Was bedeutet eigentlich… «semi»?

Benno Maggi erklärt in seiner Kolumne «Was bedeutet eigentlich...?» Begriffe aus dem Marketing- und Kommunikationsbereich. Dieses Mal erklärt er die Vorsilbe «semi».

Was bedeutet eigentlichJust zur Jahreshalbzeit schleicht sich ein Wort in unser Vokabular, das passender nicht sein könnte: semi. Der aktuelle Zustand der Branche? Semi. Die Arbeiten der Branchenkollegen bei Jurierungen? Semi. Die Vorschläge der Juniors für den nächsten Pitch? Semi!

Vor allem die Jungen in der Branche sind es, die das Wort in Umlauf brachten. Wenn die Alteingesessenen von ihren längst vergangenen Heldentaten erzählen, dann verdreht die Generation Z nicht mal mehr die Augen, sondern blickt ratlos in die Welt. Von was erzählen die? Sie findet das semi-lustig oder semi-interessant.

Die Vorsilbe «semi», die als Bestimmungswort ursprünglich Adjektiv oder Substantive abschwächt oder halbiert, hat sich aber längst verselbständigt. Vermutlich deshalb, weil sie ohne Grundwort offenlässt, was sie genau bezeichnet. Weder herausragend noch schlecht. Weder innovativ noch oldschool. Einfach semi. Das klingt positiver als «so lala» oder «geht so» und verbindlicher als «interessant», vor allem aber viel motivierender. Womit wir beim Thema Generation Z wären. Während die «Alten» – und damit sind Boomers und Millennials gemeint – sich gewohnt sind, aktuelle Ereignisse aus intellektuell wirkender Halbdistanz zu kommentieren, gehen die Gen-Zler immer all-in.

Grundmotivation (Selbst-)Zufriedenheit

Diese neue Generation schlägt nun voll auf dem Arbeitsmarkt auf. In den Agenturen und bei den Kunden. Sie motiviert sich selbst aus einem scheinbar unendlich grossen Reservoir an Selbstbewusstsein und Darstellungskompetenz. Deshalb ist vieles «semi»: Egal, ob gut oder schlecht, Hauptsache, es stimmt für einem selbst und ist positiv.

Alte Führungsprinzipien greifen da nicht mehr. Alte Bewertungsschemen noch weniger. Wenn Führungskräfte dann verzweifelt Generation-Z-Versteher:innen für Workshops einladen, geschieht das meist aus einer Mischung zwischen grosser Ratlosigkeit und aufgezwungener Neugier heraus. Fragt man danach «Und, wie war der Workshop?», lautet die Antwort neuerdings «semi». Denn sie haben nicht nur ein neues Wort gelernt, sondern ein Gefühl erlebt, das gar nicht träfer umschrieben werden könnte als eben mit «semi».

Es ist nämlich einerseits die Begeisterung über diese unglaubliche Energie und Motivation, die einem von Gen-Zler:innen entgegensprüht, andererseits die Skepsis gegenüber deren Selbstzufriedenheit. «Also sooo innovativ ist das nun auch wieder nicht», meinen Millennials und Boomer mit «semi» dann meist achselzuckend und selbstschützend.


Benno Maggi ist Mitgründer und CEO von Partner & Partner. Er lauscht seit über 30 Jahren in der Branche und entdeckt dabei für uns Worte und Begriffe, die entweder zum Smalltalken, Wichtigtun, Aufregen, Scrabble spielen oder einfach so verwendet werden können.

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