Was bedeutet eigentlich… «drittverständlich»?

Benno Maggi erklärt in seiner Kolumne «Was bedeutet eigentlich...?» Begriffe aus dem Marketing- und Kommunikationsbereich. Dieses Mal erklärt er denn Begriff «drittverständlich».

Endlich mal kann hier ein deutsches Wort beschrieben werden, das noch nicht im Duden ist, aber trotzdem schon sehr häufig verwendet wird. Das ist sonst vor allem Anglizismen vorenthalten. Hoffentlich wird es dieses Wort aber nie in den Duden schaffen, weil das für unsere Branche irgendwie zu beschämend wäre.

Die Deutung des Wortes «drittverständlich» an sich ist ja simpel. Für Dritte verständlich. Der Grund der Verwendung hingegen scheint auf den ersten Blick sinnfrei, auf den zweiten jedoch sehr entlarvend. Früher mussten Botschaften ja einfach nur verständlich sein, nicht auch noch drittverständlich. Am besten für diejenigen, die es betraf: in der Kirche die Gläubigen, im Fernsehen die Zuschauenden oder auf einer Reklametafel die Kunden.

Wer bitte sind die Dritten?

Wenn Konzepte oder Kampagnen aus der Geschäftsleitung mit dem Kommentar zurückspielt werden, diese seien nicht drittverständlich, dann herrscht bei den Marketingverantwortlichen und ihren Agenturen meist Ratlosigkeit. Lernen diese doch in ihren Weiterbildungen das klassische Sender-Empfänger-Modell. Um wen handelt es sich wohl bei diesen Dritten, die nicht verstehen?

Bei gut funktionierender Zusammenarbeit zwischen Agentur und Marketingabteilung wird dann meist die nichts wissende Geschäftsleitung als diese Dritte eruiert und über sie gelästert. Bei weniger gut funktionierender Zusammenarbeit einfach der Kommentar an die Agentur weitergeleitet mit der Bitte um Optimierung.

Was selten geschieht, aber wichtig wäre: Dass als Dritte der Kunde gemeint ist, dem das Produkt oder die Dienstleistung am Ende verkauft werden sollte. Deshalb oft auch «Endkunde» genannt. Was eine doppelt falsche Formulierung ist. Wird doch überall immer verkündet: Customer first oder altbackener, der Kunde ist König. Aber um den Kunden scheint es meist gar nicht zu gehen. An erster Stelle kommt nämlich das ICH, egal ob dies der Agentur, den Marketing- und Kommunikationsverantwortlichen oder der Geschäftsleitung gehört. An zweiter Stelle dann immer die anderen aus diesem Dreigestirn und erst an dritter Stelle dann der «Endkunde». Jene Person also, für die das Ganze gedacht ist. Somit wäre auch die Frage geklärt, wer denn «Dritte» sind, für die das, was wir hier machen, nicht verständlich ist.


Benno Maggi ist Mitgründer und CEO von Partner & Partner. Er lauscht seit über 30 Jahren in der Branche und entdeckt dabei für uns Worte und Begriffe, die entweder zum Smalltalken, Wichtigtun, Aufregen, Scrabble spielen oder einfach so verwendet werden können.

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