Swiss Media Forum 2018: Verlage proben den Schulterschluss

Wer 2017 die «Elefantenrunde» am Swiss Media Forum miterlebte, der ging gespannt in die diesjährige Zusammenkunft der Schweizer Top-Medienmacher. Damals waren Marc Walder und Pietro Supino wegen der Causa Admeira heftig aneinander geraten, es fielen Begriffe wie «miese Politik». Man fragte sich also: Wird sich das 2018 wiederholen? Moderatorin Susanne Wille jedenfalls hatte  vorgesorgt und bat zu […]

Wer 2017 die «Elefantenrunde» am Swiss Media Forum miterlebte, der ging gespannt in die diesjährige Zusammenkunft der Schweizer Top-Medienmacher. Damals waren Marc Walder und Pietro Supino wegen der Causa Admeira heftig aneinander geraten, es fielen Begriffe wie «miese Politik». Man fragte sich also: Wird sich das 2018 wiederholen? Moderatorin Susanne Wille jedenfalls hatte  vorgesorgt und bat zu Beginn der  «Elefantenrunde» jeden der Teilnehmer, etwas dezidiert Positives zu ihrem Gegenüber zu sagen.

Medienhäuser erkennen die Zeichen der Zeit

Das war charmant und sorgte für Lacher beim Publikum, wäre aber wohl nicht einmal nötig gewesen. Die Stimmung auf dem Podium, das diesmal auf dem Kongress-Schiff MS Diamant stattfand, war auch so kollegial und konstruktiv. In einem Punkt waren sich die Anwesenden nämlich apriori einig: Die Schweizer Medienbranche hat schon bessere Zeiten gesehen, insbesondere was die (im freien Fall befindlichen) Werbeeinnahmen angeht.80 Prozent der gesamten Online-Werbung, so die Einschätzung von Marc Walder, würden Häuser wie Ringier oder Tamedia an Plattformen wie Facebook verlieren, die mittlerweile den meisten UserInnen als Gateway dienen. Um dieser Entwicklung zu begegnen, sei eine vertiefte Zusammenarbeit der national führenden Akteure unabdingbar.Swiss Media ForumWalder sprach gar von einem «Überlebenskampf», für den es einen Schulterschluss brauche. Der Ringier-Manager ergänzte, man führe bereits «allererste Gespräche» (zumindest Gilles Marchand war bei jenen wohl nicht dabei, denn er sagte, er höre von der Idee einer Kooperation zum ersten Mal…). So oder so zeigten sich Marchand, Supino und Graf offen, auf den Vorschlag ihres Kollegen Walder einzugehen.

Gemeinsames Login, geteilter Datenpool

Die Zusammenarbeit, deren Eckdaten bis Ende des laufenden Jahres formuliert werden sollen, könnte unter anderem ein gemeinsames Login für (zahlungspflichtigen) News-Content beinhalten. Dann müssten sich beispielsweise NZZ-Online-User keinen separaten Account für Tamedia-Titel mehr zulegen und vice versa, was die User Experience attraktiver gestalten würde. Auch ein geteilter Datenpool, in den anonymisierte Nutzerdaten aller Verlage fliessen, sei denkbar – als Argumentationsgrundlage gegenüber dem Werbemarkt.

Marcello Foa als Überraschungsgast

Neben der «Elefantenrunde» gab es noch ein weiteres «Highlight» am Swiss Media Forum: Ganz spontan tauchte als Überraschungsgast der designierte RAI-Präsident Marcello Foa auf. Der italienisch-schweizerische Doppelbürger war bisher für den «Corriere del Ticino» verantwortlich und wurde nun zum mächtigsten Mann der italienischen Staatsmedien berufen. Eine Entscheidung, die darauf schliessen lässt, dass die aktuelle Regierung von Ministerpräsident Salvini auch die sozialdemokratisch geprägte RAI schnell auf ihren Kurs bringen will.Foa gab sich auf der Bühne konziliant, aber dass man ihm im Palazzo Chigi wohlgesonnen ist, liegt gewiss auch daran dass er sich in der Vergangenheit als Blogger immer wieder rechtspopulistisch geäussert hat. Von Homosexualität und offenen Familienmodellen hält er ebenso wenig wie von der Europapolitik Deutschlands und Frankreichs, bejubelte aber die Siege von Anti-Establishment-Politikern in diversen Ländern.Swiss Media ForumInteressant also, dass sich Marcello Foa auf die Rückfrage von Susanne Wille hin naiv zeigte: Er sei immer schon ein unpolitischer Mensch gewesen, aber eben auch ein «Freidenker», der sich von niemandem den Mund verbieten lasse. Eine rechtskonservative Tendenz wollte er in seinen Aussagen der Vergangenheit nicht erkennen – das sei alles Stimmungsmache gegen ihn. Der Vorwurf, die eigenen «Gegner» orchestrierten eine ungerechte Kampagne ist übrigens ein beliebtes Stilmittel bei Polit-Populisten nicht nur in Italien.Und noch ein solches Stilmittel verwendete Foa, als er der RAI unterstellte, sie habe bis anhin tendenziös über bestimmte Themen berichtet (damit, so darf man annehmen, meinte er wohl die Kritik an der Lega Nord-Cinque Stelle-Regierung). Als Präsident wolle er sich für «wahrhaftig freie» Berichterstattung einsetzen. Was das bedeutet, weiss bis anhin nur er selbst. Wenn Kritik an der Regierung ihm allerdings «Unfreiheit» bedeutet – wäre dann Gleichschaltung der Staatsmedien in dieser verdrehten Logik «Freiheit»?

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