Was bedeutet eigentlich… «preloved»?

Benno Maggi erklärt in seiner Kolumne «Was bedeutet eigentlich...?» Begriffe aus dem Marketing- und Kommunikationsbereich. Dieses Mal erklärt er die Bedeutung des Anglizismus «preloved».

Die Vorbereitungen zum sogenannten Fest der Liebe laufen wieder einmal auf Hochtouren und Black Friday ist der dunkelste Vorbote davon. Mitten in diesem Konsumlärm findet ein wunderschönes Wort Einlass in das Vokabular der Werbetreibenden: preloved. Alte Liebe rostet nicht, heisst ja bekanntlich ein altes Sprichwort zum Thema Liebe. Kein Wunder also, hat in der Vorweihnachtszeit ein Begriff Hochkonjunktur, der den Sinn des Sprichworts aufnimmt.

Aber bitte nicht in ollem Deutsch, sondern lieber in catchy Englisch: preloved. Meint nicht neu, aber schon mal geliebt, getragen, genutzt oder gesehen und wird meist leicht vorwurfsvoll ausgesprochen und in Headlines verpackt. Die englische Präposition (pre) und das Partizip Perfekt (loved) so scheint es, demonstrieren eine andere Weisheit der deutschen Sprache: Doppelt genäht hält besser.

Fast Fashion und Second Hand sind out

So erstaunt es nicht, dass preloved gerade überall so gepushed wird. In den Medien, der Werbung, den Warenhäusern und auf Onlineplattformen. Die Sharing-Economy wird ja seit längerem heraufbeschworen und mit einem englischen Quote begleitet: Sharing is caring. Wer aber samstags durch die Innenstädte schlendert und die Menschen beim Shoppen beobachtet oder die Kartonschachteln des Online-Shoppings am Strassenrand zählt, der oder die darf sich fragen, wie es denn mit dem Caring wirklich steht.

Einverstanden, Fast Fashion war gestern. Kaum jemand traut sich noch Zara, H&M, Boohoo oder wie sie alle heissen, mit gutem Gewissen zu kaufen. Aber neu sind die Dinge allemal, die da in gebrandeten Tragtaschen und Schachteln nach Hause getragen oder geliefert werden.

Auch Recycling war gestern. Heute nennt sich das Upcycling. Gemeint ist die Wiederverwertung bereits genutzter Stoffe, die in neuwertige Produkte umgewandelt werden. Leider ist das mit Fast-Fashion-Lumpen nur schwer möglich, denn bereits deren Herstellung ist umweltschädlich und deren Überreste landen in Endlagern wie der Atacama-Wüste im Norden Chiles oder in Afrika und Südostasien statt beim Upcycling.

Auch Secondhand war gestern. Jahrzehnte lang konnte sich der Begriff halten, obwohl immer etwas leicht Schmuddeliges dabei mitschwang. Aus zweiter Hand? Gar von einer, die einem unbekannt war? Nicht jedermanns oder jederfraus Sache. Aber preloved? Da schmilzt man als Konsumentin oder Konsument doch glatt vor so viel Liebe und denkt sich vielleicht: Hätte ich doch das alte Ding nicht in die Kleidersammlung oder die Kehrrichtverbrennung gebracht, dann müsste ich jetzt nicht so viel dafür bezahlen. Und beworben müsste es auch nicht nochmals werden.

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