Geliebte und gehasste Presseförderung

Presseförderung Der Verband Schweizer Presse hat seine Wünsche an die neue Form der Presse-förderung formuliert. Ein vorerst erfolgloses Veto in letzter Minute gegen den unerwünschten Medienartikel.

Presseförderung Der Verband Schweizer Presse hat seine Wünsche an die neue Form der Presse-förderung formuliert. Ein vorerst erfolgloses Veto in letzter Minute gegen den unerwünschten Medienartikel.
Der Positionsbezug kam zwar gerade noch rechtzeitig, den Willen des Nationalrates vermochte er aber trotzdem nicht mehr zu beeinflussen. Am vergangenen Dienstag debattierte die Grosse Kammer die parlamentarische Initiative «Medien und Demokratie» – und damit den Entwurf eines neuen Medienartikels in der Bundesverfassung. Dabei ging es um eine neue Variante der Presseförderung, die nach dem Aus für die Posttaxenverbilligung ab 2008 in die Bresche springen soll.Der Nationalrat hat die Initiative mit 83 zu 68 Stimmen überwiesen. Nun liegt der Ball beim Ständerat, der zu einem späteren Zeitpunkt darüber befinden muss, ob ein Medienartikel in der Verfassung zweckmässig sei, der direkte Förderungsmassnahmen an einzelne Presseunternehmen vorsieht.
Genau dies wollen die Schweizer Zeitungs- und Zeitschriftenverleger aber nicht. Der Grund für ihre ablehnende Haltung: Sie befürchten politischen Einfluss auf die geförderten Medien, sobald staatliche Instanzen darüber entscheiden, welche Zeitungen wie unterstützt werden sollen. Im Sinne eines Gegenvorschlags hat der Verband Schweizer Presse seine eigenen Vorstellungen zur Presseförderung entwickelt. Am Jahreskongress in Interlaken wurde das neue Modell erstmals von Marco de Stoppani, Leiter der zuständigen Arbeitsgruppe, und Daniel Kaczynski, Geschäftsführer des Verbandes, der Öffentlichkeit vorgestellt.
Entstanden ist ein Grundsatzmodell, das auf indirekte Presseförderung setzt. Kernstück des Vorschlags: Der Staat stellt zwar Subventionen zur Verfügung, greift aber nicht in die Verteilung der Gelder ein. Nach den Vorstellungen des Verbandes wird das gesamte Handling einer unabhängigen Stiftung übertragen und somit direkter politischer Einflussnahme im vornherein ein Riegel geschoben. Gemäss den Intentionen der verbandsinternen Arbeitsgruppe sollen in diesem breit abgestützten Gremium sieben bis elf Stiftungsräte Einsitz nehmen, die für eine Amtsperiode von vier Jahren gewählt sind. Deren Aufgabe wird die Entgegennahme, Verwaltung und Verteilung der Gelder gemäss den Bedürfnissen der Verlage sein.
Über die als besonders heikel bewertete Organisationsform hinaus formulierte der Verband auch gleich seine Vorstellungen, was alles ab 2008 förderungswürdig sei. Neu sollen neben der Distribution zusätzlich drei weitere Bereiche Beiträge erhalten, nämlich Bildung, Selbstkontrolle und Datenversorgung. Der vom Verband errechnete Mittelbedarf von insgesamt 150 Millionen Franken sieht allerdings vor, dass der Löwenanteil – 120 Millionen Franken – nach wie vor dem Vertrieb zufliessen. Dabei müssen die rund 3000 Titel, die heute von Posttaxenverbilligungen profitieren, keine negativen Überraschungen gewärtigen. Denn sämtliche von ihnen werden auch mit dem neuen Modell zu Beiträgen kommen. Im Einzelfall soll es sogar noch mehr geben: Nebst dem Grundsatz, kleine Titel überdurchschnittlich zu fördern, schlägt der Verband vor, zusätzliche Unterstützung zu gewähren, wenn bestimmte Kriterien erfüllt sind.
Mittel auch für AgenturenGemäss den Wünschen der Schweizer Verleger sollen ab 2008 pressenahe Bereiche und Institutionen von staatlichen Zuschüssen profitieren, die bisher ihre Mittel vollumfänglich selber beschaffen mussten: Profitieren davon sollen die Bereiche Bildung (Ausbildungsinstitutioen mit dem Status höherer Fachschulen wie MAZ und Medieninstitut) und die Selbstkontrolle (ein branchenübergreifendes Gremium), denen zusammen 20 Millionen Franken zugedacht werden. Der vierte Bereich, der mit zehn Millionen Franken unterstützt werden soll, ist die Datenversorgung. In den Genuss dieser Summe sollen nationale und sprachregionale Nachrichten-, Text- und Bildagenturen kommen, die bisher – neben den Nutzerentgelten – zu einem schönen Teil mit Sponsoring- und Spendengeldern finanziert sind.
Gegen «Subventionsjägerei»
Die umstrittene neue Form der Presseförderung war am Verbandskongress gleich zweimal Schwerpunktthema: Bei der Mitgliederversammlung und bei der Podiumsdiskussion tags darauf. Dabei meldeten sich auch kritische Stimmen zu Wort. Neben dem Brienzer Kleinverleger Urs Gossweiler, der sich bereits im Vorjahr heftig gegen jegliche Form der staatlichen Presseförderung gewehrt hatte, argumentierte Filippo Leutenegger auf ähnliche Weise. Auch von FDP-Parteipräsidentin Christine Langenberger-Jaeger bekamen Gossweiler und Leutenegger Schützenhilfe. «Subventionen geben falsche Anreize für die künftige Strukturbildung. Tatsache ist, dass geförderte Bereiche früher oder später strukturschwach werden», sagte Leutenegger. Der Jean-Frey-CEO glaubte auch schon zu wissen, dass das Parlament einer Stiftung nicht zustimmen werde. «Wenn der Staat so viel Geld gibt, dann will er die Kontrolle darüber haben.»
Wie kontrovers die Meinungen zur Presseförderung im Verband Schweizer Presse sind, zeigte auch die Schlussabstimmung: 92 Mitglieder sagten ja zum Arbeitsgruppenvorschlag, 49 lehnten sie ab und elf enthielten sich der Stimme.
Der Verband will nun das ausformulierte Modell in den kommenden Monaten Politikern und Behördenvertretern vorlegen. Dabei soll vor allem dessen Realisierbarkeit geklärt werden. Eine zweite Phase sieht vor, sämtliche zur Gründung der Stiftung benötigten Dokumente wie Stiftungsurkunden, Richtlinien und Reglemente zu erarbeiten.
Prüfstein Lobbyarbeit: Die Verbandsspitze muss sich für ein neues Presseförderungsmodell stark machen.
Daniel Schifferle

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