Was bedeutet eigentlich… «ubiquitär»?

Benno Maggi erklärt in seiner Kolumne «Was bedeutet eigentlich...?» Begriffe aus dem Marketing- und Kommunikationsbereich. Dieses Mal erklärt er das Adjektiv «ubiquitär».

Was bedeutet eigentlichEs schickt sich gerade, Dinge als ubiquitär zu bezeichnen, denn das klingt einfach so erhaben und gescheit. Metaverse, Bitcoin, NFT und andere Begriffe aus dem digitalen Wunderland sind es: allgegenwärtig oder omnipräsent. Ersteres wirkt halt etwas angestaubt und letzteres gar fest nach Nullerjahre. Und da aktuell überall «all-or-nothing» gilt in der Kommunikation und im Marketing, das heisst entweder funktioniert etwas richtig oder gar nicht, eignet sich das Adjektiv eben auch hier tipptopp. Wenn auch seine ursprünglichen Einsatzgebiete eigentlich biologische oder theologische Zusammenhänge sind: Unsere Branche ist sich gewohnt, Begriffe aus anderen Fachgebieten zu klauen und zu schätzen.

Die Biologie nennt die Eigenschaft von Lebewesen, nicht an einen Standort gebunden zu sein, ubiquitär, in der Theologie meint es die Allgegenwart eines Gottes. In der Wirtschaft und damit einhergehend im Marketing wird nun etwas ubiquitär genannt, wenn es überall eingesetzt (Kampagnen) oder verfügbar ist (Produkte).

Wichtigtun in Zeiten von Omnichannel

Die Herkunft des Wortes liegt im Latein. Das ist Grund genug, um diejenigen, die es verwenden, schon mal akademischer erscheinen zu lassen. Es leitet sich vom lateinischen Adverb ubique ab, das sich ganz einfach mit überall übersetzen lässt. Sogar der Duden meint, es sei in seiner allgemeinen Bedeutung Teil der gehobenen Sprache. Also erhält, wer es verwendet, quasi den Ritterschlag von oberster Stelle.

Aber was wollen wir damit sagen? Alle wären gerne überall präsent: omnipräsent. Aber eben, die Nullerjahre lassen grüssen und mit Omnichannel-Marketing ist im Smalltalk auch schon fast kein Blumentopf mehr zu gewinnen. Glaubt man nämlich dem zum dritten Mal erschienenen Omni-Channel Reife Index (ORI) der Schweizer Stationär Händler, dann sind wir in der Schweiz nicht schlecht unterwegs. Dank dem Beinahe-Duopol Migros und Coop samt all ihren Töchtern und Schwestern wohlbemerkt. Schneiden diese doch im Verfügbarmachen von Waren (bald auch von alkoholischen Getränken) überall und für alle mit Abstand am besten ab.

Das Bedürfnis ist jedoch kein rein schweizerisches. Gerade die Tech-Giganten in den USA gehen auch vermehrt den Weg zurück zu brick-and-mortar (physischen/stationären Verkaufsstellen): Amazon und Tripadvisor machen es mit ihren Shops gerade vor. Wirklich überall präsent zu sein, können sich aber die wenigsten leisten. Deshalb wird das Wort halt auch da gebraucht, wo Dinge «nur» weit verbreitet sind, was in den immer enger werdenden Bubbles der sozialen Medien noch schnell der Fall scheint.


Benno Maggi ist Mitgründer und CEO von Partner & Partner. Er lauscht seit über 30 Jahren in der Branche und entdeckt dabei für uns Worte und Begriffe, die entweder zum Smalltalken, Wichtigtun, Aufregen, Scrabble spielen oder einfach so verwendet werden können.

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