Was bedeutet eigentlich… «Spoiler»?

Benno Maggi erklärt in seiner Kolumne «Was bedeutet eigentlich...?» Begriffe aus dem Marketing- und Kommunikationsbereich. Dieses Mal erklärt er den Begriff «Spoiler».

Was bedeutet eigentlichSpätestens mit dem Abstimmungskampf zum 15. Mai 2022 hat es der Streaming-Gigant Netflix auch an die Stamm- und Stubentische unseres Landes geschafft. Aber nicht nur das, denn er prägt im deutschsprachigen Raum auch die Bedeutung eines etwas retro wirkenden Wortes um: Spoiler.

Wenn in den 1980er die Lässer in weissen Socken und mit weitoffenem Hemd ihre Ellbogen aus dem Fenster hängen liessen und dabei genüsslich an ihren Muratti-Zigaretten zogen, während sie durch die Innenstädte fuhren, dann war hinten am Auto meist ein Spoiler aufgesetzt. Je grösser, desto cooler. Die Nachfolger dieser Gattung Mann – heute Autoposer genannt – fokussieren sich eher auf Pferdestärken und Dezibel der Motoren denn auf Aerodynamik. Dabei war im deutschen Sprachraum eben genau dies die einzige Wortdeutung des Spoilers. Abgeleitet aus dem Englischen to spoil hiess es bei uns lange Zeit einfach Luftwiderstand vermindern, aber eigentlich vollständig übersetzt auch verderben oder ruinieren. Was aber früher Autofans als die aerodynamischen Verhältnisse günstig beeinflussendes Blech- oder Kunststoffteil an Fahrzeugen bekannt und in autokritischen Städten belächelt wurde, ist heute gerade da in aller Munde.

Der kleine feine Unterschied

Im urbanen Lifestyle-Talk nämlich zu jenen zu gehören, die im Universum der Netflix-Serien der richtigen folgen, ist schon eine Kunst. Diese aber kondensiert weiterzugeben, ohne dabei das Wesentliche zu verraten, ist dann schon hohe Erzählkunst. Oder eben kein Spoiler. Der Duden nennt die neue Deutung seit kurzem liebevoll «Jargon für die Zusammenfassung eines Films, Buchs oder Ähnlichem, die dem Leser oder Zuschauer das Interesse an der Geschichte verdirbt, indem für Spannung sorgende Informationen aus der Handlung verraten werden». Der Ärger derjenigen, die gespoilt werden, ist dann etwa im gleichen Masse gross wie der gegenüber Autoposern. So schafft es also Netflix, bei uns nicht nur eine Wortdeutung zu verändern, sondern auch eine Abstimmung zu branden und zu gewinnen (auch wenn sie dabei zu den Verlierern gehören). Das sollte doch nicht nur das Herz von Filmschaffenden, sondern auch jenes der Kommunikations- und Markenfachpersonen vor Bewunderung höher schlagen lassen.

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