«Fachmedien haben eine hohe Leser-Blatt-Bindung»

FACHMEDIEN Der Mix der Werbekanäle wird immer breiter. Schweizer Fachmedien bleiben als Werbeplattformen zwar attraktiv, müssen bezüglich Qualität und Reichweite aber hohe Anforderungen erfüllen. Dies zeigt eine Umfrage bei verschiedenen Schweizer Werbeauftraggebern. Fachmedien sind als Werbeträger nach wie vor relevant, die Qualitätsanforderungen sind allerdings gestiegen. Im Jahr 2013 generierte die Schweizer Presse Netto-Werbeumsätze von 1’615 […]

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Fachmedien sind als Werbeträger nach wie vor relevant, die Qualitätsanforderungen sind allerdings gestiegen. Im Jahr 2013 generierte die Schweizer Presse Netto-Werbeumsätze von 1’615 Millionen Franken. Davon entfallen 104 Millionen Franken oder knapp 6,5 Prozent auf die Fachpresse. Das sind 5,6 Prozent weniger als im Vorjahr, die Abweichung gegenüber dem 10-Jahres-Durchschnitt beträgt 12,5 Prozent. Wie die aktuellen Zahlen der Stiftung Werbestatistik Schweiz zeigen, haben Fachmedien weniger an Attraktivität eingebüsst als andere Medien im Printbereich. So verzeichnete die Tages-, Wochen- und Sonntagspresse einen Rückgang von 10,6 Prozent, bei den Publikums-, Finanz- und Wirtschaftsmedien gingen die Netto-Werbeumsätze im vergangenen Jahr um 8,4 Prozent zurück.«Printmedien haben hohe Bedeutung»Weshalb Fachzeitungen und -zeitschriften trotz der grossen Konkurrenz durch neue Kanäle wie Social Media noch immer als Werbeträger genutzt werden, erklärt Manfred Strobl, CEO des Marketingdienstleisters OmnicomMediaGroup, folgendermassen: «Printmedien haben bis auf weiteres eine hohe Bedeutung. Die Marktanteile sind zwar nicht mehr auf dem Niveau der letzten Jahre, aber die Qualität, die Leser-Rezeption und die Erreichbarkeit insbesondere spezifischer Zielgruppen ist nach wie vor das Novum von Print.»Auf Fachmedien würden diese Kriterien in noch grösserer Relevanz zutreffen. «Fachzeitschriften und -zeitungen haben in der Regel eine noch höhere Leser-Blatt-Bindung und unterliegen traditionell einer etwas anderen Nutzungsstruktur und -situation. Häufig sind diese Publikationen bereits ‹Institutionen› einer Branche», sagt Strobl. «Hier kommunizieren Fachpersonen auf einer B2B-Plattform, und die Qualität der redaktionellen Arbeit ist wichtig für die Transparenz und Innovation in den jeweiligen Sektoren.»Dies gelte auch für die Werbung, denn das kontextuelle Umfeld und das Leserinteresse strahlten auf Inserate und Advertorials ab. Parallel dazu würden Fachmedien im Online-Display an Bedeutung gewinnen, da es vermehrt situatives Lesen und mobile Nutzungssituationen gebe, die das gedruckte Exemplar im Gegensatz zum Computer oder mobilen Endgerät nicht mehr abdecken könne. Dieser Kanal sei auch wichtig für die Google-Suche, denn wenn Informationen nicht über eine prominente Suchmaschine auffindbar seien, würden sie weniger wahrgenommen.Inserate nerven nichtToni Vetterli, Marketingleiter bei der Branchenorganisation Schweizer Medien, ist ebenfalls von der Wirksamkeit der Fachmedien als Werbeträger überzeugt. Er verweist auf die Kampagne «Das kann nur ein Inserat», die unter anderem hervorhebt, dass Inseratenwerbung nicht nerve, glaubwürdiger und kostengünstiger sei als andere Werbung, und dem Leser Zeit lasse, Informationen aufzunehmen.Publikationen der Fachpresse erfüllten im professionellen Umfeld wichtige Funktionen als Informations-, Kommunikations- und Werbemedien. «Dank ihrer inhaltlichen Fokussierung auf Fach- und Themenbereiche, ihrer redaktionellen Kompetenz und Glaubwürdigkeit und ihrer Rolle als Meinungsführer mit hoher Leserbindung sind sie wichtige Bindeglieder zwischen den Teilnehmern ihres spezifischen Marktes», sagt Vetterli.Inserate in Fachmedien: ja oder nein?Eine Umfrage bei Schweizer Unternehmen zeigt, dass diese Argumente für die Auftraggeber relevant sind. Ob Fachzeitschriften und -zeitungen tatsächlich als Werbeplattformen genutzt werden, hängt allerdings von weiteren Kriterien ab. So erklärt Prisca Huguenin-dit-Lenoir, Head of Corporate Communications bei der Hotelplan Group, der Reiseveranstalter Hotelplan Suisse setze auf nationale Print-Titel für Werbung. Fachzeitschriften berücksichtige man nicht, da es in der Reisebranche nur noch eine einzige Fachzeitschrift gebe. Wichtige Faktoren für eine Inserate-Schaltung seien Reichweite und Preisattraktivität.Coop investiert laut Karin Heliopoulos, Werbung und Branding, zwar 60 Prozent seines Werbebudgets in Printmedien, belegt aber vor allem die eigenen Titel. «Da wir uns immer an Endkunden richten, werben wir nicht in Fachmedien», so Heliopoulos.Der Schweizer Alpen-Club SAC dagegen ist gemäss Kommunikationsleiterin Heidi Schwaiger auf Sponsoren und Partner angewiesen, um Kampagnen umzusetzen und schaltet aus Budgetgründen kaum Inserate.Mediamix ist ausschlaggebendAndere Firmen werben in Fachzeitschriften, weil sie Wert auf einen guten Mediamix legen. Wie Benno Estermann, Head of Public Relations bei Siemens Schweiz, erklärt, inseriert Siemens im Printbereich ausschliesslich in Fachmedien. Durchschnittlich würden 10 Prozent des gesamten Marcom-Budgets auf Inserate und Anzeigen entfallen.«Die Inserate sind eine sinnvolle Ergänzung zu unseren Aktivitäten auf den Online-Kanälen und den eigenen Kundenmagazinen. Zusammen mit der Pressearbeit und der persönlichen Kommunikation mit den Kunden wollen wir eine angemessene Präsenz in den wichtigsten Fachmedien sicher stellen und unsere Kunden bestärken, dass sie auf den richtigen Partner setzen», sagt Estermann. Inserate in gedruckter Form hätten in den letzten Jahren zwar an Bedeutung verloren, seien aber trotzdem wichtig. Da heute ein guter Mix zwischen On- und Offline nötig sei, nutze man aber zusätzlich andere Kanäle.Wichtig für Siemens Schweiz sei zudem eine regelmässige Präsenz auf Know-how-Plattformen und -Veranstaltungen von Verbänden und Interessensgruppen. Bei den Fachmedien fokussiere man die Aktivitäten auf Lead-Medien in den jeweiligen Branchen. «Die Titel-Auswahl treffen wir in Absprache mit den einzelnen Geschäftsbereichen und ausgewählten Kunden. Je nach Neulancierung einer Lösung kann es Verschiebungen geben. Zudem wird die Titelwahl regelmässig überprüft und wenn nötig kurzfristig angepasst», sagt Estermann.Ansprechen wolle man vor allem Fachleute, Know-how-Träger und technische Entscheider in den unterschiedlichsten Branchen. Aufgrund der sehr unterschiedlichen Bereiche, in der Siemens tätig sei, sei die Ansprache eines breiten Zielpublikums kaum möglich und für das Unternehmen nur in seltenen Fällen sinnvoll.Mehr Werbekanäle, gleichbleibendes WerbebudgetAuch für Electrolux ist gemäss Marketing- und Kommunikationsleiterin Bernadette Grossenbacher ein guter Mediamix wichtig. Das Unternehmen investiert rund 40 Prozent des Werbebudgets in Printmedien, wovon wiederum 20 Prozent auf Fachzweitschriften entfallen. «Damit wir unsere Zielgruppe erreichen, muss die Medienstrategie und damit auch der Mediamix stimmen», so Grossenbacher. Dabei habe die Bedeutung von qualitativ guten Fachmedien in den letzten Jahren etwas zugenommen. Am häufigsten inseriere Electrolux in Wohnzeitschriften, mit der Werbung wolle man klar definierte Zielgruppen im B2C- und B2B-Bereich ansprechen.Peter Brun, Chief Communication Officer bei Kuoni, erklärt, der Anteil an Printinseraten, den Kuoni schalte, habe parallel zu den Werbetätigkeiten im Internet abgenommen, da sich die Werbebudgets nicht automatisch vergrösserten, wenn mehr Werbekanäle vorhanden seien. «Als B2C-Unternehmen in der Schweiz mit einem klaren Sales-Fokus bei den Konsumenten machen Fachmedien nur dort Sinn, wo sie den Produkten unserer Marken entsprechen. Deshalb fokussieren wir auf hochwertige Magazine im Luxusbereich», sagt Brun. Diese eigneten sich vor allem für Imagewerbung oder eine Imagekampagne wie sie Kuoni letzten Herbst mit «Reise deinen Traum» durchgeführt habe. «Direkte Produktewerbung, die den Preis im Zentrum hat, funktioniert im Internet am Besten. Fachmagazine eignen sich dazu nicht», erklärt Brun.«Streuverlust relativ gering»Mitbewerber TUI Suisse investiert jährlich zwischen 2 bis 3 Prozent des gesamten Marketingbudgets in Fachmedien. «Print gehört zum Multichannel-Marcom-Mix. Wir sind zielgruppenspezifisch in On- und Offline-Medien aktiv», sagt Director Corporate Communications Roland Schmid. Am häufigsten inseriere TUI Suisse in touristischen Fachzeitschriften für die B2B-Kommunikation, auch wenn diese zahlenmässig zurückgegangen seien. Hier sei der Streuverlust relativ gering, weshalb sie sich gut für die Vermittlung von Neuheiten, Exklusivitäten und Besonderheiten sowie die Verstärkung von Botschaften eigneten.Die Swisscom wendet rund einen Fünftel des Werbebudgets für Printmedien und davon unter 5 Prozent für Fachzeitungen und -zeitschriften auf. Laut Sprecher Konrad Merz ist die Bedeutung von Fachmedien im Print-Online-Mix konstant geblieben, hat sich jedoch tendenziell in Richtung online entwickelt. Da der Fokus auf dem B2B-Bereich liege, inseriere die Swisscom in branchenspezifischen Zeitschriften aus dem Banken- und Versicherungswesen. «Wir setzen auf Printinserate, weil wir dadurch mit wenigen, ausgewählten Publikationen sehr viele potenzielle Kunden einer spezifischen Zielgruppe erreichen können», sagt Merz.Hohe QualitätsanforderungenWie diese Stimmen zeigen, sind Fachmedien als Werbeträger nach wie vor relevant. Um im Zeitalter von Social Media zu bestehen, in dem Werbung digital, mobil, interaktiv, nachhaltig und fokussiert ist, müssen Fachzeitungen und -zeitschriften jedoch hohe Qualitätsanforderungen erfüllen, um von den Auftraggebern weiterhin berücksichtigt zu werden.Autorin: Denise Weisflog

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