Fachchinesisch: Was bedeutet eigentlich «Big Bath»?

Benno Maggi erklärt in seiner Kolumne «Fachchinesisch» Begriffe aus dem Marketing- und Kommunikationsbereich. Dieses Mal geht es um den Begriff «Big Bath» aus dem Finanzwesen, und wie sich Unternehmen ihm in der Coronakrise unterziehen.

Big Bath

Ein Begriff, der uns in den nächsten Monaten noch verfolgen wird, ist Big Bath. Dieser stammt aus der Finanzwelt, weil dort ja – wie bei uns auch – gern auf Englisch fabuliert wird. Aber was bitte ist genau damit gemeint?

Bei einem Big Bath können verschiedene legale Techniken angewandt werden, um die Ergebnisse nach unten und die Boni anschliessend in die Höhe schiessen zu lassen. Wortwörtlich lässt sich der Begriff zunächst mit «grosses Bad» übersetzen, was schon fast nach Wellness klingt. In Tat und Wahrheit handelt es sich jedoch um einen Buchhaltungsbegriff, der sich dadurch definiert, dass das Management-Team eines Unternehmens wissentlich seine Gewinn- und Verlustrechnung manipuliert, um schlechte Ergebnisse noch schlechter aussehen zu lassen. Damit erscheinen zukünftige Ergebnisse dann besser. Der Kniff ist, dass dabei Dinge den Bach runtergeschickt werden, die eigentlich gar nicht zu einem bestimmten Ereignis gehören, sich aber einfach gut dafür eignen, mitgemeint zu sein.

 

Corona als Sündenbock für alles

Die aktuelle Corona-Krise ist so ein Ereignis. Für viele kommt dieses Virus gerade recht, sich einem ebensolchen Big Bath zu unterziehen. Sie schieben dem armen Ding alles in die Schuhe, was die letzten Jahre verpennt oder verschlampt wurde, statt sich einzugestehen, eben doch nur ein Schönwetterkapitän gewesen zu sein. Auf Deutsch gäbe es gleich mehrere und inhaltlich präzisere Formulierungen für diese Tätigkeit, nur klingen sie einfach weniger geschmeidig.

Analog ist damit nämlich die kalte Dusche gemeint, inhaltlich das grosse Reinemachen und etymologisch knallhart: Schwamm drüber! Zum Beispiel über versäumte Digitalisierung, ineffiziente und veraltete Prozesse oder hierarchische Organisationsformen mit Titel wie Junior Art Director, Assistant Art Director, Creative Director, Executive Creative Director und weiteren Hemmnissen, die unsere Branche satt und träge machen. Angesagt ist also Fitness und nicht Wellness.

Benno Maggi ist Mitgründer und CEO von Partner & Partner. Er lauscht seit über 30 Jahren in der Branche und entdeckt dabei für uns Worte und Begriffe, die entweder zum Smalltalken, Wichtigtun, Aufregen, Scrabble spielen oder einfach so verwendet werden können.

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