Sandra-Stella Triebl: Die Netzwerkerin

Sandra-Stella Triebl gilt als beste Netzwerkerin der Schweiz. Die CEO von Swiss Ladies Drive ist stolz auf das «Speedboat», wie sie ihr Unternehmen nennt. Der Leitspruch «What can I do for you?» ist ihr Schlüssel zu erfolgreichen Partnerschaften.

Bild: Chris Reist

Sie lacht. Und wenn Sandra-Stella Triebl lacht, dann kannst du sicher sein, dass es weit zu hören ist. Der Grund für den lauten Ausbruch ist die Anekdote, die sie mir gleich erzählen wird. Ich gucke etwas ratlos, kenne ich die Pointe doch noch nicht. Also, sie war auf einem Panel und sass zusammen mit einem Business-Mann und brillianten Schweizer Netzwerker auf der Bühne. Es ging darum, wie Männer netzwerken und wie sie bonden. Der Herr erzählte, ja, er gehe mit seinen Partnern auch in die Sauna. Es waren 250 Mädels im Saal und die haben alle nur noch gelacht. What??? Sie hängt gleich noch eine zweite, für sie wichtige Begegnung dran. Bei einem Interview, das sie mit einem CEO einer Uhrenmarke führte, sagte er recht von  oben herab. «Ihr Mädels müsst bezüglich Netzwerk eines lernen. Ihr müsst gemeinsam was erleben. Immer nur essen gehen, das reicht nicht. Wir Jungs kennen das vom Militär, wenn  man mal gemeinsam durch den Schlamm gerobbt ist, dann verbindet das.» Wichtig, und da wird sie ernst, sei, was sie aus diesen Männer aussagen gelernt habe. Dass Erlebnisse zusammenschweissen, etwas tun, nicht nur reden. Solidarität. Das, so Triebl, sei die einzige Berechtigung eines Netzwerkes. «Wir sind kein Püppliclub, unser Leitspruch «What can I do for you?» ist genau so gemeint. Zusammen etwas auf die Beine stellen, ein Commitement füreinander eingehen, das sei die Essenz eines Netzwerks.

Die «Business-Sisterhood»

2007 startet Sandra-Stella Triebl ihr Sisterhood-Universum «Swiss Ladies Drive» mit drei Projekten: einem Printmagazin mit dem Namen «Ladies Drive», einer Website, sehr innovativ im Jahr 2007, und der Eventreihe «Bargespräche». Warum alles auf einmal? «Weil ich immer gesagt habe, ich möchte gerne wissen, wer das Magazin liest. Ich möchte keine Blackbox haben an Leserinnen und Lesern, sondern ich möchte die sehen und ganz nah dran sein.» Der Gedanke, ein Magazin für Frauen zu lancieren, kam aus der Not, oder besser gesagt, aus dem Wunsch, ein Businessmagazin zu lesen, in dem Autorinnen schreiben. «Männer sind facts- und figures-based, Frauen erzählen Geschichten», sagt Triebl. Viele Männer in ihrem Umfeld gaben dem Vorhaben keine Chance und prophezeiten ein baldiges Aus. Das spornte Sandra-Stella nur noch mehr an. «Ich war sicher ein wenig beratungsresistent, folgte einfach meinem Weg.»

Um das Unternehmen zu gründen, hat Sandra-Stella ihr Konto leer geräumt und sich komplett dem Projekt verschrieben. Das war volles Risiko. Kein Netz beim Absturz. Konstant sucht und findet sie Autorinnen für die Ausgaben, die viermal pro Jahr erscheinen, spricht non-stop mit Partnern, mit Kundinnen, mit Frauen bei den regelmässig stattfindenden Bargesprächen und spannt so ein Netz, das sie bis heute trägt.

Sandra-Stella Triebl ist eine gefragte Gesprächspartnerin.

«Es ist nicht immer kuschelig»

Jeder Rappen geht ins Unternehmen, da müssen andere Dinge zurückstehen. Zusammen mit ihrem Mann lebte sie acht Jahre im Appenzell in einem Haus ohne Badewanne, ohne Geschirrspüler, mit Schimmel im Keller. «Wenn du diesen finanziellen Druck hast, dann ist nicht immer alles kuschelig.» Aber es hilft ihr noch heute, 14 Jahre später, dabei, Prioritäten zu setzen und nicht gierig zu werden, zu machen, nicht auf den Profit zu schauen. Herz öffnen, Leben reinlassen, dranbleiben, so das Motto.

Sebastian Triebl ist seit 1999 an der Seite von Sandra-Stella, seit 2004 sind sie verheiratet. Er ist Musiker. Als er sieht, dass seine Frau Tag und Nacht arbeitet, unterstützt er sie, wenn er nicht gerade eine Platte aufnimmt oder auf Tour ist. Inzwischen «gehört ihm die Hälfte des Unternehmens». O-Ton Sandra-Stella. «Ich war natürlich froh um die Unterstützung, aber hey, ich hatte einen Rockstar geheiratet. Und plötzlich ist der so daheim und macht Grafik, Beratung und Internet. Da mussten wir beide unsere Rollen neu definieren. Und jetzt in der Pandemie mussten wir es wieder, weil er gesagt hat, jetzt bist du die ganze Zeit da, das ist ja schon ein wenig lästig.» Sie lacht, ja, wieder dieses laute, wunderbare Lachen. «Man muss sich einfach immer wieder neu finden.» Heute leben sie immer noch im Appenzell, in einem Haus mit Badewanne und ohne Schimmel – aber die Demut ist geblieben. «Mein Haus, mein Konto, mein Wagen, mein Mann», das interessiert sie nach wie vor nicht. «Slow and steady wins the race», so das Lebensprinzip.

Viermal pro Jahr erscheint das Magazin Ladies Drive.

«League of Leading Ladies»

Als eine Freundin aus dem Netzwerk 2013 vorschlägt, man könne doch aus dem Haufen «verrückter Hühner» ein weiteres Businessmodell starten, fällt Sandra-Stella die Domain ein, die sie sich vor Jahren schon hat reservieren lassen. «League of Leading Ladies», Triple L statt Triple A, wie sie schmunzelnd zusammenfasst. Gesagt, getan. Der Businessclub wird gegründet. Statt einer Generalversammlung gibt es eine öffentliche Konferenz, um die Durchlässigkeit zu wahren. Nun findet diese Konferenz jährlich statt. Hinzu kam vor vier Jahren noch das Female Innovation Forum, ein interaktives Konzept, wo Gründerinnen auf der Bühne ihr Produkt pitchen, Senior Innovators Vorträge halten und ihre Erfahrungen weitergeben. Zusätzlich gibt es eine Award Night mit dem Female Innovator of the Year Award. «Wenn wir was machen, machen wir es gescheit», fasst Sandra-Stella das gesamte Sisterhood-Universum zusammen.Der LLL Club ist «Ladies only». Alles andere ist inkludierend. «Wir können ja nicht Inklusion fördern und sie selbst dann nicht leben.» Aber eben, manchmal tue es einfach gut, wenn Frauen unter sich sind, denn: «Wir haben sehr diverse Ansichten. We agree to disagree. Wir sind uns häufig nicht einig. Es ist wohltuend, einfach mal Dinge neu zu justieren, zu hinterfragen, besser zu machen. Damit man nicht satt und bequem wird.» Das sei gefährlich. Wer eine Monokultur um sich schare, nur Menschen, die gleich ticken, die einem dauernd auf die Schulter klopfen, das sei langweilig. Hungrig nach Kritik, das ist Sandra-Stella Triebl, und das möchte sie auch bleiben.

Lehrjahre

Sandra-Stella Knickenberg (seit der Heirat Triebl) wächst im Fricktal auf. Mit ihrer Mutter, die das Zepter fest in der Hand hält, zwei sehr viel älteren Brüdern und ihrem Vater, den sie als herzensgut beschreibt. Sie ist das Nesthäkchen und ein absolutes Wunschmädchen. Bis sie ihren Charakter freisetzt, gewitzt, frech, fröhlich und vorlaut. Das erzeugt Spannungen mit der Mutter, die auch zu Streit und Unverständnis führen. «Ich war furchtbar anstrengend und ebenso gesprächig. Ich habe wahnsinnig viel gelesen, mein Vater hat mir das angedeihen lassen.» Der Vater ist es auch , der mit der kleinen Sandra-Stella in die Kinderoper nach Zürich geht. «Da kriege ich heute noch Gänsehaut und fange an zu weinen, wenn ich die Musik höre», sagt sie und wird für einen Moment ganz still.

Als ein Nachbar der Familie die 15-jährige Sandra-Stella als Radiotalent vors Mikrofon einlädt, beginnt eine Medienliebe, die sich bis zum Studiumsende durch ihr Leben zieht. Endlich haben ihr Mundwerk und die Gescheitheit ein Ventil gefunden. Nach der Matura studiert sie in Zürich Biologie, Publizistik und Politik. Wäre sie nicht gern auch ins Ausland gegangen? Die Mama hatte 20 Jahre lang Krebs, der Vater erkrankte an Multipler Sklerose. «Da war für mich klar, ich kann nicht ins Ausland. Ich möchte mich um die Eltern kümmern.» Bereuen tut sie nichts, sie würde sich immer wieder gleich entscheiden. Im Lebenslauf wäre es schon schön, so ein Auslandsstudium, aber abschliessend zu diesem Thema sagt sie: «Ich lebe mein Leben nicht, weil ich einen schönen Lebenslauf haben will. Oder ich irgendwelche Checklisten abhaken muss.» Punkt.

Nach dem Studium hat sie erst einmal genug von Medien und heuert an bei Zurich Financial Services im Headquarter PR Department. Dort fehlt ihr aber das eigenständige Arbeiten, sie will mehr Entrepreneurship und zieht weiter. Sie bekommt ein Jobangebot von der Aargauer Regierung, um die Feierlichkeiten für das 200-Jahr-Jubiläum zu leiten. Sandra-Stella erkennt
die Riesenchance. 133 Projekte in einem Jahr mit einem Multimillionen-Schweizer-Franken-Budget. Das Team arbeitet gefühlt Tag und Nacht, verwandelt beim «Baregg 3 Fest» die dritte Bareggröhre in eine Disco. 400’000 Leute in der Röhre mit Einsatz vom Militär. «Ich hatte das Gefühl, dass ich mir 20 Jahre Berufserfahrung sparte, weil das alles so kondensiert war.»

Das Projekt geht zu Ende. Und nun? Der Staatsschreiber sagt ihr, für eine Karriere in der Politik und in der Verwaltung müsse sie noch ein bisschen an sich arbeiten. Vor allem die Hierarchien besser anerkennen und sich besser leiten lassen. Leiten lassen? Ich bin doch kein Hund, denkt sie sich, und damit ist es besiegelt. Sie macht sich selbstständig.

Klingt gut, aber bitte, wie? Ohne Vorbilder starker Businessfrauen in ihrem Umfeld ist Sandra-Stella gezwungen, ihren eigenen Weg zu gehen, mit allen Umwegen, Stolpersteinen und Stürzen. Der Mann an ihrer Seite, der feste Glaube an den Fluss des Lebens und ihre unerschütterliche Naivität den Dingen und Menschen gegenüber helfen ihr, sich durch den Strom der Selbstständigkeit zu manövrieren. «Menschen haben die Tendenz, alles festhalten zu wollen, alles in den Status zu bringen und das irgendwo in ein Regal zu stellen, und da soll es dann bleiben. Das ist nicht meine Lebensweise», resümiert sie.

Im Videopodcast-Stuio: Sandra-Stella Triebl mit Anna Kohler von m&k.

Und dann kommt Corona

«Es klingt zynisch, aber wir haben sogar profitiert von der Krise», sagt sie. Swiss Ladies Drive mit allen Eigenmarken verhalte sich wie ein Speedboat in einem Meer voller träger Tanker. Jede Unit sei eigenständig aufgestellt, Konzepte zu Webinaren, hybriden Veranstaltungen waren alle schon lange in der Schublade, hatte man doch am Anfang noch keine festen Locations für die Live-Events. Homeoffice ist Standard, hatte Swiss Ladies Drive doch nie ein teures Büro in Zürich City. Das Magazin gewinnt neue Leserinnen und Leser, die Community schickt kurz nach dem ersten Lockdown schon Kurzvideos und teilt ihre Erfahrungen auf der Website der Sisterhood. Und was hat Corona mit Sandra-Stella Triebl privat gemacht? «Corona hat mich devoter dem Leben und unseren Mitmenschen gegenüber gemacht.» Umso wichtiger: «What can I do for you?»


Videopodcast mit Sandra-Stella Triebl

Grundlage des Porträts ist das Gespräch von Anna Kohler mit Sandra-Stella Triebl im Videopodcast-Studio.



SISTERHOOD: Swiss Ladies Drive

Magazin: «Ladies Drive» kommt viermal pro Jahr heraus und wird von bis zu 30 Autorinnen beschrieben.

Website und Social Media startete gleichzeitig mit dem Printmagazin und hält die Community samt Newsletter auf dem Laufenden.

Bargespräche, Events/Club digital/Club privé: Bargespräche, digitale Clubgespräche mit Gästen, gemeinsame Dinner mit ausgesuchten Speakern.

Businessclub: Mitglieder des Clubs haben Anspruch auf einen Platz an den Bargesprächen, diese sind sehr schnell ausgebucht.

League of Leading Ladies Club: Businessclub für Frauen in internationalen Führungspositionen mit regelmässigen Online-Masterclasses und einer jährlich stattfindenden Konferenz.

Female Innovation Forum: Ganztägiger Event mit interaktivem Workshop sowie Award Night.

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