Wirksame Strategie gegen Streuverlust

Die Auswirkungen der Digitalisierungsdynamik bekommt heute fast jedes Unternehmen zu spüren. Daraus resultieren in der Marktbearbeitung zunehmend hohe Streuverluste. Autor Christoph Spengler zeigt auf, wie man dem entgegenwirken kann.

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Der bekannte Ausspruch «50 Prozent des Budgets sind einfach zum Fenster rausgeworfen – ich weiss nur nicht, welche Hälfte.» hat die grössten Innovationen der letzten 100 Jahre überlebt, selbst das Internet. Je nach Situation oder Quelle wird das Bonmot mal dem Automagnaten Henry Ford, mal dem Warenhauskönig John Wanamaker zugeschrieben. Dass ein solcher Satz nach dutzenden von Jahren immer noch auftaucht, könnte darauf hindeuten, dass die Frage weiter brandaktuell und nach wie vor unbeantwortet ist.

Kommunikation ohne Streuverluste

Kommunikation und Streuverlust gehören bekanntlich zusammen wie Licht und Schatten. Eher Nonsens sind daher Aussagen wie «Onlinewerbung hat keinen Streuverlust». Erstaunlich ist umso mehr, dass Streuverlust fast ausschliesslich mit Paid Media in Verbindung gebracht wird und Owned sowie Earned Media meistens völlig ausgeblendet werden.

Nicht überraschend führt ein völlig unterschiedliches Begriffsverständnis der beteiligten Akteure auch häufig zu Konfusion. Die Gretchenfrage ist letztlich, ob für die Beurteilung des Streuverlustes überhaupt zeitgemässe und relevante Beurteilungskriterien herangezogen werden.

Eine der weitverbreitetsten Definitionen im Internet verdeutlicht die Problematik: «Streuverlust ist, wenn eine Kampagne nicht ausschliesslich die Zielgruppe erreicht, sondern auch von Personen gesehen wird, die nicht zur Zielgruppe gehören.» Nur mal laut gedacht: Wie ist das zu benennen, wenn genau diejenigen ausserhalb der definierten Zielgruppe nachweisbar letztlich noch kaufen? Streugewinn? Das geht gar nicht! Auch zwei Schlüsselwörter in der Begriffsdefinition für Streuverlust regen zumindest zum Nachdenken an:

1. Sehen

Wir alle wissen, dass «sehen» (aus der Kundensicht) bzw. «gesehen werden» (aus der Unternehmensperspektive) allein für den Markterfolg nicht ausschlaggebend ist. In der Customer Journey braucht es für eine erfolgreiche Marktbearbeitung noch weitere Schritte wie etwa die Aktivierung der Kunden, die zum Kauf führt.

2. Zielgruppe

Natürlich muss man seine Zielgruppe kennen. Die Fokussierung auf soziodemographische Zielgruppen im Marketing stammt jedoch aus einer Zeit, in der z.B. Alter, Geschlecht und Einkommen mit konkreten Kauf- und Konsumgewohnheiten gleichgesetzt werden konnten. Heutzutage haben auch Millionäre Freude an «Schnäpplis». Und so überrascht es nicht, dass soziodemographische Merkmale bei der Definition von Zielgruppen nur noch wenig helfen.

Wie Streuverlust vermieden werden kann

Unternehmen versuchen, den teuren Streuverlust möglichst gering zu halten. Das daraus folgende Minimieren und Optimieren von Strategien und Kampagnen birgt die Gefahr, dass der Werbedruck rasch unter die Wirkungsschwelle absackt. Das Verteilen von mageren Budgets auf viele Einzelmassnahmen oder Budgettöpfchen führt immer häufiger zum Totalausfall: Selbst avisierte Zielgruppen «sehen» die Massnahmen nicht. Vor allem bei klassischen Offline-Medien wird aufgrund von Unterinvestitionen oft zu wenig Werbedruck erzeugt. In anderen Worten: Das ganze Budget fliegt zum Fenster raus, 100 Prozent. Problematisch ist es, wenn im Rahmen der Erfolgsbewertung daraus noch die falschen Schlüsse gezogen werden.

Die wichtigsten Ursachen für dieses Phänomen sind aktuell: unklare Ziele, wenig präzise Zielgruppenbeschreibungen, Nutzung von zu vielen Medien, unpassende Touchpoint- Kombinationen, zu kurze Kampagnendauer und zu kleine Budgets. Um den Kommunikationserfolg auch in Zeiten von sinkenden Reichweiten sicherzustellen, kann man an verschiedenen Punkten ansetzen. Zum einen sollten Budgets regelmässig überdacht werden. Zum anderen bedarf es einer Fokussierung auf wenige ausgewählte Massnahmen und deren cross-mediale Beurteilung.

Wirkungstransparenz herstellen

In einer sich immer schneller wandelnden Kommunikationswelt ist dies nicht so einfach wie es sich anhört, denn in der Regel fehlen schlicht die Kennzahlen für eine effiziente und effektive Steuerung der Marktbearbeitung über die gesamte Customer Journey. Um die relevanten Kennzahlen zu generieren, braucht es deshalb eine empirische Messung. Durch sie wird ganzheitliche Wirkungstransparenz für Owned, Paid und Earned Touchpoints geschaffen, die es ermöglicht, das 50 Prozent-Potenzial der geschätzten Herren Ford und Wanamaker systematisch und messbar zu erschliessen.

Der Autor: Christoph Spengler ist Gründer und Managing Director von Accelerom, einem international tätigen Beratungs- und Research-Unternehmen mit Sitz in Zürich. Seit über zehn Jahren verzahnt Accelerom Managementpraxis und innovative Forschung und begleitet Kunden von der Analyse bis zur Umsetzung. Dabei dreht sich alles um die Perspektive des Kunden und seine Customer Journey in Marketing, Vertrieb, Kommunikation und Services – immer ganzheitlich, immer messbar, immer mit Wirkung und Wirtschaftlichkeit im Fokus. Christoph Spengler schreibt regelmässig in der Printausgabe der Werbewoche. Dieser Artikel wurde bereits in der Werbewoche 15/2018 vom 21. September 2018 publiziert.

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