Erster Brand Day in Zürich: Fallbeispiele im Schnelldurchlauf

Der von Monotype veranstaltete Brand Day fand am 25. Oktober erstmals in Zürich statt und präsentierte sechs aussergewöhnliche Branding-Cases aus Europa. Führende Agenturen wie EdenSpiekermann (Amsterdam), Strichpunkt (Stuttgart) und Monotype/Olapic (London), sowie die Interbrand und Scholtysik & Partner aus Zürich servierten wegweisende Marketing-Fallbeispiele.

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Der Brand Day ist eine neue, agile Wanderkonferenz, die das Berliner Schriften- und Softwarehaus Monotype vor 18 Monaten aus seiner Designkonferenz TYPO entwickelt hat. Die Grundidee: aktuelle Marketing-Use-cases im 30-Minuten-Rhythmus, präsentiert von Agentur und Marke. Bisherige Stationen der halbtägigen Veranstaltung waren Berlin, Köln, Stuttgart, London und München, nun gefolgt von Zürich. Die nächsten Stationen sind Paris und New York. Bei den Agenturen scheint das professionelle Event gut anzukommen, was nicht zuletzt die Liste der bisherigen Referenten beweist, darunter Pentagram, Superunion, MetaDesign, Martin et Karczinski, KMS Team, Plan.Net, Peter Schmidt Group und Mutabor.

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Der Kurator des Brand Day, Jürgen Siebert, Leiter Marketing bei Monotype, liess es sich nach der Begrüssung nicht nehmen, die rund 100 Besucher ins Thema einzuführen. Seine Leidenschaft sind Schrift und Typografie, was ihn zur zentralen These seiner Keynote brachte: «Die Schrift ist die einzig wahre Konstante im visuellen Branding». Diese Behauptung bewies er mit zwei Tests, in die er das Publikum einbezog, sowie mit Kommunikationsbeispielen der Marken Mercedes-Benz und Fritz-Kola. Beide kommunizieren gerne ausschliesslich mit Schrift – ohne Farbe, Logo und Key-visual – und sind trotzdem sofort erkennbar.

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Nach dem Einführungsvortrag betrat Jonne Kuyt, Creative Director & Partner bei EdenSpiekermann in Amsterdam, die Bühne und präsentierte den ambitionierten Auftraggeber Luchthaven Schiphol. Schiphol gehörte zu den ersten Flughäfen, die eine Smartphone-App entwickelten, Social-media für den Kundenservice nutzten und eine Indoor-Navigation installierten. Doch weil die unterschiedlichen Kanäle zu einem fragmentierten Angebot führten, kümmert sich EdenSpiekermann seit 2015 um die komplette Überarbeitung der digitalen Kommunikation von Schiphol. Das Ziel: die Führung und Betreuung der Reisenden spürbar zu verbessern, und damit die Zufriedenheit der Gäste steigern.

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Nach EdenSpierkermann traten Markus Dunke und James West vom Design-Unternehmen Strichpunkt vors Publikum. Ihr jüngster Auftraggeber ist das chinesische Start-up WM Motor, das unter dem neuen Markennamen «Weltmeister» Elektroautos und Mobilitäts-Dienstleistungen entwickelt. Die Stuttgarter Agentur brachte auch die beiden Weltmeister-Brand-Managerinnen mit nach Zürich, Echo Dai und Mandy Zheng Min. Strichpunkt gelang es in 30 Minuten, sowohl die kulturellen als auch die kommunikativen Herausforderungen des Projekts Weltmeister anschaulich darzustellen. Als visionäres Mobilitätsunternehmen geht das Geschäftsmodell von WM Motor weit über den Bau von vernetzten Elektroautos hinaus. Apps und Kooperationen sollen den Kunden Zugang zu smarten, digitalen Services von Weltmeister bieten, darunter der Verleih von Fahrrädern, Car-Sharing und eine App zum Aufladen von Elektrofahrzeugen. «Eine Marke der Zukunft von Grund auf neu zu denken ist eine spannende Herausforderung.» so beschreibt der Strichpunkt-Managing-Director Philipp Brune den Kern der Zusammenarbeit.

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Die Umwandlung der Coop Bank in die Bank Cler ist zwar kein neuer Brand-Case, gleichwohl war es erfrischend, die zügige Metamorphose der vergangenen 18 Monate nochmals im Zeitraffer zu erleben. Doch Fabian Sander, Mitgründer und Partner von Scholtysik & Partner, brachte auch aktuelle Zahlen mit auf die Brand-Day-Bühne, zum Beispiel, dass sich die Bekanntheit der Bank Cler verdreifacht hat und die Umsatzzahlen nach dem Redesign in die Höhe gehen. Zum Abschluss präsentierte Sander das jüngste Projekt: Bank Cler Zak, »die erste Smartphone-Bank der Schweiz«. Zak basiert auf einem radikal neuen Plattform-Modell: Konto, Maestro-Karte und Kreditkarte sind gratis; die App wurde von Grund auf für das Smartphone entwickelt, ihre Benutzung ist intuitiver und schneller als traditionelles Mobile Banking. Bank Cler Zak ist ist als Mobile Banking App einfach zu bedienen und mit Numbers26 aus Deutschland durchaus vergleichbar.

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Im vorletzten Fallbeispiel ging es um Social-Media-Marketing, genauer: um die Beziehung zu den Kunden und deren Promotion zu Markenbotschaftern. Für diesen Case waren Bernhard Prüger im Auftrag der Monotype-Tochter Olapic nach Zürich angereist, sowie deren Auftraggeber Daniel Kugler von Weleda (Arlesheim). Olapic ist ein Service, der sich auf die Nutzer-generierten Bilder aus den Social Media Kanälen spezialisiert hat. Olapic durchsucht tagtäglich Millionen neu veröffentlichter Fotos nach marken-nützlichen Motiven. Selbst für Marken wie Weleda, die im Netz und in Drucksachen zeit Jahrzehnten eine offizielle Bildsprache pflegen, ist diese bodenständige Strategie überaus hilfreich und erfolgreich. Der in einem Karussell rotierende UGC (User-generated Content) generiert auf der Weleda-Website nicht nur unmittelbar Umsätze, sondern liefert zudem Erkenntnisse darüber, wie Kunden die Marke wahrnehmen und welche Werte ihnen wichtig sind. Doch die Olapic-Software hilft nicht nur bei der statistischen Auswertung, sondern auch bei der Auswahl leistungsstarker Fotos. In der anderthalb-jährigen der Zusammenarbeit wurden bereits 1500 UGC-Fotos von Weleda genutzt. «Es geht uns dabei nicht um die Produktionskosten der Fotos», betont Kugler, «sondern vielmehr darum die Marke authentischer zu machen und die Sicht des Konsumenten einzubeziehen.»

Den Schlusspunkt des Brand Day Zürich setzte Andreas Rotzler von Interbrand, der die Arbeit für den global agierenden Duft- und Aromahersteller Givaudan (Vernier) darstellte. Das 5-Milliarden-Unternehmen ist der weltweit grösste Hersteller auf seinem Gebiet und beliefert unter anderem Kosmetik- und Lebensmittelhersteller wie Procter & Gamble, Unilever oder Colgate mit Geschmacks- und Duftstoffen sowie Parfüme für Estée Lauder, L’Oréal und Yves Saint Laurent. Rotzler, ans Publikum gerichtet: «Sie kommen im durchschnitt zehnmal am Tag mit Produkten von Givaudan in Kontakt … das weiss aber keiner.» Um näher an die Konsumenten zu kommen und das eigene Business auch zukünftigen Mitarbeitern transparenter zu machen, wendete sich Givaudan vor drei Jahren an Interbrand. Ziel des Rebrandings war es, ein neues Markenverständnis bei Mitarbeitern und allen Zielgruppen zu schaffen. «Dies stellt in einer Industrie, welche bis dahin sehr selbstbezogen war und in erster Linie über die eigenen Technologien und Ingredienzen sprach, eine radikale Wende dar», resümierte Andreas Rotzler am Ende seines Vortrags die Kooperation mit dem Aroma-Marktführer. (pd/hae)

Hinweis: Alle Fotos zum Event finden Sie in der kommenden Werbewoche 19/2018. Sie liegt am kommenden Freitag in Ihrem Briefkasten.

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