Bertelsmann plant Wachstumsoffensive

Europas grösster Medienkonzern Bertelsmann will sich nach jahrelanger Stagnation neue Wachstumsmärkte erschliessen.

Der neue Konzernchef Thomas Rabe kündigte am Mittwoch in Berlin an, das Unternehmen werde künftig vor allem in Schwellenländern wie China, Indien und Brasilien investieren.Bislang macht der Konzern noch 80 Prozent seiner Umsätze in den wachstumschwachen Märkten Europas. Ausserdem will Bertelsmann auf dem weltweiten Bildungsmarkt Fuss fassen. Um zusätzlichen finanziellen Spielraum für den auf fünf bis zehn Jahre angesetzten Konzernumbau zu bekommen, erwägt Bertelsmann sogar den Bruch mit einem Tabu. Ein Börsengang des Gütersloher Familienunternehmens scheint nicht mehr ausgeschlossen. Rabe kündigte an, der Konzern werde dazu bis Ende Juni von einer Aktiengesellschaft in eine Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) umgewandelt.

Wachstumsstärker, digitaler und internationaler

Die neue Rechtsform erlaube die Aufnahme neuer Gesellschafter oder sogar einen Börsengang, ohne den Einfluss der Familie Mohn oder der Bertelsmann-Stiftung auf die Konzernlenkung zu verwässern, sagte Rabe. Damit biete sich dem Unternehmen die Möglichkeit bei Bedarf auf diesem Weg auch grössere Übernahmen zu stemmen. «Vorrangiges Ziel ist es, das Unternehmen wachstumsstärker, digitaler und internationaler aufzustellen», sagte der 46-jährige Manager. Dazu will er künftig einen grossen Teil der Investitionsmitteln in Neugeschäfte lenken, die ein langfristiges Wachstumspotenzial aufweisen, global angelegt sind und vom Trend zur Digitalisierung profitierten.

Als Vorbild für die geplanten Zukunftsinitiativen gilt das von Rabe schon als Bertelsmann-Finanzvorstand aufgebaute Musikrechte-Geschäft des Konzerns. Die zusammen mit dem Finanzinvestor KKR seit 2008 aufgebaute Konzerntochter ist inzwischen die Nummer vier im weltweiten Musikrechte-Markt und verfügt über einen Musikrechte-Katalog mit mehr als einer Million Titel. Nach Konzernangaben erwirtschaftet sie ein «komfortables Ergebnis».

Gewinneinbruch im Geschäftsjahr 2011

Im vergangenen Jahr musste Bertelsmann einen deutlichen Gewinneinbruch hinnehmen. Das Konzernergebnis verringerte sich um 6,7 Prozent auf 612 Millionen Euro. Ausschlaggebend dafür waren nach Angaben des Managers vor allem Restrukturierungskosten und Wertberichtigungen im Druckbereich, bei der Herstellung von CDs und DVDs sowie im Direktmarketing, die zu Belastungen in dreistelliger Millionenhöhe führten. Der Umsatz des Konzerns aus fortgeführten Aktivitäten stieg dagegen um 1,2 Prozent auf 15,3 Mrd. Euro.

Für das laufende Jahr rechnet der Konzern mit einem moderaten Umsatzanstieg und einem höheren Konzernergebnis als 2011. (SDA/DAPD/RTD/DPA)
 

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