Marchand spricht über SRG-Finanzierung und Schawinski übers Sparen

Ganz ohne Gebühren wird die SRG nicht überleben, doch hat sich SRG-Generaldirektor Gilles Marchand vor der No-Billag-Abstimmung in einem Interview offen für neue Finanzierungsmodelle gezeigt. Medienunternehmer Roger Schawinski schlug der SRG auf gleichem Weg vor, SRF1 und SRF3 zusammenzulegen.

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Die SRG könne die beiden Radiosender zusammenlegen, da sie sich «musikalisch stark angenähert haben», sagte Schawinski im Interview mit der Zeitung Schweiz am Wochenende, das am Samstag veröffentlicht wurde. Radio-SRF-Nachrichtensendungen in der Deutschschweiz könne man vielleicht auch mit 150 Mitarbeitenden statt mit 200 produzieren, sagte er dem Online-Portal Watson.

Perspektiven aufzeigen

Die SRG-Führung unter Generaldirektor Gilles Marchand müsse schon vor der Abstimmung am 4. März aufzeigen, wohin sie die SRG steuern wolle. «Marchand ist jetzt seit hundert Tagen im Amt. Dies wäre ein guter Zeitpunkt, sein angekündigtes Konzept einer ’neuen SRG‘ zu präsentieren. Damit könnte er punkten», sagte Schawinski der Zeitung. Die SRG-Führung habe «den Ernst der Lage noch nicht erkannt, sonst hätte sie längst signalisiert, dass sie bei den Programmen zu Abstrichen bereit ist».

Varianten der Finanzierung

Marchand selbst zeigte sich in der Westschweizer Tageszeitung Le Temps selbstkritisch. Gefragt, ob die SRG eine Mitschuld an der No-Billag-Initiative trage, antwortete er, die SRG hätte sicher mehr mit der Bevölkerung kommunizieren und erklären müssen. Die SRG sei bereit, über ihre Finanzierung zu diskutieren. Sie wolle «der Bevölkerung gewisse Varianten vorschlagen», sagte der SRG-Direktor. Marchand zeigte auch die Schwierigkeiten auf: Einen Service public im öffentlichen Fernsehen und Radio im Rahmen eines Leistungsauftrags ganz ohne Gebühreneinnahmen zu bieten, sei nicht möglich. Zugleich werde es zunehmend schwierig, Finanzierungsmodelle für die «Pay-per-view»-Generation zu finden. Beim Modell «Bezahl, was du guckst» wird exakt das bezahlt, was gerade konsumiert wird. Aus Schawinskis Sicht funktionieren Bezahl-Modelle wie TV-Abonnente nur bei «Sport, Filmen und Porno», nicht aber für Informationsangebote wie die «Tagesschau», wie er Watson sagte.

Liquiditätsengpass ab 5. März

Stimmt das Volk No-Billag zu, werde die SRG sehr rasch auf einen Konkurs und eine Liquidation zusteuern, sagte Schawinski weiter. «Die Liquidität nähme schnell drastisch ab. Die Lieferanten würden sofort Vorkasse verlangen, die SRG könnte keine Jahresdeals im Werbemarkt mehr abschliessen – und die Zuschauer würden per sofort ihre Gebühren nicht mehr bezahlen.» Zugleich müsste die SRG hunderte Millionen Franken für den Sozialplan zurückstellen. Die SRG würde «nach jeder betriebswirtschaftlichen Logik sehr rasch» zusammenbrechen, so Schawinski. Der Text der Initiative lasse keinen anderen Ausweg für die SRG zu, zumal keine Zeit dafür bleibe, denn die Übergangsfrist dauere nur wenige Monate.

Original lesen

SRG-Direktor Marchand bat im Le Temps-Interview die Leserinnen und Leser, den Text der Initiative im Detail zu lesen. Man dürfe der Öffentlichkeit nichts vorgaukeln. Schawinski warf genau dies dem Initiativkomitee vor. Dieses wolle dem Stimmvolk «ernsthaft weismachen», die Initiative «werde dann schon nicht so strikt umgesetzt, wie sie sie selbst formuliert haben». Dabei hätten sie den Text «bewusst glasklar» gehalten. «Das ist ein einmaliger Vorgang in der Geschichte der Schweizer Demokratie, dass die Initianten vor dem Urnengang versprechen, ihre Initiative werde nur teilweise umgesetzt, um so zu punkten. Für mich ist dies eine krasse Form von Vernebelungstaktik», kritisierte Schawinski. (SDA)

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