SRG macht gegen längeres Replay TV mobil

Die neue Regelung zum zeitversetzten Fernsehen sieht vor, dass die Zuschauer Sendungen bis zu 14 Tage rückwirkend konsumieren können. Die SRG stört sich daran – und bläst zum Gegenangriff.

replay-tv

Der Streit um Replay TV zog sich über Jahre hin. Der Grund: Während die TV-Signal-Anbieter wie Swisscom oder UPC ihren Kunden mit der Möglichkeit, Sendungen mehrere Tage lang rückwirkend zu schauen, möglichst attraktive Bedingungen bieten wollen, sehen sich die Fernsehsender um ihre Werbegelder betrogen. Da Konsumenten die Werbeblöcke zunehmend überspulen, verliert das Medium Fernsehen bei den Werbeauftraggebern an Attraktivität, sinkende Werbeerlöse sind die Folge.

Die Sender werden zwar dafür entschädigt, jedoch reichen ihnen die Beträge zur Kompensation von Werbegelderausfällen nicht aus.  In den letzten Jahren kam darum die Forderung auf, Replay-TV zu beschränken. Konsumentenschützer und Signalanbieter fürchteten gar, die Funktion soll auf politischem Wege abgeschafft werden – aus TV-Kundensicht ein No-go.

Die Rechtskommission des Nationalrates wollte im Gesetz verankern, dass die Kabelnetzunternehmen das Überspulen der Werbung nur dann ermöglichen dürfen, wenn der TV-Sender dem zugestimmt hat. 2019 fiel der Vorschlag im Parlament aber durch – zu gross die Angst, die beliebte Replay-Funktion könne am Ende auf der Strecke bleiben (Werbewoche.ch berichtete). Die Branche versprach, sich zu einigen.

 

Werbung schauen oder bezahlen

Im Juni 2020 vermeldeten die Streitparteien dann einen Kompromiss: Die Zuschauer müssen künftig zu Beginn siebensekündige Werbeclips akzeptieren, wenn sie Sendungen in der Vergangenheit abrufen wollen. Während Werbeblöcken erhalten sie nach drei Werbespots die Möglichkeit, direkt ans Ende des Blockes zu springen.

Alternativ können die Kunden künftig fünf Franken mehr pro Monat zahlen und können alle Werbeblöcke per Knopfdruck überspringen. Während diese Variante bei allen Sendern verfügbar sein soll, funktioniert erstere nur bei den Kanälen, die der Branchenvereinbarung zustimmen. Bei allen anderen muss «wie gewohnt» gespult werden.

 

SRG stellt sich gegen die Ausweitung der Replay-Dauer

Während etwa CH-Media-Senderchef Roger Elsener die neue Regelung laut SonntagsZeitung lobt, sieht es bei einem weiteren gewichtigen Marktplayer anders aus. Nicht zugestimmt hat nämlich schon damals die SRG. Grund: Sie ist mit dem «Zückerchen», das den Zuschauern geboten wird, um ihnen die Einschränkung der Replay-Funktion schmackhaft zu machen, nicht einverstanden. So soll die maximale Replay-Dauer von sieben auf 14 Tage ausgeweitet werden.

 

SRG legt Beschwerde ein

Wie die SonntagsZeitung in der aktuellen Ausgabe schreibt, will die SRG den Kompromiss nun rechtlich zu Fall bringen. Sie bereitet demnach eine Beschwerde vor, damit die Eidgenössische Schiedskommission für die Verwertung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten der neuen Regelung kein grünes Licht gibt. Bereits wurde von einer Anwaltskanzlei ein 24-seitiger Antrag verfasst, um der SRG Parteistellung in dem Genehmigungsverfahren zu erlauben.
Die Rede ist darin von einem «massiven Eingriff in die Rechte der Sendeunternehmen», der durch die ausgehandelte Erhöhung der Vergütung, welche die Sender von den Signalanbietern erhalten, nicht kompensiert werden könne.

 

Konkurrenz für die SRG-Streamingplattform

Ausserdem sehe die SRG, heisst es im Papier, das der SonntagsZeitung vorliegt, ihr Lieblingsprojekt, die Streamingplattform Play Suisse, in Gefahr. Während die Replay-Anbieter die Inhalte der Sender «für eine bescheidene Gebühr» erhielten, müsse die SRG für ihre Plattform die Inhalte teuer einkaufen. Die Forderung daraus: Die Vorhaltedauer für die Inhalte müsse bei der bisherigen Dauer von sieben Tage bleiben.

Den Argumenten der SRG widersprechen die Verwertungsgesellschaften, welche die Rechte von Autorinnen und Autoren wahrnehmen. Sie haben sich in einer Entgegnung an die Schiedskommission gewandt. Die zu 78 Prozent durch Gebühren finanzierte SRG sei trotz hoher Marktanteile keinesfalls am stärksten von den Einnahmeverlusten durch wegfallende Werbeerlöse betroffen, heisst es. Die Privatsender, die viel stärker von Werbung abhängig seien, trügen den Tarifkompromiss mit.

 

Play_Suisse_SRG_SSR_Keyvisual-6adf6ef27c2c

«Play Suisse», so heisst die nationale Streaming-Plattform der SRG, die im November lanciert wird. Sie wird ab Herbst Inhalte aus allen Sprachregionen mehrsprachig anbieten. (Quelle: SRG)

 

Neue Werbemodelle statt Streit um Kompensation

Auch wenn die Vergütung für Inhalt steige, sei es nicht möglich, die Ausfälle von Werbung durch eine Erhöhung der Nutzungstarife auszugleichen – das hätten alle Parteien eingesehen, heisst es in der Entgegnung. Viel mehr richte sich der Fokus der Sendeunternehmen auf die Schaffung neuer Werbemodelle, schreibt Suisseimage-Geschäftsführer Valentin Blank. Und weiter: Die SRG widerspreche sich n ihrer Argumentation, da sie zwar klagt, beim Replay-TV zu wenig Geld für ihre Inhalte zu bekommen – gleichzeitig wolle sie diese aber künftig kostenlos und ohne Einkünfte über ihre Streamingplattform verfügbar machen.

Gemäss SRG-Sprecher Edi Estermann fürchtet man sich am Leutschenbach vor allem davor, dass die verlängerte Replay-Dauer die Rechte von Filmen und Serien verteuern oder gar unerschwinglich machen könnten.

Wird man sich nun erneut nicht einig, wird sich der Gesetzgeber in die Regelung um Replay-TV einschalten.

Weitere Artikel zum Thema