Wie erreicht man seine Mitarbeitenden?

Die Liste der eingestellten Mitarbeiterzeitungen liest sich wie das Who’s who der Schweizer Wirtschaft. Unternehmen aus dem Banken- und Versicherungsgeschäft wie Swiss Re, Swiss Life, Julius Bär CS und Raiffeisen verzichten auf die gedruckte Mitarbeiterzeitung. Tamedia und NZZ sind die prominentesten Vertreter aus dem Pressebereich, welche ihren Mitarbeitern keine Zeitschrift mehr zustellen.Print, Online, beides oder […]

Die Liste der eingestellten Mitarbeiterzeitungen liest sich wie das Who’s who der Schweizer Wirtschaft. Unternehmen aus dem Banken- und Versicherungsgeschäft wie Swiss Re, Swiss Life, Julius Bär CS und Raiffeisen verzichten auf die gedruckte Mitarbeiterzeitung. Tamedia und NZZ sind die prominentesten Vertreter aus dem Pressebereich, welche ihren Mitarbeitern keine Zeitschrift mehr zustellen.Print, Online, beides oder alles in Kombination?Von den 100 grössten Schweizer Unternehmen veröffentlichen noch 60 Prozent eine gedruckte Mitarbeiterpublikation. (Quelle: Perikom Faktencheck 2017). Oft wird die Druckversion zusätzlich als PDF-Datei zur Verfügung gestellt. Selten werden eigens aufbereitete Online-Versionen erstellt, welche interaktiven und audiovisuellen Content enthalten.MK hat Kommunikations-Experten befragt, wie Unternehmen ihre Mitarbeiter heute am besten erreichen, welche Kanäle gewählt und welche Inhalte vorzugsweise vermittelt werden.Interne Kommunikation muss mobiltauglich werdenIK goes mobile, davon ist Cordula Rieger, Mitglied der Geschäftsleitung Farner Consulting AG, Zürich, überzeugt. Für die Interne Kommunikation (IK) ist das Intranet derzeit das Leitmedium bei den meisten grossen Schweizer Firmen. Der interne Kommunikationskanal wird jedoch mehr und mehr von mobilen Dialog-Plattformen und «Corporate Chats» abgelöst. Nur so können auch Mitarbeitende im Aussendienst oder solche ohne PC-Arbeitsplatz mit ihren privaten Endgeräten erreicht werden. Beispiel: Globus hat seine interne Kommunikation in den Filialen komplett auf die interne Chat-App Beekeeper umgestellt.Offline-Renaissance?Trotz oder gerade wegen der zunehmenden Digitalisierung erleben wir eine Art «Renaissance der Offline-Kommunikation». Townhall Meetings, Management-Konferenzen oder auch das gute alte Mitarbeiterfest bleiben wichtige Bestandteile des IK-Mix. Dabei gilt: Tendenziell trifft man sich seltener physisch. Aber wenn, dann richtig: zu hochwertigen Events, echten Interaktionen und emotionalen Erlebnissen. Und wie immer: Totgesagte leben länger. Die gedruckte Mitarbeiterpublikation hat bei den Empfängern immer noch oder wieder einen hohen Stellenwert.Wer soll was kommunizieren?Die Frage weist auf ein zentrales Dilemma der internen Kommunikation hin: Die Kommunikationsabteilungen kommunizieren naturgemäss das, was dem Management am Herzen liegt, also «grosse Themen» wie Visionen und Strategien. Die Mitarbeitenden suchen vor allem zwei Dinge: klare Orientierung zur Ausrichtung des Unternehmens und konkrete Informationen zu den «kleinen, nahen» Themen. So untersuchte ein Kunde detailliert die Nutzung der verschiedenen Intranet-Inhalte, um zu eruieren, welche mobil verfügbar sein müssten. Auf den Top-Plätzen landeten das aktuelle ­Menü der Cafeteria und der Belegungsplan der Sitzungszimmer.Auch beim Inhalt geht es um den richtigen Mix – und die Kunst, verschiedenste Inhalte attraktiv umzusetzen und in relevante «Geschichten» für die Mitarbeitenden zu verpacken.Die Branche bestimmt den KommunikationskanalWie und worüber informieren sich die Mitarbeitenden aktuell? Für Jana Leonhard, Beraterin bei Prime Communications in Zürich, sind dies die ersten Fragen, um den Ist-Zustand zu erfassen.Der richtige Kanal, um Mitarbeitende zu erreichen, ist erfahrungsgemäss stark branchenabhängig. So erreicht ein Dienstleistungsunternehmen seine Mitarbeitenden heute am schnellsten über den digitalen Kanal. In industriellen Betrieben hingegen, mit vielen Produktionsarbeitenden, wird man mit einem gedruckten Mitarbeitermagazin mehr Mitarbeitende erreichen als über digitale Kanäle.Fragen, die eine Antwort verlangen:– Inhalt: Können die Inhalte über den gewählten Kanal klar transportiert werden?- Schnelligkeit: Wie schnell kann oder muss die Zielgruppe erreicht werden?- Akzeptanz: Werden die gewählten Kanäle tatsächlich genutzt und akzeptiert?- Dialog- und Feedbackfähigkeit: Ermöglicht der Kanal den Austausch von Ideen und Meinungen?- Emotionalität: Können über den Kanal Emotionen vermittelt werden?Ob digital oder gedruckt, die Erfahrung in der internen Kommunikation zeigt: Ein ausgewogener Themen-Mix ist und bleibt das A und O für den Erfolg der Internen Kommunikation – vorausgesetzt, die Mitarbeitenden werden über die richtigen Kanäle angesprochen.Digitaler oder persönlicher Kontakt, was kommt an?Digitale Kanäle haben den Vorteil, dass Informationen schnell und global zur Verfügung gestellt werden können, sofern Internet vorhanden ist. «Je nach Botschaft stehen unterschiedliche Formate zur Verfügung, von kurzen Texten bis hin zu Videos, welche authentischer wirken als ein gedrucktes Magazin», so Dr. Cornelia Bachmann, Inhaberin P-Art. Auch ein Dialog könne einfacher mit digitalen Plattformen angestossen werden, zum Beispiel mit Enterprise Messaging Tools, die ähnlich funktionieren wie das beliebte WhatsApp.«Nicht zu unterschätzen ist neben Print die gute alte Face-to-Face-Kommunikation, die sich für die Vertrauensbildung und die Diskussion von komplexen, emotionalen Themen nach wie vor empfiehlt», so Bachmann.Wie hütet man sich vor Fehlern?«Schiessen Sie nicht einfach los, sondern erstellen Sie ein Konzept», rät Bachmann. «Beziehen Sie die Personalabteilung, die Vertretung der Arbeitnehmenden und Mitarbeitende in die Konzeption sowie allenfalls in einen Test mit ein. Fragen Sie, welche Inhalte für die Mitarbeitenden von Bedeutung sind, lassen Sie diese partizipieren.» Interne Kommunikation könne nur erfolgreich sein, wenn sie von den Mitarbeitenden akzeptiert wird.Die Kommunikationskanäle können je nach Unternehmensgrös­se unterschiedlich gewählt werden. Welche schlussendlich genutzt werden, ist meist eine Frage der Ressourcen. «Eine regelmässige, offene und transparente Kommunikation ist aus meiner Sicht zentral», sagt Andreas Schneider, Geschäftsführer und Inhaber F+W Communications. «Crossmediale Nutzung des Contents macht Sinn, da man mit einer Mitteilung mehrere Kanäle bespielen kann.»Regelmässigkeit vermittelt SicherheitSo könne es nützlich sein, Themen, welche im Intranet oder via E-Newsletter angerissen werden, in einem monatlich oder vierteljährlich erscheinenden Mitarbeitermagazin zu vertiefen.«KMU mit verschiedenen Standorten sollen auch die Möglichkeit in Betracht ziehen, Mittagstische im Zweimonatsrhythmus durchzuführen», sagt Schneider. «So hat die Geschäftsleitung die Möglichkeit, an den jeweiligen Standorten zu aktuellen Geschehnissen Stellung zu beziehen.» Dies könne gerade bei Unternehmen Sinn machen, bei welchen die Mitarbeiter häufig ausserhalb der Standorte tätig sind. So könne die Bindung zum Unternehmen gestärkt werden.Welche Inhalte kommen gut an?Eine umfassende Abdeckung über verschiedene Kanäle ist für Tanja Hollenstein, Mitglied der Unternehmensleitung bei cR Kommunikation, sehr wichtig. Die Mitarbeitenden sollen einfachen Zugang zu Informationen haben, mit den Mitteln, mit denen sie vertraut sind. Auch Mitarbeitende ohne Computerzugang sollen via Handy Zugriff auf die Informationen haben.Komplexe unternehmerische Themen sollen spielerisch über verschiedene Kanäle vermittelt werden, damit die Sachverhalte verstanden werden können. Ein Dialog soll angeregt, in Gang gesetzt und auf verschiedenen Stufen im persönlichen Austausch geführt werden. Ergänzend werden oft Themen favorisiert, welche für Mitarbeitende auch privat interessant sind und dennoch einen Bezug zum Unternehmen haben können. Zusätzlich stärken Themen wie Sport, Freizeit oder Mobilität die Mitarbeiterbindung.

Weitere Artikel zum Thema