Pressefreiheit: Schweiz auf Platz 15

Reporter ohne Grenzen (ROG) veröffentlicht den neuen Index der Pressefreiheit. Er vergleicht die Situation der Medien in 180 Ländern. An der Spitze der Rangliste stehen europäische Länder, die Schweiz belegt Rang 15. Schlusslichter sind weiterhin Turkmenistan, Nordkorea und Eritrea.

Die diesjährige Rangliste von Reporter ohne Grenzen umfasst 180 Länder, eines mehr als im Vorjahr: Neu ist auch Belize dabei; das Land belegt den 29. Platz. Einige andere Länder haben ihre Position auf der Rangliste massiv verändert. So unterschiedliche Länder wie die USA, die Zentralafrikanische Republik und Guatemala sind stark zurückgefallen, dafür gibt es deutliche Verbesserungen in Ecuador, Bolivien und Südafrika. An der Spitze der Rangliste stehen erneut Finnland, die Niederlande und Norwegen, den schwierigsten Stand hat die Informationsfreiheit weiterhin in Turkmenistan, Nordkorea und Eritrea; sie besetzten die drei letzten Positionen.

Schweiz auf Rang 15

Die Schweiz belegt Rang 15. Dies ist im Vergleich zum Vorjahr (Rang 14) eine minimale Veränderung. Im internationalen Vergleich steht die Schweiz also punkto Presse- und Informationsfreiheit gut da, im europäischen Vergleich nimmt sie eine mittlere Position ein. Aufsehen erregt hatte im letzten Jahr der «Fall» Rocchi: Die Neuenburger Justiz hatte die Wohnung des Le Matin-Journalisten Ludovic Rocchi durchsuchen lassen und dabei EDV-Geräte und Unterlagen beschlagnahmt (Werbewoche.ch berichtete). ROG Schweiz hatte gegen dieses Vorgehen protestiert (Werbewoche.ch berichtete). Das Neuenburger Obergericht bezeichnete die Hausdurchsuchung denn auch als illegal und ordnete die Rückgabe des beschlagnahmten Materials an (Werbewoche.ch berichtete).

Ausserdem bemängeln die Schweizer Experten unter anderem die nach wie vor andauernde Medienkonzentration sowie die Zusammenlegung von Redaktionen verschiedener Medientypen («Konvergenz»); beides führt laut ROG zu einem Rückgang der Stimmenvielfalt. Die Arbeitsbedingungen im Journalismus – Stellenabbau und entsprechender Stress, kein Gesamtarbeitsvertrag in der Deutschschweiz – sowie der Einfluss von Lobbyisten und Rechtsvertretern auf Redaktionen sind weitere Punkte, bei denen die Schweizer Experten Verbesserungspotential sehen.

Noch nicht ideal ist auch, dass das Öffentlichkeitsprinzip nicht überall gilt: Nach wie vor haben nicht alle Schweizer Kantone ein Gesetz, das das Öffentlichkeitsprinzip der Verwaltung festlegt, auf eidgenössischer Ebene wird das Bundesgesetz über das Öffentlichkeitsprinzip der Verwaltung (BGÖ) teilweise etwas mangelhaft umgesetzt. Bedenken ausgelöst hat ausserdem der Umstand, dass das Bundesamt für Justiz im Auftrag der Generalsekretärenkonferenz (GSK) das BGÖ evaluieren und dabei Umsetzung und Auswirkungen des Gesetzes prüfen lässt. Das BGÖ sieht vor, dass der Bundesrat neben den darin bereits ausgenommenen Nationalbank und Finanzmarktaufsicht auch weitere Einheiten der Bundesverwaltung vom Geltungsbereich des Gesetzes ausnehmen kann. „Wir hoffen, dass die Evaluation zugunsten des Öffentlichkeitsprinzips ausfällt und keine Rückschritte bringt“, sagt Thérèse Obrecht Hodler, Präsidentin von ROG Schweiz.

Rangliste weltweit

Die ROG-Rangliste zeigt in diesem Jahr zwei Phänomene auf: Einerseits haben einige Länder, darunter auch Demokratien, den Begriff «nationale Sicherheit» übermässig breit und damit missbräuchlich ausgelegt – mit den entsprechenden Konsequenzen für die Medien. Andererseits spiegelt das Ranking auch die negativen Auswirkungen von bewaffneten Konflikten mit all ihren verschiedenen Interessensgruppen auf Informationsfreiheit und ihre Akteure. Ein Beispiel dafür ist Syrien (177. Platz, -1): Dort geraten Journalisten ins Visier sowohl der Regierungstruppen wie extremistischer Rebellenmilizen, von März 2011 bis Dezember 2013 wurden rund 130 Medienschaffende und Bürgerjournalisten in Verbindung mit der Bereitstellung von Nachrichten und Informationen getötet.

In Mali (122. Platz, -22) verhindert der andauernde Konflikt im Norden eine Erholung der Medienlandschaft, während in der Zentralafrikanische Republik (109. Platz) als Folge des Kriegs die Informationsfreiheit und die Arbeit der Medienschaffenden massiv beeinträchtigt wurden, was einen Verlust von 43 Plätzen in der Rangliste zur Folge hatte. In Ägypten (159. Platz, -1) führte zwar der Sturz von Präsident Mursi durch die Armee dazu, dass die Medien, denen die Muslimbruderschaft einen Maulkorb verpasst hatte, wieder freier agieren können. Doch gleichzeitig entstand eine Hexenjagd gegen Journalisten, die der Bruderschaft nahestehen oder dessen beschuldigt werden.

Weitab von diesen Konfliktstaaten, in Ländern, in denen Rechtsstaatlichkeit herrscht, werden Sicherheitsargumente als Gründe für die Einschränkung der Informationsfreiheit missbraucht. Der «Schutz der nationalen Sicherheit» führt zu Eingriffen in hart erkämpfte demokratische Rechte. So dient in den USA (46. Platz, -13) die Jagd nach Lecks und Whistleblower gleichzeitig als Warnung an diejenigen, die davon ausgehen, sie handelten in einem öffentlichen Interesse, wenn sie Informationen über das Verhalten ihres Staates bekanntmachen. Grossbritannien (33. Platz, -3) handelt ähnlich wie die USA und hat dies vor allem mit dem massiven Druck gegen den Guardian bewiesen.

Es gibt viele Beispiele dafür, dass Regierungen den „Kampf gegen den Terrorismus“ vorschieben, um gegen Journalisten vorzugehen. So wurden in der Türkei (154. Platz, +1) Dutzende von Journalisten unter diesem Vorwand inhaftiert, vor allem solche, die zur «Kurdenfrage» berichtet hatten. Israel (96. Platz, +17) hat auf der Rangliste einige Plätze gutgemacht, die es im vorherigen Index verloren hatte, weil die Operation «Pillar of Defence» Auswirkungen auf die Informationsfreiheit hatte. Doch nach wie vor erstickt das Gebot der territorialen Integrität häufig die freie Information über den israelisch-palästinensischen Konflikt. In Sri Lanka (165. Platz, – 2) beeinflusst die Armee die Berichterstattung durch die Unterdrückung von Informationen, die zu weit von der offiziellen Vorstellung der „Befriedung“ der ehemaligen Hochburgen der separatistischen Tamilen abweichen.

Einige bemerkenswerte Entwicklungen

Die Zentralafrikanische Republik (109. Platz), Schauplatz eines gewalttätigen Konflikts, hat den stärksten Absturz zu verzeichnen: Gewalt, Angriffe und Drohungen gegen Medienschaffende liessen sie um 43 Plätze zurückfallen. Auch der Absturz von Guatemala (125. Platz, -29) ist massiv. Er ist auf eine starke Verschlechterung der Sicherheitssituation der Medienschaffenden zurückzuführen; es gab vier Morde und doppelt so viele Angriffe wie im Vorjahr. In Kenia (90. Platz, -18) wurde die stark kritisierte autoritäre Reaktion der Regierung auf die Berichterstattung der Medien über den «Westgate Mall»-Anschlag durch gefährliche parlamentarische Initiativen verstärkt. Tschad (139. Platz) fiel um 17 Plätze nach hinten, da es 2013 Fälle von missbräuchlichen Verhaftungen und Verfolgungen gegeben hat. Die Auswirkungen der Wirtschaftskrise und die daraus folgenden populistischen Bewegungen und Ausschreitungen, auch gegen Medien, haben Griechenland (99. Platz) um 14 Plätze zurückfallen lassen.

In Panama (87. Platz, +25), der Dominikanischen Republik (68. Platz, +13), Bolivien (94. Platz, +16) und Ecuador (95. Platz, +25), hat sich die Zahl der Fälle von Gewalt, Zensur und missbräuchlichen Gerichtsverfahren verringert. In Ecuador allerdings ist der Polarisierungsgrad der Medien immer noch sehr hoch, was sich negativ auf die öffentliche Debatte auswirkt. Aus Südafrika (42. Platz, +11) schliesslich gibt es von einer erfreulichen Entwicklung zu berichten: Hier hat sich der Präsident 2013 geweigert, ein Gesetz zu unterzeichnen, das die Freiheit der Medien bedroht hätte.

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