«Linksterroristen und Medien-Schnudderis»: Ton wird aggressiver

Im Jahr 2016 gingen bei der Ombudsstelle der SRG Deutschschweiz 334 Beanstandungen zu 135 Sendungen ein. Als Trend zeichnet sich ab, dass sich der Ton der Kritik verschärft.

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Einige Sendungen zogen eine grosse Anzahl an Beanstandungen auf sich, namentlich die Sendung «Giacobbo/Müller» vom 14. Februar 2016, in der es um das Tanzverbot im Aargau und um das Abendmahl ging, mit 74 Beanstandungen. Der Film «Feuchtgebiete», ausgestrahlt am 17. August 2016, hatte 43 Beanstandungen zur Folge. Und auf die Unterhaltungssendung «Happy Day» vom 15. Oktober 2016 mit dem Blackfacing des «Verstehen Sie Spass?»-Moderators Guido Cantz folgten 17 Beanstandungen.

Innenpolitische Berichterstattung am anfälligsten für Reklamationen

Traditionsgemäss zog das Fernsehen die meisten Beanstandungen auf sich: 100 Fernsehsendungen wurden bemängelt, das sind drei Viertel aller beanstandeten Sendungen und Veröffentlichungen. Ein knappes Viertel aller inkriminierten Sendungen lief im Radio. Wenige Reklamationen gingen auch gegen Online-Beiträge ein (4%). Wie auch im Vorjahr bezog sich die Mehrheit der Beanstandungen kanalübergreifend auf Informationssendungen, wobei die Berichterstattung über Innenpolitik der am meisten beanstandete Bereich war. Fast gleichauf auf Platz zwei lag die Aussenpolitik, vor Gesellschaft, Umwelt und Verkehr, Satire und Wirtschaft.

Vielfältige Gründe für Beanstandungen

Die Gründe für die Beanstandungen sind vielfältig. Sie lassen sich aber in sechs verschiedene Gruppen einteilen. In absteigender Reihenfolge monierten die Beanstanderinnen und Beanstander fehlende Sachgerechtigkeit (73%), Diskriminierung (15%), gestörte Sittlichkeit / verletzte religiöse Gefühle / Jugendschutz (6%) gefolgt von Gewalt, fehlender Vielfalt und Schleichwerbung (5%).

Weniger berechtigte Beanstandungen als im Vorjahr

Die Ombudsstelle pflichtete der Meinung der Beanstanderinnen und Beanstander in lediglich 20 Prozent der beanstandeten Sendungen ganz oder teilweise bei. Diese Quote entspricht ungefähr dem Anteil vergangener Jahre. Bei fast 80 Prozent der Fälle wurden die Beanstandungen nicht unterstützt, weil die betreffenden Redaktionen das Radio- und Fernsehgesetz nicht verletzt hatten. «Dieses Resultat zeigt klar, dass die Journalistinnen und Journalisten von SRF zwar hin und wieder Fehler machen, aber in der überwiegenden Mehrheit der Sendungen faktengerecht, fair und kompetent berichten», sagt Roger Blum, Ombudsmann der SRG.D.

Der Ton verschärft sich

Im Berichtsjahr wurde zudem eine Verschärfung des Umgangstons festgestellt. Er ist in letzter Zeit kritischer, aber auch aggressiver geworden. In den Beanstandungen werden Medienschaffende als «Linksterroristen und Medien-Schnudderis», Politikerinnen und Politiker als «Drecks-Elite, ehr- und charakterlose, schäbige Nationalräte oder Landesverräter» verunglimpft. Dennoch nimmt der Ombudsmann jede Beanstandung aus dem Publikum ernst, prüft, kommentiert und klärt auf: «Es ist wichtig, über allfällige Fehler der Programmschaffenden zu reden und dass dieser Diskurs öffentlich stattfindet. Aber es gibt einen republikanischen Anstand. Und der gilt für alle.»

Nach wie vor gebe es sehr viele Beanstanderinnen und Beanstander, die zufrieden seien, dass ihnen zugehört werde und ihre Argumente gewürdigt werde, schreibt die SRG Deutschschweiz. Und zu Recht hätten viele Menschen den Anspruch, von der SRG höhere Qualität zu erwarten als von privaten Sendern, weil die Gebühren genau dafür da seien.

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