Migros wegen Kriegspropaganda von Partner Socar unter Beschuss

Aserbaidschan tritt im Konflikt mit Armenien als Kriegstreiber auf – unter öffentlichem Applaus des staatlichen Ölkonzerns Socar. Socar betreibt auch die Migrolino-Tankstellen, weshalb die Migros nun in der Kritik steht und einen Image-Schaden befürchten muss.

Migros

Unverblümt betreibt Socar auf Social Media Kriegsprogaganda. «Karabach ist Aserbaidschan» heisst es etwa unter einem geposteten Bild, das Panzer unter aserbaidschanischer Flagge zeigt (Screenshot oben). «Was Socar auf ihrer offiziellen Facebook-Seite veröffentlicht, ist nichts anderes als eine Kriegs- und Hasspropaganda gegen Armenien», sagt Sarkis Shahinian, Ehrenpräsident der Gesellschaft Schweiz-Armenien (GSA) und Generalsekretär der Parlamentarischen Gruppe Schweiz-Armenien, gegenüber Watson.

Der Krieg zwischen Aserbaidschan und Armenien um die Region Berg-Karabach ist im September neu entflammt und führt zu den heftigsten Gefechten seit Jahrzehnten. Neutraler Medienberichten zufolge wird davon ausgegangen, dass Aserbaidschan den Konfikt hat eskalieren lassen und im Krieg um Berg-Karabach als Aggressor auftritt.

 

Kritik bereits 2012

Migros ist eng mit dem aserbaidschanischen Staatskonzern Socar verbandelt. Dieser betreibt in verschiedenen seiner Schweizer Tankstellen als Franchise-Partner Migrolino-Fillialen. Die Kooperation mit der Migros-Tochter besteht laut Watson seit 2012. Schon damals sei die Migros für ihre Nähe zum Regime von Aserbaidschan kritisieriert worden, denn dieses missachtet laut Menschenrechtsorganisationen die Menschenrechte. Nun wird diese Kritik also wieder laut.

 

«Unerträglich»

«Die Migros geschäftet mit einem Kriegstreiber», kritisiert CVP-Nationalrat Stefan Müller-Altermatt im Blick. «Wenn ich im Migrolino ein Schoggistängeli kaufe, fliesst ein Teil des Gelds in diesen Krieg. Das darf nicht sein.» Dass ein in der Schweiz tätiges Unternehmen und Partner von Migros Kriegspropaganda betreibe, sei «unerträglich», so Müller-Altermatt im Tages-Anzeiger.

Der Nationalrat fordert nun, dass die Migros die Verträge sofort kündet und kein weiteres Geld von Schweizer Tankstellenkunden in den Krieg fliesst. Sarkis Shahinian kündigt an, dass die Armenier in der Schweiz – sollte sich die Migros nicht von Socar distanziere – in Kürze eine Medienkampagne gegen den Detailhändler starten wollen. Man werde dabei «kein Blatt vor den Mund nehmen werden» – das Leben der armenischen Zivilbevölkerung sei für die Armenier in der Schweiz «nicht verhandelbar». An einer Demo in Zürich forderte die armenische Gemeinschaft der Schweiz am Donnerstag zum Boykott der Socar-Tankstellen auf.

 

Migros gibt sich vorerst bedeckt

Wie reagiert die Migros auf die harsche Kritik? Vorerst zurückhaltend und schwammig. «Selbstverständlich geht die Migros nur Verträge unter Berücksichtigung von national und international gültigen Gesetzen ein», so der Wortlaut, den die Pressebteilung auf Anfrage von Watson und anderer Medien versendet. Gut möglich also, dass das Unternehmen erst genaue – und womöglich folgenschwere – Abklärungen treffen muss, ehe man sich in dieser brisanten Angelegenheit klarer positionieren will.

 

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