Ringier braucht Kapital, die Mobiliar Internationalisierung

Der Wettbewerb unter grossen Firmengruppen läuft heute nicht mehr einfach innerhalb von einzelnen Branchen, sondern in übergeordneten, sogenannten Ökosystemen. Das ist für beide Unternehmen der tiefere Sinn der Beteiligung des Versicherers Mobiliar am Medien- und heutigen Technologieunternehmen Ringier.

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Marc Walder und Markus Hongler an der Pressekonferenz vom Montagmorgen (v.l.n.r.). (Bild: Urs Seiler)

 

Ringier beteiligt die Mobiliar mit 25 Prozent an ihrem Unternehmen. Der historisch vom Printgeschäft kommende Ringier-Konzern ist auf dem Weg der digitalen Transformation heute eigentlich bereits ein Technologieunternehmen. Ringer-CEO Marc Walder sagte am Pressegespräch zur Beteiligung der Mobiliar, 75 Prozent des Konzerngewinns seien heute bereits «digitalisiert», das heisst, er wird durch Onlinemedien erwirtschaftet. Und: «Spitzentechnologie wird immer wichtiger.»

Und genau das, sich die Technologiekompetenz ins Haus zu holen, ist für die Mobiliar das Ziel dieses Schulterschlusses. Markus Hongler, CEO von Mobiliar führte das aus: «Wir wollen unser Technologie-Know-How aufbauen. Das ist bei uns immer noch verschwindend klein. Das könnten wir sicher nicht ohne diese Beteiligung», sagte Markus Hongler.

 

Börsengang von Ringier kein Thema

Braucht Ringier Geld und warum geht es nicht an die Börse, sondern sucht sich ein branchenfremdes Unternehmen als Partnerin? Wie Marc Walder anklingen liess, wird das traditionelle Familienunternehmen sich auch in Zukunft nicht in fremde Aktionärshände begeben: «Das wird bei Ringier laufend diskutiert – aber ein Börsengang ist nach wie vor kein Thema.»

Marc Walder betonte am Pressegespräch, wie wichtig für Ringier die Säulen «Langfristigkeit» und «Kundenzentrierung» als Unternehmenswerte sind. Deshalb passe die Mobiliar bestens zu Ringier. Und: «Ringier braucht sehr viel Kapital für die Transformation (Anmerkung: des Kerngeschäfts Prints und in Richtung neuer Geschäftsmodelle) und das bedeutet sehr viel Investitionen in Spitzentechnologie.»

Investoren, Business Angels sind darauf bedacht, ihre Investition so rasch als möglich zurück zu erhalten. Für Ringier und die Mobiliar war aber Langfristigkeit ein wichtiger Grund für den Schulterschluss, Marc Walder sprach in Dimensionen von mindestens 10 Jahren. Die beiden Unternehmen haben sich auf eine langfristige Zusammenarbeit geeinigt.

 

Globale Ökosysteme

Konsumenten suchen heute nicht einfach ein Produkt, sagen wir ein Haus zum Kauf. Parallel werden Dienstleistungen wie Versicherungen, Hypothekarbanken, Informationsportale usw. in Anspruch genommen. Von solchen Ökosystemen sprach Marc Walder am Mediengespräch. Er unterstrich, wie wichtig auch für Ringier diese «Plattform-Ökonomien» respektive Ökosysteme sind. Gemeinsam sind Ringier und die Mobiliar stärker in der Herstellung solcher respektive im Wettbewerb unter solchen Ökosystemen.

Die 193 Jahre junge Genossenschaft Mobiliar will – oder muss, angesichts des Wettbewerbs – wachsen. Markus Hongler machte klar, dass Technologiepartnerschaft und nicht der Medienteil die Mobiliar interessiert. «Die Mobiliar ist heute schweizzentriert. Aber unsere Konkurrenz sind international aufgestellte, globalisierte Unternehmen. Für uns ist das ein riesiger Sprung in der Umsetzung unserer Digitalstrategie.» Internationalisierung ist ein klarer Fokus der Mobiliar: «Ringier ist mit seinen Ökosystemen für uns der ideale Partner. Auch im Europageschäft erwarten  wir Unterstützung», sagte Markus Hongler.

 

Was haben die Kunden davon?

Die Beteiligung am europaweiten Konzern Ringier soll für die Mobiliar ein Schritt in die Internationalisierung ihres Versicherungskerngeschäfts werden. Am Journalismus respektive Verlagsgeschäft ist die Mobiliar nicht interessiert. Die Kunden der Mobiliar erhalten durch den Technologiesprung «bessere, schnellere Lösungen, die eine grössere Transparenz über Angebot und Wettbewerb ermöglichen. Ich will nicht, dass die Schweiz hier, im Wettbewerb mit den globalen Versicherungskonzernen, einen Nachteil hat. Man muss neue Sachen finden, die auch funktionieren.»

Mit der Beteiligung an der Ringier-Plattform Scout24 habe die Mobiliar bereits einen Wettbewerbsvorteil. «Aber wir suchen nach weiteren Lösungen an digitalen Plattformen, um sie mit unseren Generalagenturen verknüpfen zu können.» Das heisst: In der Digitalisierung geht es nicht um Rationalisierung (Stelleneinsparungen), sondern um die Nähe zum Kunden.

Auch Marc Walder sagte: «Für Ringier ist das ein sehr guter Tag. Wir haben ein gutes Unternehmen gefunden, das sich mit 25 Prozent beteiligt.»

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