Fachchinesisch: Was bedeutet eigentlich «nischig»?

Benno Maggi erklärt in seiner Kolumne «Fachchinesisch» Begriffe aus dem Marketing- und Kommunikationsbereich. In der aktuellen Ausgabe erklärt er, weshalb der Begriff «nischig» heutzutage einen schwierigen Stand hat.

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Lange Zeit galt es ja allgemein als cool, wenn etwas nicht Mainstream war, sondern einen Nischenmarkt oder eine Marktnische bediente. Aber die Zeiten sind vorbei: All die Off- und Off-Off-Produktionen, -Läden, -Labels, -Kampagnen und -Ideen, die aus der und für die Kreativ-Wirtschaft produziert wurden, finden im Moment kaum mehr Zuspruch.

 

Wieso Nischen heute Mühe haben

Das kleine Wort steht für vieles, ausser: Volumen. Abgeleitet vom Altfranzösischen «nichier» (ein Nest bauen) findet es in einer Zeit, wo Volumen, Skalierbarkeit und Klicks die Wirtschaft das Marketing und die Medien diktieren, plötzlich zu seinen Ursprüngen zurück. Wer wagt es heute schon, ein Nest zu bauen, das nur wenigen Platz bietet? Wer will denn in seinem Nest sitzen bleiben, wenn draussen im Mainstream die grosse Vermehrung und damit der finanzielle Erfolg winken?

Die Globalisierung bildet zusammen mit der Digitalisierung eine hochexplosive Mischung. Da hat in den Marketingabteilungen, Agenturen und Redaktionen keiner Zeit, sich auch noch in Nischen die Finger zu verbrennen, mögen sie noch so hot sein. Es schickt sich deshalb eher, in Meetings von Marketerinnen und Marketern eine Idee zu kommentieren mit «Toll, würd’ ich gerne machen, ist aber einfach zu nischig». So tut man niemandem weh, meint aber eigentlich: «Für das, was heute zählt, ist das zu wenig relevant.» Und im Sub-Subtext: «Ich bin zu feige, das zu risikieren – und es dir auch noch zu sagen.»

Nischig war hip, als wir uns das noch leisten konnten. Heute ist Erfolg angesagt und überlebenswichtig. Deshalb wagt sich leider niemand mehr in die Nische oder ins Nest, sondern es wird nur noch an der Oberfläche gesurft, gestreamt und getrackt. Schade eigentlich, denn darunter findet man manchmal Perlen. Und die sind auch im Mainstream gefragt.

Benno Maggi ist Mitgründer und CEO von Partner & Partner. Er lauscht seit über 30 Jahren in der Branche und entdeckt dabei für uns Worte und Begriffe, die entweder zum Smalltalken, Wichtigtun, Aufregen, Scrabble spielen oder einfach so verwendet werden können.

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