Überall sofort Zeitung lesen

Internetzeitungen Immer mehr Schweizer Verlage hoffen, dass ihre Leser künftig ihr Leibblatt nicht mehr täglich aus dem Briefkasten, sondern aus dem Internet holen. Denn das spart enorm Kosten.

Internetzeitungen Immer mehr Schweizer Verlage hoffen, dass ihre Leser künftig ihr Leibblatt nicht mehr täglich aus dem Briefkasten, sondern aus dem Internet holen. Denn das spart enorm Kosten.Was die Buchbranche längst für sich entdeckt hat, nämlich Bücher auf Bestellung zu drucken, machen die NZZ und die Basler Zeitung (BaZ) seit einiger Zeit vor: Wer eine dieser Tageszeitungen auch im Ausland aktuell lesen will, kann sie in rund 400 Hotels gegen Bezahlung ausdrucken lassen. «Print on demand» (POD) heisst der Service, bei dem Zeitungsdaten per Internet an Hotels übermittelt werden, wo sie auf einem A3-Printer gedruckt werden. Ein Unterschied bleibt: Wer die NZZ verlangt, erhält die vollständige 48-seitige Auslandausgabe, inklusive Inserateseiten. Bei der BaZ erhält man derzeit nur redaktionelle Seiten. Die Konsequenz: Die NZZ kann ihre Exemplare von der AG für Werbemedienforschung (Wemf) beglaubigen lassen, die BaZ nicht (siehe Kasten). Doch NZZ-Verlagsleiter Tobias Trevisan sagt: «Das sind keine immensen Zahlen.» Der NZZ gehe es auch nicht ums Auflagebolzen. Vielmehr wolle man einfach «die Verfügbarkeit der aktuellen NZZ-Ausgabe weltweit sicherstellen».
Genau diesen Anspruch sehen andere Schweizer Verleger mit POD kaum erfüllt. Ihnen schwebt eine globale Verfügbarkeit vor: Ihr Blatt soll sowohl in der Firma als auch zu Hause, am Sandstrand und in der Berghütte, in der Wüste und auf einem Segeltörn jederzeit verfügbar sein. Und zwar subito.
Weltweit sind deswegen zahlreiche Zeitungen dazu übergegangen, ihren Inhalt samt Inserate Anbietern zu liefern, die wie ein Internetkiosk fungieren. Einer von ihnen heisst Newsstand (www.newsstand .de). Er ist seit November 2002 als derzeit einziger solcher Anbieter vom deutschen Wemf-Pendant IVW zur Beglaubigung zugelassen. Bei Newsstand kann man eine Zeitung nach Wahl – bislang ist noch kein Schweizer Blatt darunter – in Form einer PDF-Datei auf den PC laden – vorausgesetzt, man hat beim Verlag ein Abo samt Passwort. Newsstand arbeitet auf Provisionsbasis.
Der Nachteil dieser Prozedur: Die Datenmengen sind riesig (7 bis 15 Megabyte); ein Download braucht viel Speicherplatz und Zeit. Letztere wird dank ADSL zwar verkürzt, doch sind solche Anschlüsse noch dünn gesät.
Obwohl die Nachteile noch überwiegen, hegen auch Schweizer Verlage ähnliche Projekte. Allen voran Ringier, die AZ Medien sowie die NZZ. Während allerdings Trevisan über den Stand des Projektes bei der NZZ nichts verlauten lassen will, ist man bei der Aargauer Zeitung (AZ) und bei Ringier gesprächiger. Ringier will primär die Verfügbarkeit von Cash und Blick/SonntagsBlick erhöhen und überlegt sich, diese Titel über Newsstand zu vertreiben. «Newsstand sagte uns, dass auf diesem Weg etwa zwei Prozent zusätzliche Exemplare abgesetzt werden können. Doch wir wären auch mit nur einem Prozent zufrieden, denn uns entstehen ja keine zusätzlichen Kosten», sagt André März, Leiter Technik und Informatik. Voraussetzung sei allerdings, dass diese Exemplare auch beglaubigt würden. Darüber werde die Wemf jedoch erst im April entscheiden.
Anders sieht es bei der AZ aus: Hier spricht man vom E-Paper-Projekt. «Wir wollen es bis Mitte Jahr, ganz sicher aber noch 2003, aufgleisen», sagt Peter Buri, Mitglied der Unternehmensleitung. Dabei denke man an eine Art PDF-Zeitung auf der eigenen Homepage. Eine E-Paper-Ausgabe lasse sich eben in ihre Bestandteile auflösen. «Wir rechnen nicht mit grossen Auflagensprüngen», sagt Buri. Wichtiger sei die Möglichkeit, Lesern die zehn AZ-Regionalausgaben oder ein Archiv zugänglich zu machen.
Was bei der AZ noch Projekt ist, wird bei Cooperazione, der italienischen Version der Coop-Zeitung, teils bereits umgesetzt (coop.tio.ch). Das Gratisblatt muss eine Frage nicht beantworten, die sich den Tageszeitungen immer stellt: Wie viel soll ein Online-Abo kosten? Nebenbei: Auch die deutsche Rheinzeitung (www.rhein-zeitung.de) bietet Ähnliches an, gegen Bezahlung, aber auch mit einer Probevariante auf der Website.
Die Wemf entscheidet im April über die Beglaubigung von E-PapersZeitungen, die über «Print on demand» bezogen werden, sind gemäss Wemf der Printauflage anrechenbar, wenn sie zwei Bedingungen erfüllen: Sie müssen mit der gedruckt vorliegenden Ausgabe identisch sein (inklusive Inserateseiten). Und es muss dafür ein separates Abo bezahlt werden. Für den Verkauf von Zeitungsinhalten ab Internet werde voraussichtlich dasselbe gelten, sagte Christel Plöger, bei der Wemf zuständig für Auflagenbeglaubigungen. Doch die Kommission für Auflage und Verbreitung werde erst im April darüber entscheiden. (mk)
Markus Knöpfli

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