Presserat rügt L’illustré

Der Schweizer Presserat hat eine Beschwerde gegen die Zeitschrift L'illustré teilweise gutgeheissen. Das Magazin hatte vor Beginn des Prozesses gegen Erwin Sperisen die Mutter eines ermordeten Häftlings in Guatemala besucht und ihre Privatsphäre verletzt.

Sperisen war vorgeworfen worden, als ehemaliger Polizeichef Guatemalas die Ermordung von mehreren Häftlingen angeordnet zu haben. Im Juni wurde er schliesslich vom Genfer Strafgericht zu lebenslanger Haft verurteilt. Zum Prozessauftakt hatte ein Bericht der L'illustré für Aufsehen gesorgt. Gemäss dem Artikel wusste die einzige Klägerin des Prozesses, die 70-jährige Mutter eines getöteten Häftlings, nichts vom Prozess in Genf. Sie gab zudem an, nicht mal ihre Anwältin zu kennen. Im Bericht wurde der vollständige Name der Mutter genannt. Zudem enthielt er zwei Fotos der Frau sowie ziemlich genaue Angaben zu ihrem Aufenthaltsort. Beim Presserat ging deshalb eine Beschwerde gegen die Berichterstattung der L'illustré ein. Die Zeitschrift habe gegen mehrere Punkte der Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten verstossen.

Privatsphäre nicht respektiert

So habe sich das Magazin unter anderem unlauterer Methoden bedient sowie die Menschenwürde nicht respektiert. Diese Vorwürfe wies der Presserat im September ab, wie er am Dienstag mitteilte. In einem Punkt hiess er die Beschwerde allerdings gut: L'illustré habe die Privatsphäre der Mutter nicht respektiert. Im vorliegenden Fall hätte das Interesse am Schutz der Privatsphäre höher eingestuft werden sollen als das Interesse der Öffentlichkeit an einer identifizierenden Berichterstattung. Auf die Publikation von Fotos und Angaben zum Aufenthaltsort sowie die Namensnennung hätte deshalb verzichtet werden, hält der Presserat fest. (SDA)

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