Eine Stimme aus dem Tessin

Viele Deutschschweizer nehmen das Tessin vor allem als Ferienregion wahr. Eine deutschsprachige Monatszeitschrift aus dem Südkanton ist angetreten, dies zu ändern. Sie will die Nord-Süd-Achse beleben und den Austausch zwischen den Regionen fördern.

Das Magazin sei aus Liebe zum Tessin entstanden und, um den Kanton in der restlichen Schweiz bekannter zu machen, erklärt der Ökonom Alessandro Cavadini. Zusammen mit dem Rechtsanwalt Filippo Celio, mit dem er ein Beratungsunternehmen führt, und dem Tessiner Verleger Valerio De Giorgi hat Cavadini diesen Frühling «TES – Die unabhängige Tessiner Zeitschrift für die Schweiz» aus der Taufe gehoben. Als Berater hätten Celio und er immer wieder festgestellt, dass der Austausch zwischen dem Tessin und der übrigen Schweiz dürftig sei, erklärt Cavadini. Auch in den Deutschschweizer Medien sei sein Heimatkanton untervertreten. So fanden die beiden mit dem Verleger De Giorgi zusammen.

TES ist eine Zeitschrift, die aus dem Tessin kommt – aber in deutscher Sprache erscheint und für die ganze Schweiz bestimmt ist. Zehnmal jährlich will das Monatsheft Entscheidungsträger aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft mit Analysen aus dem Südkanton beliefern, wobei sowohl Schweizer als auch internationale Themen beleuchtet werden – im Speziellen solche, die das südliche Nachbarland und die EU-Region betreffen. Das Magazin positioniert sich als unabhängige Publikation. «Wir sind weder politisch gebunden, noch steckt ein unbekannter Investor hinter TESMagazine. » Politiker aller Parteien sollen Platz finden, betont Cavadini, dessen Vater einst freisinniger Nationalrat war. «TES will eine Plattform für verschiedene Meinungen sein.» Und dies nicht nur in wirtschaftlichen Belangen, sondern auch politisch, kulturell und gesellschaftlich.

Kritisch und lösungsorientiert

Auch wenn einige Artikel ausgesprochen wirtschaftsfreundlich daherkommen – wenn Standortmarketing betrieben, das Tessin als Finanzplatz angepriesen wird oder wenn einzelne Wirtschaftsexponenten zu Wort kommen – TES hat durchaus den Anspruch, als kritische Stimme wahrgenommen zu werden. So wird in der Oktoberausgabe der Bau einer zweiten Gotthardröhre kontrovers diskutiert. Wichtig ist Cavadini dabei, nicht nur Missstände aufzudecken, sondern ebenso Lösungsvorschläge zu bringen. «Etwas, das viele Medien vernachlässigen », so der Ökonom. Geführt wird das Magazinprojekt von De Giorgi, Celio und Cavadini, die das Redaktionskomitee stellen. In dieser Funktion wählen sie Themen aus und leiten sie den Redaktoren weiter. Journalisten aus der Deutschschweiz, aus dem Tessin sowie Italien konnten fürs Projekt gewonnen werden – darunter Alfonso Tuor, ehemals stellvertretender Chefredaktor des Corriere del Ticino, oder Reto Stutzer, der bis Juni als Korrespondent des Schweizer Fernsehens aus dem Tessin berichtete. Darüber hinaus schreiben Gäste wie Medienwissenschaftler Stephan Russ-Mohl, Leiter des Europäischen Journalismus- Observatoriums an der Universität Lugano. Kompetente Schreibende zu finden, war gar nicht so einfach, wie Cavadini berichtet. Denn idealerweise verfügen die Journalisten nicht nur über umfassende regionale Kenntnisse, sondern können darüber hinaus auf Deutsch schreiben, damit der Übersetzungsaufwand so gering wie möglich ausfällt.

Lanciert als Privatprojekt

Für den Start haben die Gründer selber in die Tasche gegriffen. Längerfristig soll sich TES über Werbung und Abos finanzieren. Als Inserenten im Visier sind Kunden aus der Tourismusbranche sowie allgemein Unternehmen mit einer Tessiner Niederlassung. Mit einer Auflage zwischen 13 000 und 15 000 Exemplaren ist TES im Abopreis für 75 Franken pro Jahr oder zum Einzelpreis von 8 Franken in der ganzen Schweiz am Kiosk erhältlich – vorerst ausschliesslich auf Deutsch. Vorstellen können sich die drei Gründer allerdings, das Magazin in einiger Zeit zusätzlich auf Französisch zu produzieren. Seit dem Start im Mai konnten rund 600 zahlende Abonnements gewonnen werden, wie Cavadini verrät. Die Auflage kommt derzeit vor allem über Promotionsdistributionen zum Beispiel in Hotels und über Geschenkabonnements an die Leser. Um das Projekt bekannt zu machen, werden zudem auf dem Onlineportal Journal21.ch in loser Folge Artikel publiziert. In Planung ist ausserdem ein Ausbau der eigenen Website Tesmagazine.ch, um diese als Diskussionsplattform zu positionieren. Momentan wird der Webauftritt vor allem als Promotionskanal genutzt. Ältere Ausgaben sind nach Anforderung eines Passworts als PDF gratis verfügbar. TES wurde als Privatprojekt lanciert. Sowohl strukturell als auch redaktionell ist das Magazin unabhängig von De Giorgis Verlag Ticino Management, der seit 1988 das gleichnamige Wirtschaftsmagazin herausgibt. Thematisch lasse man sich gerne inspirieren, so Cavadini. Und natürlich seien die bereits vorhandenen Kontakte von Nutzen. «Artikel werden in der Regel aber keine ausgetauscht.» Synergiepotenzial ortet Cavadini insbesondere im kulturellen Bereich, bei der Zeitschrift Arte & Storia. Die 100 Seiten von TES wollen schliesslich gefüllt sein. Könnte TES die Leserschaft punkto Umfang und Erscheinungsweise nicht überfordern? Cavadini winkt ab: «Wir sind uns bewusst, dass unsere Zielgruppe mit Medien bombardiert wird. Wenn jemand das Magazin durchblättert und einen, zwei Artikel liest, ist unser Ziel bereits erreicht.» TES will nicht gängige Titel konkurrenzieren, sondern sich als Zusatzlektüre etablieren. «Als Heft, das eine Perspektive liefert, die in der Schweizer Medienlandschaft weitestgehend fehlt.»

Isabel Imper

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Eine Stimme aus dem Tessin

Viele Deutschschweizer nehmen das Tessin vor allem als Ferienregion wahr. Eine deutschsprachige Monatszeitschrift aus dem Südkanton ist angetreten, dies zu ändern. Sie will die Nord-Süd-Achse beleben und den Austausch zwischen den Regionen fördern.

Das Magazin sei aus Liebe zum Tessin entstanden und, um den Kanton in der restlichen Schweiz bekannter zu machen, erklärt der Ökonom Alessandro Cavadini. Zusammen mit dem Rechtsanwalt Filippo Celio, mit dem er ein Beratungsunternehmen führt, und dem Tessiner Verleger Valerio De Giorgi hat Cavadini diesen Frühling «TES – Die unabhängige Tessiner Zeitschrift für die Schweiz» aus der Taufe gehoben. Als Berater hätten Celio und er immer wieder festgestellt, dass der Austausch zwischen dem Tessin und der übrigen Schweiz dürftig sei, erklärt Cavadini. Auch in den Deutschschweizer Medien sei sein Heimatkanton untervertreten. So fanden die beiden mit dem Verleger De Giorgi zusammen.

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