Der laute Abstimmungskampf zur No-Billag-Initiative ist bald zu Ende

Der Abstimmungskampf begann früh und war ungewöhnlich heftig. Am 4. März entscheiden die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger nun über die No-Billag-Initiative, nach zahllosen Debatten über das Fernsehen, den Service public und den nationalen Zusammenhalt.

no-billag-wahlzettel

Die Initiative lanciert haben Jungfreisinnige und Mitglieder der Jungen SVP aus dem libertären Milieu. Sie fordern die Abschaffung der Radio- und Fernsehgebühren. In der Bundesverfassung soll zudem verankert werden, dass der Bund keine Radio- und Fernsehstationen subventioniert.

Die Gegnerinnen und Gegner sehen darin einen radikalen Angriff auf den Service public. Ein Ja würde das Ende der SRG bedeuten, warnen sie. Auch Medienministerin Doris Leuthard sieht bei einer Annahme keine andere Möglichkeit als die geordnete Liquidation. Der Initiativtext sei klar, betonte sie immer wieder.

Die Befürworter widersprechen. Die SRG könnte sehr wohl ohne Gebührengelder überleben, und die Initiative bräuchte nicht strikt umgesetzt zu werden, versichern sie – ein Novum in einem Abstimmungskampf.

Pay-TV und Werbung

Unterstützung erhielten die Initianten von der SVP und vom Gewerbeverband, der einen «Plan B» zur möglichen künftigen Finanzierung der SRG präsentierte. Dieser setzt auf mehr Werbung und Bezahlfernsehen.

Die Konsumentinnen und Konsumenten müssten also Abonnemente für Sendungen lösen, beispielsweise für die «Tagesschau». Dass sie unter Umständen mehr bezahlen müssten als heute, wenn sie Informationssendungen, Sport und Spielfilme sehen wollten, streiten die Befürworter nicht ab. Für sie ist wichtig, dass jede und jeder die Wahl hat und nur bezahlt, was er konsumieren will.

Bundesgelder statt Gebühren

Eine rein kommerzielle Finanzierung der Radio- und Fernsehprogramme sieht allerdings der Plan B des Gewerbeverbandes nicht vor: Die SRG soll Bundesgelder erhalten – aber nur für gewisse Sendungen, zum Beispiel für die «Sternstunde Philosophie».

Die Initianten präsentierten einen eigenen «Plan B». Gemäss diesem sollen die Konsumentinnen und Konsumenten die SRG-Sender über die Kabelnetzbetreiber bezahlen, wenn sie diese abonnieren wollen. Zudem sollen Bund und Kantone 50 bis 300 Millionen Franken beisteuern.

Unrealistische Annahmen

Die Gegnerinnen und Gegner halten die zugrunde liegenden Annahmen für unrealistisch, ja naiv. So bezweifen sie etwa, dass die Einnahmen aus der Fernsehwerbung gesteigert werden könnten. Weil attraktive Angebote mit hohen Zuschauerquoten wegfielen, würden im Gegenteil noch mehr Gelder zu Google, Facebook und Werbefenstern ausländischer Sender abliessen, sagen sie.

Betroffen seien auch Privatradios, regionale Fernsehsender sowie die Schweizer Film- und Musikszene, hiess es weiter. Aus Sicht der Gegner würde bei einer Annahme der Initiative der Einfluss privater Geldgeber und ausländischer Konzerne zunehmen. Damit stiege die Gefahr der politischen Einflussnahme, es drohe eine «Berlusconisierung».

Indirekter Nutzen

Die Initiative löste auch Debatten aus, die über Mediales hinausgehen. Das Konzept der Initianten – jeder bezahlt nur, was er persönlich nutzt – stiess auf überraschend viel Zustimmung, was weit herum Besorgnis auslöste.

Die Gegner hoben den Nutzen für die Gesellschaft hervor: Radio- und Fernsehsendungen nützten auch jenen, die sie nicht nutzten, lautet das Argument. Denn andere nutzten sie, und informierte Bürgerinnen und Bürger seien eine wichtige Voraussetzung für das Funktionieren einer Demokratie.

Totale Entsolidarisierung

Die Debatte ging noch weiter: Das Konzept der Initianten gefährde im Grunde alle kollektiven Errungenschaften, befanden die Gegner. Der Thurgauer SVP-Ständerat Roland Eberle stellte fest: «Mit diesem Ansatz der totalen Entsolidarisierung entlarven sich diese Kreise als fundamentale Gegner der direkten Demokratie.»

Die Befürworter wiederum halten solche Einwände für masslos übertrieben. Es könne doch nicht sein, dass der Zusammenhalt der Sprachregionen, die Demokratie und am Ende die gesamte Zivilisation von der SRG abhingen, warfen sie ein. Zur Debatte stehe lediglich die Abschaffung von Gebühren. Die SRG sei zu gross und zu mächtig geworden.

Mehrheit dagegen

Die Wogen gingen über Monate hoch. Der Gewerbeverbandspräsident sprach von einer Erpressung des Stimmvolkes, Bundesrätin Doris Leuthard warf ihm eine persönliche Fehde vor, der Verband der Privatradios bezeichnete die Initianten als Dilettanten, Roger Schawinski schrieb ein Buch.

Die Aufregung legte sich ein wenig, als die Umfragen auf eine Nein-Mehrheit deuteten. In ersten Umfragen, deren Repräsentativität umstritten war, hatte sich eine Ja-Mehrheit abgezeichnet.

Die Diskussionen über den medialen Service public und dessen Umfang werden aber auch bei einem Nein am 4. März nicht zu Ende sein. Bereits wurden Pläne für eine Initiative zur Halbierung der Gebührengelder angekündigt. Sparen muss die SRG ohnehin, weil die Gebühreneinnahmen sinken. (SDA)

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