Das war der Marketing Tag 2023

Über 700 Teilnehmende nahmen am vergangenen Dienstag am Marketing Tag teil. Das Motto lautete Fokus, was angesichts des dicht gedrängten Programms bereits eine Herausforderung darstellte. Im KKL Luzern fanden verschiedene Keynotes, Talks und Breakout-Sessions statt. Moderatorin Kiki Mäder führte durch das Programm.

(Bilder: zVg. Swiss Marketing Forum)

Mit seiner Keynote eröffnete Prof. Dr. Stefan Michel, IMD EMBA, den Anlass. Mit seiner provokativen Frage: «Haben Sie eine Marketing-Strategie? Sind Sie sicher?» schlug er den Bogen von Darwin über Netflix hin zu den täglichen Herausforderungen für hiesige Marketingprofis. Die digitale Transformation und neue Technologien bieten ungeahnte Möglichkeiten und schüren FOMO – die Angst, etwas zu verpassen. Doch wer alles machen will, macht sich letztlich kaputt, denn die eierlegende Wollmilchsau bleibt eine Illusion, so Michel. Wer langfristig Erfolg haben will, muss wissen, was los ist, harte Entscheidungen treffen und diese auch umsetzen. Schliesslich überlebt nicht der Stärkste, sondern derjenige, der sich am besten anpassen kann.

Moderatorin Kiki Maeder zusammen mit Stefan Michel, IMD EMBA.

Offen für Neues sein

In seinem Impulsreferat zeigte Dr. Urs Ch. Hofmeier von Schweizer Salinen, wie ein traditioneller Betrieb neue mutige Ideen umsetzen kann, die das Geschäft in eine neue Richtung entwickeln und gleichzeitig bestehende Herausforderungen lösen können. So haben die Schweizer Salinen mit dem Start-up «SwissShrimp» 2018 die nachhaltige Zucht von Crevetten in der Schweiz vorangetrieben. Ein klassischer Fall von der richtigen Idee zur richtigen Zeit mit dem richtigen Partner für nachhaltige Lösungen.

Fokus-Talks: Transformation auf allen Ebenen

Im ersten Teil des Fokus-Talks zu «Change The Business» diskutierten Julia Gamma von BLS, Katja Schönenberger von Pro Juventute, Sibylle Marti von Tilsiter, und Pascal Jenny von KMU Checkup darüber, wie sich KMUs den heutigen Herausforderungen anpassen können und dabei ihren Fokus nicht verlieren.

Nachhaltigkeit ist in vielen KMU noch zu wenig präsent. Doch eine Strategie, welche das Thema Nachhaltigkeit ausblendet, hat keine Zukunft. Dabei soll auch Unterhaltung ihren Platz haben und man soll ruhig etwas Mut beweisen und Kante zeigen.

Transformation ist übrigens auch ein Organisationsthema. Hierarchien werden flacher, Mitarbeitende erhalten mehr Freiheit und Verantwortung. Das fördert die Agilität, denn die Zeiten der Jahresplanung sind vorbei. Organisationen kommen nicht darum herum, sich auf ihre Zielgruppe zuzubewegen. Dabei gilt, nicht jeder Trend ist für jedes Unternehmen sinnvoll. Wichtig ist, immer am Puls zu bleiben und nach dem Motto «Trial and Error» Neues auszuprobieren.

Die Network-Zone am Marketing Tag.

Über den Tellerrand blicken

Im zweiten Teil des Fokus-Talks nahmen Joséphine Chamoulaud von Smile Versicherung, Nadine Gloor von Jucker Farm, Verena Mönig von Skinmed, und Peter Waltenspühl von Kuhn Rikon den Faden wieder auf. Marketing bleibt im Kern immer gleich: Was sind die Kundenbedürfnisse und wo sind die Touchpoints? Was neu ist: Unternehmen müssen sich heute ständig neu erfinden.

Ein Blick ausserhalb der Branche kann dabei hilfreich sein. Der Fokus darf allerdings nicht verloren gehen. Das gilt vor allem für kleine Teams, die sich viele Tools nicht leisten können oder wollen. Intuition und Kundennähe sind hier wichtige Impulsgeber.

MGB räumt beim Marketing Excellence Award ab

Auch dieses Jahr wurden die Marketing Excellence Awards verliehen (Werbewoche.ch berichtete). Moderatorin Vanessa Meier überreichte die Awards unter grossem Applaus an die glücklichen Gewinnerteams. Der grosse Abräumer war dieses Jahr der Migros-Genossenschafts-Bund, der den Award in der Kategorie Grossunternehmen sowie den Publikumspreis gewonnen hat. In der Kategorie KMU konnte Graubünden Ferien die Jury überzeugen. Und Bühler gewann den Sonderpreis für ihren B2B-Ansatz.

Die Gewinner und Nominierten des diesjährigen Marketing Excellence Awards.

Audiowerbung erobert die Schweiz

In seinem Impuls-Referat präsentierte Ralf Brachat von Swiss Radioworld, wie sich das Medium Radio durch die Digitalisierung neu erfindet und Radiowerbung neue Verbreitungskanäle erobert. Dank neuen Möglichkeiten des Targetings können Werbekunden auch in einem kleinen mehrsprachigen Markt wie der Schweiz maximal profitieren. Ausserdem gewährte Brachat dem Publikum einen Blick in die Zukunft der Audiowerbung in Podcasts und Games.

Breakout-Sessions: Insights in die Praxis

An den verschiedenen Breakout-Sessions ging es dann in die Tiefe. Marketing-Profis aus den unterschiedlichsten Branchen boten lehrreiche Einblicke in ihren Alltag. Sie präsentierten praxistaugliche Lösungen zu Themen wie neue Wege im Content Marketing oder dem Einsatz künstlicher Intelligenz. Das Publikum erfuhr, wie Persönlichkeit und Vorlieben für Werbeinhalte zusammenhängen und wie sie ihre Kunden mit etwas Magie verzaubern können.

Purpose: Mehr als nur ein Buzzword

In ihrer Keynote forderte Annette Häcki, Managing Creative Director bei Jung von Matt Limmat, Unternehmen dazu auf, sich die Sinnfrage zu stellen. Corporate Purpose kann für einen Brand wie ein Nordstern sein. Doch dafür muss man ihn ernst nehmen und durch sein Handeln immer wieder aufs Neue beweisen – und zwar nach aussen wie auch nach innen. Ein Brand mit Haltung erzeugt Loyalität und weckt Emotionen. Das ist nicht immer positiv, wie das Beispiel von Nike zeigt. Dennoch lohnt es sich, denn «wer keine Haltung hat, dem wird sie zugeschrieben.»

Heldengeschichten sind Transformationsgeschichten

Persönlichkeitstrainer und Coach Cristián Gálvez widmete seine Keynote der Heldenreise und wie man den Fokus in Zeiten grosser Veränderungen behält. Jeder Mensch ist permanent auf der Suche nach drei Dingen: Sicherheit, Selbstwert und Bindung. Diese Versprechen muss eine Marke einlösen können. Das Rad im Marketing dreht sich schneller und schneller und bringt uns so immer wieder an den Punkt, wo wir ins kalte Wasser springen und etwas zurücklassen müssen. Unsere Haltung – unser Purpose – gibt die Richtung vor und hilft uns dabei, in einer Welt voller Drachen den richtigen Drachen anzugehen.

Cristián Cálvez sprach in seiner Keynote darüber, wie man den Fokus in Zeiten grosser Veränderungen behält.

Media-Talk: Eine Branche im Umbruch

Moderator Urs Gredig begrüsste Medienprofis zum Gespräch über eine Branche, die den grössten Umbruch seit Gutenbergs Zeiten erlebt. Matthias Ackeret von Persönlich, Markus Diem Meier von der Handelszeitung, Bernhard Brechbühl von 20 Minuten, Tom Hanan von Webrepublic, Anna Kohler von m&k Werbewoche.ch, Michael Wanner von CH Media, und Susanne Wille von SRF diskutierten über die wichtigen Fragen: Wie lassen sich die Medien in die Zukunft führen? Wie lässt sich die Balance zwischen Print und online finden? Wie lässt sich mit dem publizistischen Angebot noch Geld verdienen?

Anna Kohler, Co-Chefredaktorin und publizistische Leiterin m&k Werbewoche.ch, beim Media-Talk.

Totgesagte leben länger

Die Frage, wie lange es Print noch gibt, wurde bereits vor 20 Jahren gestellt. Trotz massivem Rückgang der Printmedien gibt sich die Runde aber optimistisch. Es gilt die Balance zwischen dem physischen und digitalen Produkt zu finden, denn beides hat seine Existenzberechtigung. Kritisch beurteilen sie jedoch die Entwicklung von Bubbles über Google und Social Media. Vor allem Junge konsumieren immer weniger News. Es fehlt die Einordnung, «die breite Information.»

Gerade junge Zielgruppen brauchen andere Formate, Informationen müssen anders aufbereitet werden. Für sie zählt einzig Relatability oder anders gesagt: Was geht mich das an? Die Schwierigkeit für die Medien liegt darin, für die Zukunft zu planen und dabei das Stammpublikum nicht zu vergessen.

Nicht zu vergessen, dass mit Journalismus auch Geld verdient werden muss. Es gibt keine Quersubventionen aus anderen lukrativen Geschäftsmodellen. Wer nicht profitabel ist, verschwindet. Es braucht deshalb neue Rezepte und den Mut, Dinge auszuprobieren. Dennoch glaubt die Runde fest daran, dass Journalismus eine Zukunft hat.

«Du bist dein Kalender»

Dr. Peter Krenz von Rebels at Work zeigte in seiner Keynote auf, wie wir in unserem Arbeitsalltag nach den falschen Regeln spielen und uns dabei sabotieren. Heutzutage gibt es kein vereinbartes gemeinsames Ziel mehr, die Regeln ändern sich dauernd. Um hier zu bestehen braucht es Z.F.D.B. – Zeit für die Birne.

Der Alltag von Führungskräften wird von Hektik und Druck geprägt, meist können sie nur reagieren. Doch wie Bill Gates schon sagte: «Busy is the new stupid». Deshalb machen Sie ihren Kalender frei, um Nachdenken zu können, und führen Sie eine Not-to-do-Liste. Sagen Sie Nein, denn nur so behalten Sie Kontrolle über sich selbst. Das gilt übrigens auch für Marken. Denn der Kern einer Strategie besteht auch darin, zu bestimmen, was man nicht tut. So lässt sich auf das Wesentliche fokussieren.

Marketoonist: Marketing in der Pubertät

Den Abschluss bildete Marketoonist Tom Fishburne, der mit seinen Cartoons die Marketingbranche immer wieder auf die Schippe nimmt. Für ihn ist die digitale Transformation eine Art Pubertät, indem wir zwar über viele neue Technologien und Tools verfügen, unser Gehirn damit aber nicht wirklich Schritt halten kann. Humor hilft uns dabei, zu fokussieren. Das neue funkelnde Ding ist noch keine Strategie; vermeiden Sie den Funnel-Blick; lassen Sie sich von Daten leiten, nicht blenden; und zu guter Letzt: Marketing ist zu wichtig, um es der Marketingabteilung zu überlassen.

Marketoonist Tom Fishburne bei seiner Keynote.

Was bleibt – Fokus

Das Fazit eines langen und intensiven Marketing Tages: Es braucht Fokus, um in dem riesigen Angebot an Möglichkeiten, Tools und Kanälen, das Richtige auszuwählen. Dazu gehören die Bereitschaft, über den Tellerrand zu blicken, und der Mut, Neues auszuprobieren, Haltung zu zeigen und vor harten Entscheidungen nicht zurückzuschrecken.

Überraschungsgast Kurt Aeschbacher ist ein Beispiel für all das. Er hat etwas Neues gewagt und unterstützt mit Kurts eine Plattform, die sich mit viel Herzblut für gute Schweizer Qualität einsetzt.

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