Verleger setzen auf Inhalte und Innovationen

Dreikönigstagung: Statt zu jammern, wollen die Schweizer Verleger die zahlende Leserschaft mit Innovation, Qualität und Inhalten überzeugen.

Die «Propheten der Dreieinigkeit» aus Wissenschaft, linken und rechten Parteien zielten mit ihrer Kritik an der Qualität der Medien ins Leere, sagte Hanspeter Lebrument, Präsident des Verbandes Schweizer Medien, am Dienstag an der Dreikönigstagung in Zürich. Es gebe weder einen Mainstream noch ein Meinungskartell der Medien, wie dies oft behauptet werde.

Aufruf zur Geschlossenheit

Die Medienvielfalt sei ein Faktum. Wichtiger sei, dass Chefredaktoren und Verleger am gleichen Strick zögen. Die Schweizer Uhrenindustrie, in den 1980er-Jahren noch eine Krisenbranche, demonstriere diese Geschlossenheit. Zahlreiche Chefredaktoren von Schweizer Medienhäusern hatten am Jahreskongress 2013 in Interlaken durch Abwesenheit geglänzt. Lebrument zeigte sich überzeugt, dass die Verlagshäuser mit guten Produkten auch in Zukunft ihre Leserschaft finden werden. Veit Dengler, seit Oktober Chef der NZZ-Mediengruppe, und René Lüchinger, seit Anfang Jahr Blick-Chefredaktor, liessen Aufbruchstimmung erkennen. Sie setzen auf Inhalte und Innovationen. Und sie wollen genau zuhören, was die Kunden wünschen.

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Alte Konzepte untauglich

Die Medienhäuser müssten sich auf eine neue Realität einstellen, sagte Dengler. Die Verleger müssten lernen, agil und flexibel zu handeln. Diese Tugenden seien nicht in den Genen der Verlage angelegt. Der neue NZZ-CEO verwies auf Beispiele aus dem Ausland wie die Financial Times und den deutschen Axel-Springer-Verlag, die die Digitalisierung mit Hochdruck vorantrieben. Mit alten, von der gedruckten Presse übernommenen Konzepten liessen sich die neuen Herausforderungen nicht meistern. Neue Ideen und Geschäftsmodelle seien gefragt. Onlineportale imitierten heute vielfach Zeitungen. Auch die in der Branche viel gepriesenen allgemeinen Bezahlschranken bei der Mediennutzung (Paywall) orientierten sich zu sehr an Modellen aus dem Printsektor. Medien wie das Wall Street Journal gingen einen anderen Weg. Sie analysierten laufend das Nutzerverhalten und entschieden dann, ob ein Angebot kostenpflichtig oder gratis sei. Das Wall Street Journal und die Financial Times hätten ihre Redaktionen massiv mit solchen Datenanalysten ausgebaut. Die Ergebnisse beeinflussten auch die Seitengestaltung in den Blättern.

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Neue Lust am Wort

«Wer zum Teufel zahlt noch für Boulevard?», stellte René Lüchinger, Blick-Chefredaktor, provokativ in den Raum. Boulevard sei doch heute in allen Medien präsent. Doch statt in Depression zu verfallen, sollten die Journalistinnen und Journalisten sich auf ihr Metier besinnen. Die Lust am Wort, am Bild, an der Schlagzeile, an Kreativität und Komposition sollte wieder ins Zentrum rücken. «Ich bin überzeugt, dass die Leserschaft bereit ist, für spannende, gut aufgemachte Geschichten zu bezahlen. Vorausgesetzt, dass die Geschichten auch wirklich gut sind», sagte Lüchinger. Als Beispiel nannte der neue Blick-Chefredaktor die Schlagzeile in der deutschen Bild-Zeitung anlässlich der Papstwahl von Josef Ratzinger: «Wir sind Papst». Es spiele keine Rolle, ob diese Geschichten auf dem Internet, auf dem iPad, dem iPhone oder auf Papier veröffentlicht würden. Das Publikum wolle genau solche Storys lesen. Das gelte auch für Themen aus Politik und Wirtschaft, die der Blick boulevardgerecht aufgreife. «Ich glaube nicht, dass alle Welt künftig nur noch elektronisch informiert und unterhalten werden will. Print hat Zukunft.» (SDA)

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Bilder: Keystone
 

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