtskommando». Er schliesse nicht aus, dass es den Nebelspalter in fünf Jahren vielleicht schon nicht mehr gebe. Das sei auch der Grund gewesen, dass er das Magazin unbedingt habe erwerben wollen: «Das zwingt uns zu Optimismus und zu Spitzenleistungen.»

Somm will sich zuerst auf die Onlineausgabe in Zürich konzentrieren. Dabei setzt er auf ein Abomodell, wie er letzten Dezember im Radio ankündigte. Die Printausgabe werde vorerst mehr oder weniger unverändert fortgesetzt und in Horn TG produziert.

Langfristig nur noch in Zürich

Die beiden Redaktionen möchte Somm allerdings viel schneller zusammenführen als ursprünglich vorgesehen. Langfristig werde es nur noch einen Standort geben, und das werde Zürich sein.

Klarsicht wurde von Somm und anderen Investoren gegründet. Rund sechzig Investoren wollen «beträchtliche» Mittel einschiessen. Der bisherige Besitzer Thomas Engeli fungiert als Herausgeber und sitzt im Verwaltungsrat. Präsidiert wird dieser von Konrad Hummler. Die Redaktionsleitung ist bei Ralph Weibel, der Marco Ratschiller ablöst, der aber der Organisation erhalten bleibt (Werbewoche.ch berichtete).

Seine auflagestärksten Zeiten hatte der Nebelspalter in den 1970er und 1980 Jahren unter dem Löpfe-Benz-Verlag in Rorschach SG mit einer Auflage von bis zu 70’000 Exemplaren. Heute liegt die verkaufte Auflage laut neuesten verfügbaren Zahlen bei 21’000 Stück. Der Nebelspalter ist seit der Einstellung des englischen Punch (1841-2002) das älteste Satiremagazin der Welt. (SDA)

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