«Einen Durchbruch sehe ich nicht»

TV-Werbung Gabriela Böcker-Flamm, stellvertretende Geschäftsführerin bei Mediacom, über die Fehler der privaten TV-Veranstalter und über Krisengerede.

TV-Werbung Gabriela Böcker-Flamm, stellvertretende Geschäftsführerin bei Mediacom, über die Fehler der privaten TV-Veranstalter und über Krisengerede.WW Berücksichtigen Sie das TeleNewsCombi (TNC) beziehungsweise den Infopool für Ihre TV-Kampagnen?Gabriela Böcker-Flamm Die lokalen und regionalen TV-Stationen haben sich sehr gut entwickelt. Daher sind sie zur Unterstützung in einzelnen Regionen sicher empfehlenswert. Allerdings wird diese Attraktivität etwas getrübt durch die Tatsache, dass die lokalen TV-Stationen tendenziell eher ältere Zuschauer haben. Sucht man also eine Ergänzung um jüngere Leute, worum es ja häufig geht, sind die regionalen Stationen weniger geeignet. Die Ausnahme ist Tele Züri, das mit einigen Gefässen erfolgreich Junge erreicht.
Das heisst, Sie denken nicht an das TeleNewsCombi als Ganzes, sondern an einzelne Regionen, die Sie herauspflücken.
Genau. Wenn ja, dann geht es um die Verstärkung einzelner Regionen, danach schauen wir uns den einzelnen Sender an.
Die Zuschauerzahlen der Regional-TVs sind durchs Band weg im Steigen. Seitens der Sender heisst es, die Akzeptanz in der Werbewirtschaft stehe jetzt kurz vor dem Durchbruch. Sehen Sie das auch so?
Steigende Zuschauerzahlen helfen auf jeden Fall, denn sie sind Ausdruck für eine Attraktivitätssteigerung der Angebote. Allerdings bin ich nicht der Meinung, Lokalfernsehen sei bisher unter seinem Wert verkauft worden. Bereits heute wird es dort, wo es Sinn macht, für die lokale Unterstützung eingesetzt. Daher glaube ich auch nicht, dass da jetzt ein riesiger Durchbruch bevorsteht.
Wo macht das Angebot der Regionalen vor allem Sinn?Es würde sicher keinen Sinn machen, mit lokalen und regionalen Sendern eine volle Abdeckung planen zu wollen. Es kann nur um die Frage gehen, wo eine Verstärkung in einzelnen Gebieten etwas bringt. Regionen wie Zürich mit grossem Potenzial bieten sich sicher an. Und wenn ich dort mit einem regionalen Sender zusätzlichen Druck in meiner Zielgruppe effizient zukaufen kann, dann ist das sicher attraktiv.
Sie bewerten Tele Züri höher als die anderen Regionalsender, weil dessen Publikum etwas jünger ist?
Es geht mir nicht darum, die einzelnen Sender gegeneinander auszuspielen. Jedes Programm hat in seiner Region auch seine Berechtigung. Man darf ja nicht vergessen, dass die Regionen und deren Publikum je unterschiedliche Eigenschaften und Bedürfnisse aufweisen. Dieser Tatsache müssen die lokalen und regionalen Sender natürlich Rechnung tragen. Tele Züri hat den Vorteil, in der bevölkerungsreichsten Agglomeration der Schweiz zu senden. Mit seinen doch recht hohen Zuschauerzahlen bietet es die Möglichkeit, das Publikum in diesem wichtigen Gebiet zusätzlich zu penetrieren.
Was würden Sie den Regional-TVs raten: Wohin sollen sie ihre Angebote noch stärker fokussieren?
Sie müssen weiterhin hart an der Qualität arbeiten. Unsere Kunden erwarten durchwegs professionell gemachte Umfelder. Entsprechend haben sie dieselben hohen Ansprüche auch im lokalen und regionalen Bereich. Selbstverständlich wurden da bereits Fortschritte erzielt, insbesondere bei jenen, die bereits sechs oder sieben Jahre im Markt sind. Bei vielen Sendern ist aber die Qualität nach wie vor ein Thema, das sorgfältig verfolgt werden muss.
Betrachten Sie das angekündigte Gebührensplitting für die Regional-TV-Stationen als sinnvolles Instrument, um die Qualität der Programme weiter zu heben?Nein, daran glaube ich nicht. Grundsätzlich ist meiner Meinung nach Gebührensplitting nicht der richtige Weg. Man sollte über die notwendigen Mittel verfügen oder es bleiben lassen. Subventionen, ohne öffentlichen Auftrag wie beim öffentlichrechtlichen TV, sind unternehmerisch gesehen der falsche Ansatz.
Können die unterschiedlichen Lokal- und Regionalsender mit einem Durchbruch rechnen, wenn die aktuelle Krise vorüber ist und die Werbeausgaben wieder steigen?
Mit einer markanten Bewegung von Werbegeldern hin zu den regionalen und lokalen TV-Stationen rechne ich auch nach Ende der Krise nicht. Das wird eine langsame Entwicklung sein. Je besser die Sender werden und je mehr Zuschauer sie anziehen, desto mehr werden sie auch zur Verstärkung der Mediapläne in den einzelnen Regionen beigezogen. Aber einen bevorstehenden drastischen Durchbruch sehe ich wirklich nicht.
Und generell bei der Fernsehwerbung in der Schweiz: Zeichnet sich mit der aktuellen Krise jetzt die schon lange beschworene, aber immer noch nicht eingetroffene Verlagerung hin zur TV-Werbung ab?Fernsehen kann sich ganz klar besser behaupten als andere Medien wie zum Beispiel die besonders leidenden Zeitungen. In solchen Zeiten bleiben Werbegelder am ehesten investiert in effizienten Medien. Und das ist insbesondere für internationale Kunden das Fernsehen. Der unverminderte Werbedruck in Massenmedien ist ja gerade in Krisenzeiten sehr wichtig. Daher haben wir beim TV tendenziell auch etwas weniger Rückgang. Aber Verschiebungen im Medienmix sind nach wie vor eine sehr langsame Entwicklung. Langfristig werden sich die Werbeausgaben in den klassischen Medien auch in der Schweiz weiter hin zum TV bewegen. Aber das dauert länger, als man dachte.
Regionale TV-Veranstalter: Bei Spot-Schaltungen zweite Wahl.

Interview: Daniel Schifferle

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