Was bedeutet eigentlich… «PIC»?

Benno Maggi erklärt in seiner Kolumne «Was bedeutet eigentlich…?» Begriffe aus dem Marketing- und Kommunikationsbereich. Dieses Mal erklärt er das Akronym «PIC».

Das Akronym «PIC» steigt in der Anwendung aktuell in gleichem Masse wie das Verlangen nach dem, was es bedeutet: einer «Person In Charge». Jedes Unternehmen, jede Organisation und jede Agentur träumt davon, eine solche Person in den eigenen Reihen oder vis-à-vis zu haben. «In charge» heisst nämlich gemäss dem Oxford English Dictionary «the person who is officially responsible for … », zu Deutsch, die Person, die verantwortlich ist oder Verantwortung übernimmt für etwas.

Eine rare Spezies. Vor allem wenn es darum geht, Entscheidungen zu fällen – und das ist in unserer Branche ja doch oft nötig. Aber auch wenn etwas schiefläuft, wäre es nett, wenn sich jemand dafür verantwortlich zeichnen würde.

Verantwortung übernehmen soll gelernt sein

Je grösser die Unternehmen, desto mehr reden mit. Das ist eine alte Weisheit. Je hierarchischer oder holokratischer die Organisation, desto mehr grassiert jedoch eine kollektive Unverantwortlichkeit. Ja, sie haben richtig gelesen. Hierarchiestufen sind oft nur in Lohnverhandlungen mit Verantwortung belegt und holokratische Freiräume werden nur selten mit Verantwortung gefüllt.

Und wenn dann diese beiden Organisationsformen in der Entscheidungsfindung aufeinanderprallen, dann geht meist gar nichts. Aber Obacht, es ist ja nicht so, dass Agentur gleich cool und holokratisch und Kund:in gleich stier und hierarchisch bedeutet. Diese Zeiten sind längst vorbei. Viele Unternehmen haben sich in den letzten zehn Jahren dank Digitalisierung und Pandemie rasant verändert, während viele Agenturen noch immer in ihrem toxischen Award-, Bonus-, Titel- und Hierarchiedenken steckengeblieben sind.

Persons in charge sind aber hüben wie drüben Mangelware. Vielleicht ist das Akronym PIC gerade deswegen so beliebt geworden. Und dies nicht nur in unserer Branche. Wenn es nämlich in einer noch toxischeren hierarchischen Organisation richtig kracht, wie neulich bei jener Grossbank, die es nicht mehr gibt, dann sucht eine ganz andere Branche, ja ein ganzes Land, verzweifelt nach den PICs für dieses Desaster. Und diejenigen, die sich nicht einfach aus dem Bild verabschieden können, müssen sich dann neu formieren und warten, bis die neuen/alten Chefs sich entscheiden.

Das betrifft dann zum einen frustrierte Mitarbeitende, die sich intern für eine Stelle, die sie bereits innehaben, neu bewerben müssen. Oder zum anderen jene, deren Arbeitgeber es nicht mehr gibt, was heisst, dass sie sich bei neuen PICs einschleimen müssen, die noch bis zum 18. März 2023 ihre Feindbilder waren.

Aber aufgepasst, auch in holokratisch oder zumindest flach organisierten Unternehmen sind PICs oft Mangelware. Es wird zwar Verantwortung gefordert, aber dann lieber doch nur dort übernommen, wo es grad passt. Und das hat nichts mit dem Alter zu tun, wie vielfach kolportiert wird. Die Jungen wollen zurecht einfach den Grund, das Ziel oder eben den Purpose kennen, weshalb sie Verantwortung übernehmen sollen. Das wären dann picky PICs.


Benno Maggi ist Mitgründer und CEO von Partner & Partner. Er lauscht seit über 30 Jahren in der Branche und entdeckt dabei für uns Worte und Begriffe, die entweder zum Smalltalken, Wichtigtun, Aufregen, Scrabble spielen oder einfach so verwendet werden können.

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