Keiner weint ihr eine Träne nach

Boulevardzeitungen Mit seinem neuen Layout bricht der Blick mit eigenen Traditionen. Zeitgleich mit dem Redesign will das Ringier-Blatt ab dem 12. Mai vor allem Frauen und jugendliche Leser besser ansprechen – für immer ausgedient hat das Seite-3-Girl.

Boulevardzeitungen Mit seinem neuen Layout bricht der Blick mit eigenen Traditionen. Zeitgleich mit dem Redesign will das Ringier-Blatt ab dem 12. Mai vor allem Frauen und jugendliche Leser besser ansprechen – für immer ausgedient hat das Seite-3-Girl.Für das Genre Boulevardzeitung ist das aktuelle Redesign des Blick eine kleine Revolution: Wo bisher ein kleines Chaos im Seitenaufbau durchaus Teil des Programms und atmosphärisches Ingrediens war, halten Ordnung und Ruhe Einzug. Die neue Gliederung im Blocksatz ist aber nicht der einzige Bruch mit jahrelangen typografischen und gestalterischen Gepflogenheiten: Das knallige Blick-Rot wird durch eine ganze Palette sanfter Pastelltöne zurückgedrängt, mit denen Texte und Kästen unterlegt sind. Auch sie sind dem Credo der aktuellen Neukonzeptionierung – der besseren Orientierung – verpflichtet: Blau verweist auf Meinung, Olivegrün steht für «Facts and Figures» und Rosa für Lifestyle-Themen. Hinter dem Frühlingsputz beim Blick steht der viel beschäftigte Zeitungsdesigner Kurt Schwerzmann, der gerade an einem neuen Auftritt fürs Reisemagazin Via arbeitet. Schwerzmann hat dem neu gestalteten Blick neben weichen Farben und Auflockerung mit zusätzlichem Weissraum eine strenge Vertikale verpasst – mit auffallend dicken schwarzen Trennlinien.
Acht statt fünf FrontthemenMarkanter wirkt ebenfalls das vergrösserte Blick-Logo. Bei der Neugestaltung der Titelseite hat man zudem speziell daran gearbeitet, den Appetitmacher-Effekt zu erhöhen: Statt fünf werben neu acht Themen auf der Front um die (lesende) Aufmerksamkeit des Publikums.
Der Blick hat Jahrzehnte hinter sich, während denen sich sein visueller Auftritt kaum verändert hatte. Zwar gab es zwischendurch schon mal vorsichtige Redesigns, das letzte vor rund vier Jahren. Nachhaltig aber waren sie nicht. «Aus Angst, am Kleid wirklich etwas zu verändern, kehrte man jeweils rasch wieder zum Herkömmlichen zurück», stellt Blick-Chefredaktor Werner De Schepper fest. Mit der Konsequenz, dass der Blick bis heute mit einem Layout daherkomme, «das aus den Siebziger- und Achtzigerjahren stammt».
Der seit gut drei Monaten als Chefredaktor wirkende De Schepper zielt mit dem Neukonzept auch darauf, sein Blatt zielgruppengerechter zu positionieren. Insbesondere Frauen sollen sich im bislang traditionell männerlastigen Blatt besser aufgehoben fühlen. Die Eliminierung des nackten Girls ist dabei nur ein Nebenschauplatz. Weit attraktiver sollen regelmässige neue Themenschwerpunkte rund um das heutige Frausein sein. «Wir werden bewusst stärker auf die realen Lebenswelten unserer Leserinnen und Leser zwischen 25 und 40 fokussieren. Zum Beispiel auf die finanziellen Probleme der Patchwork-Familien oder die gesellschaftliche Situation der allein
erziehenden Mütter und Väter», kündigt De Schepper an.
Diese teilweise inhaltliche Neuausrichtung präzisiert er so: «Gebrochene Lebensläufe, berufliche und private Weichenstellungen, Wechsel in der Partnerschaft – das sind Themen, die heute sehr viele Menschen betreffen und deshalb in eine Zeitung mit dem Anspruch des Blick hineingehören.»
Der neue Zeitungskopf mit renoviertem Blick-Logo (u.).

Alles neu macht der Mai: Der neue Blick will mehr Frauen und junge Leser ansprechen.
Daniel Schifferle

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