Branding in Krisenzeiten und die häufigsten Fehler

Aktuell reihen sich die Krisen nur so aneinander: Menschen, Unternehmen und Marken stehen unter Druck. Can Gezer von Laika Communications zählt die fünf häufigsten Fehler auf, die Unternehmen in Krisenzeiten machen.

Brands müssen in Krisenzeiten das Beste aus der Situation machen. Das gilt auch für ihr Branding. (Symbolbild: Unsplash)

Nichts ist für das Überleben eines Unternehmens so wichtig wie die Stärke der eigenen Brand. Jahresberichte zeigen, wie Unternehmen in der Vergangenheit abgeschnitten haben, aber eine Brand zeigt das Potenzial, in Zukunft Geschäfte weiterzumachen. Wie John Hegarty einst sagte: «Stop building businesses, start building brands!» Wenn es hart auf hart kommt, vergessen Unternehmen zu oft ihre eigene Brand. Dies geschieht meist nicht bewusst, trotzdem gibt es Fehler, die dabei immer wieder gemacht werden.

Fehler 1: Gar keine Brand haben

Der grösste Fehler, den Unternehmen machen können, ist überhaupt keine eigene Brand zu etablieren oder die gesamte Verantwortung dafür einer Marketingabteilung zu überlassen. Wenn die eigene Brand in den Hintergrund gerät, ist das ein strukturelles Problem, denn Markenbildung ist nicht lediglich eine Marketingstrategie, sondern gehört zur Geschäftsstrategie.

Brands sind nur so stark wie ihr schwächster Berührungspunkt, was bedeutet, dass die Brand im gesamten Unternehmen gepflegt sowie gelebt werden muss. Und wer eine entsprechende Strategie entwickeln will, soll sich Duckers Worte in Erinnerung rufen: «Culture eats strategy for breakfast.»

Wenn Sie eine starke Unternehmenskultur haben, wird Ihre Brand dadurch genährt. Kümmern Sie sich um Ihre Mitarbeitenden, kümmern Sie sich folglich auch um Ihre Unternehmenskultur. Ohne eine gute Unternehmenskultur haben Sie somit auch keine Brand.

Fehler 2: Mit anderen gleichziehen

Entweder muss ein Unternehmen wachsen oder auffallen, damit keine Marktanteile verloren gehen. Deshalb schauen Sie ständig nach links und rechts. Was machen Ihre Konkurrenten? Sie versuchen, es richtig zu machen. Sie versuchen, es Ihren Konkurrenten gleichzutun. Wahrscheinlich wird das gut funktionieren. Aber eigentlich zerstören Sie damit Ihre eigene Marke, denn Sie werden genauso aussehen wie die anderen. Wie Malvina Reynolds bereits sagte: «And they are all made out of ticky tacky, and they all look just the same.»

Entscheiden Sie sich: Wie möchten Sie Geschäfte machen? Beziehen Sie Stellung und gehen Sie mit gutem Beispiel voran. Wie kann die eigene Brand etwas Besonderes sein, wenn Sie sich permanent fragen, was Ihre Konkurrenz tut?

Fehler 3: Daten für Ziele nutzen, anstatt Geschichten zu erzählen

Marken sind vielschichtig und komplex. Sie bestehen aus allen möglichen Eindrücken, Botschaften und Erfahrungen, die Kund:innen mit Ihrem Unternehmen in Verbindung bringen und die sich in den Gedächtnissen festsetzen. Starke Brands sind stabil. Schwache Marken werden vom Winde verweht. Starke Marken geben den Menschen einen Ort, auf den sie sich verlassen können und sich sicher fühlen. Deshalb helfen Marken bei der Entscheidungsfindung, da nicht jeder die Zeit oder die Kapazität hat, um jede Brand zu verstehen.

Die Verbraucher:innen wollen nicht noch mehr Auswahlmöglichkeiten, sondern Klarheit und Sicherheit bei ihren Entscheidungen. Mittlerweile haben wir Daten, die uns alle Informationen liefern und helfen alle Kundenbedürfnisse zu befriedigen. Falsch! Daten können lediglich eine Grundlage sein, um Geschichten zu finden und schaffen, welche dann in der Brand verwirklicht werden.

Die grössten Stories, Filme, Bücher, Songs oder auch Werbespots sprechen universelle Erfahrungen an, die bei jedem und überall auf Resonanz stossen können. Es geht also nicht um die perfekte Zielperson, sondern um kreative Unpersönlichkeit.

Fehler 4: Denken, dass Produktdetails wichtig sind

Der grösste logische Fehler besteht darin, dass Unternehmen glauben, sie würden mit ihren Produkten konkurrieren. Und das nicht nur jetzt, wo die Budgets knapp sind, sondern grundsätzlich. Unternehmen neigen zu der Annahme, dass Marketing- und Kommunikationsabteilungen die Merkmale eines aussergewöhnlichen Produkts in den Vordergrund stellen sollten. Das «beste Produkt» ist nicht unbedingt das beste Produkt. Es ist das Produkt, das Sie am besten kennen oder die Brand, mit der Sie am meisten vertraut sind. Es geht nicht um die Vermittlung von Produktmerkmalen, sondern um Intimität, Emotionen und Interesse. Sie wollen nicht nur als der Beste der Besten angesehen werden, sondern auch als der einzige in dem Gebiet.

Fehler 5: Kosten reduzieren, um zu überleben

Jedes Unternehmen möchte bekannt sein und möglichst viel Sichtbarkeit in der Öffentlichkeit bekommen. Die Logik ist klar: je grösser die Share of Voice, desto grösser der Marktanteil. Während einer Krise oder einer Rezession laufen die Geschäfte in der Regel in eine andere Richtung. Die meisten Unternehmen senken die Kosten, vor allem bei der Kommunikation und bei Branding-bezogenen Ausgaben. Die Rechnung ist einfach: Wenn alle Konkurrenten ihre Kommunikationsausgaben senken, müssen Sie diese nur auf dem alten Niveau halten, um Ihren Share of Voice und damit Ihren Marktanteil zu vergrössern.

Halten Sie Ihre Budgets! Ihre Konkurrenten könnten die Nerven verlieren und sind dadurch verwundbar. Stellen Sie sich die Frage, ob Sie klein verlieren oder gross gewinnen wollen. Markenbildung braucht Zeit, und eine gute Marke verschafft Ihnen langfristig einen enormen Vorteil.

Seien Sie nicht so streng mit sich

Wir sollten uns alle daran erinnern, dass Krisen, Rezession, Inflation und platzende Spekulationsblasen Teil der Arbeit sind, in der wir uns befinden und dürfen den Kopf nicht verlieren. Branding ist ein langfristiges, nie endendes Projekt. Wenn wir unsere Brand bei der ersten Welle über Bord werfen, werden wir es nie schaffen. Wir sollten uns immer an Shelly Lazarus Worte erinnern: «Wenn du nicht brillant sein kannst, dann sei wenigstens unvergesslich.»


* Can Gezer ist Brand Berater bei Laika Berlin und ein Experte für Branding und Digitalisierung, der bereits für Unternehmen, Beratungen und kulturelle Institutionen wie FutureBrand, Ogilvy & Mather oder Unruly gearbeitet hat. Bei Laika leitet er Brand Workshops, die eine Marke von innen heraus zum Leben erwecken.

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