Schreiben: Kunst, Handwerk – oder Relikt der Vergangenheit?

Professionelle Schreiberlinge haben es in unserer Zeit ja nicht besonders leicht: Entweder man schliesst ihnen die Zeitung unter der Tastatur weg, weil die werbefinanzierten Modelle nicht mehr gelten, oder ein Roboter schreibt ihnen den Job weg, weil sein Text auch recht gut ist, der Robowriter aber nicht müde wird und 24/7 Texte ausspuckt. Wie kann […]

Professionelle Schreiberlinge haben es in unserer Zeit ja nicht besonders leicht: Entweder man schliesst ihnen die Zeitung unter der Tastatur weg, weil die werbefinanzierten Modelle nicht mehr gelten, oder ein Roboter schreibt ihnen den Job weg, weil sein Text auch recht gut ist, der Robowriter aber nicht müde wird und 24/7 Texte ausspuckt. Wie kann man sich da noch positionieren?

Der Tod des Journalismus

). In der Schweiz wäre das dann in ca. 7 Jahren der Fall. Kleinere Titel wie den Tessiner Giornale del Popolo erwischt es halt schon etwas vorher. Amerikanische Zeitungen sind als erste gestorben. Wohl weil in Amerika die Werbegelder früher als in anderen Ländern in Online Medien abgewandert sind. Das Muster ist recht klar, Rettungsmassnahmen sind keine in Sicht. Ausser ein Mäzen wie Jeff Bezos leistet sich ein Publikationsorgan wie die Washington Post. Unter seinen Fittichen soll das Blatt sogar kommerziell erfolgreich sein!Newspaper_Extinction_Timeline-page-001

Schreiben als Kunst ist brotlose Kunst

Als Erstes stelle ich also fest: Schreiben verstanden als Kunst, ist brotlose Kunst. Edelfedern und sonstwie Anspruchsvolle werden sich überlegen müssen, wie sie kommerziell über die Runden kommen wollen. Besonders im kleinen Markt Schweiz.

Das Handwerk als Option?!

Dann bleibt da also noch die Option des Handwerks. Ehrliches und gutes Handwerk hat schon viele Revolutionen überlebt, weil Text ein gutes und effizientes Kommunikationsmittel ist und bleibt. Boom von Videoplattformen hin oder her.

In der handwerklichen Nische könnte also die Eine oder der Andere sein Heil finden. Wir sprechen also von gut performenden Werbetextern, eloquenten PR-Textern, gut kaschierenden Pressetextern, emotional packenden Storytellern oder suchmaschinenoptimierenden Produktetextern.

Im Journalisten-Lingo gebrandmarkt als die «dunkle Seite», denn hier geht es weniger um investigativen Journalismus als um Texte für Auftraggeber.

Ohne maschinellen Support geht’s kaum noch

Aber immerhin können Texter hier noch ein Einkommen erzielen mit ihrer Leidenschaft. Leidenschaft, die sie allerdings mit Maschinen «teilen» müssen, denn ohne maschinellen Support wird es heutzutage immer schwieriger, mit seinen Texten z.B. via Suchmaschinen gefunden zu werden.

Als Beispiel will ich hier mal die«Content Experience» der deutschen Firma Searchmetrics bemühen: Via strukturierte Content-Briefings aus Google Trefferlisten steht dem Autor ein mächtiger Wissensschatz zur Verfügung, der«nur» noch in einen passenden Text konvertiert werden muss.

Würde ich beispielsweise einen Artikel über das «Ende des Journalismus» schreiben wollen, würde die Content Experience darauf hinweisen, dass ich wohl das Buch «Lückenpresse» von Ulrich Teusch lesen sollte.

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geschrieben.Als Zweites stelle ich also fest: Im Handwerklichen gibt es für Schreiber noch Zukunft! aus Stuttgart. Letztere produziert allein 1 Million Texte pro Tag…

Langfristig … düstere Aussichten!

Hier ein Preisbeispiel des Video Untertitel-Dienstes von Wistia.com. Sie bieten computergenerierte Untertitel für 25 Rappen pro Minute. Innert Minuten logischerweise. Wer 99% Qualität will, lässt einen menschlichen Schreiber ran. Der kostet dann CHF 2.50 und liefert innert vier Arbeitstagen. Wer die Untertitel innerhalb eines Arbeitstages braucht, bezahlt CHF 4.00 pro Minute. Oder 16 Mal mehr als für die Maschine. Für ein 2-Minuten Video wären das also 8 Franken. Davon sind noch die Akquisekosten für den Auftrag abzuziehen sowie der administrative Aufwand für die Rechnungstellung. Und die Kosten für die Büroinfrastruktur.Gute Nacht… werden immer mächtiger, so dass auch dort massenweise automatisiert neue Texte entstehen. . Als bemühter Schreiberling ist das nicht die Zukunft, die ich mir wünsche. Allerdings verdiene ich meine Brötchen eben genau nicht mit Schreiben. Oder wieviel hätten Sie für das Lesen dieses Artikels bezahlt? Eben.Weiterführende Literatur:News kam mit dem Telegraphen auf und ist nicht mehr zeitgemäss https://medium.com/s/story/face-it-you-just-dont-care-about-the-news-anymore-e34649174166

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