Corporate Newsroom: Zukunft oder vorübergehender Trend?

Seit Oktober 2015 koordiniert die Axa Winterthur ihre Kommunikation aus einem Corporate Newsroom.Unternehmen setzen vermehrt auf Corporate Newsrooms. Sie fassen ihre Kommunikationsabteilungen in einer räumlichen und organisatorischen Einheit zusammen und koordinieren von dort aus alle operativen Kommunikationsbelange. Ist diese neue Unternehmensform ein Trend oder kann man schon von Zukunft reden? Hat die klassische Kommunikationsabteilung ausgedient?Ein […]

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Seit Oktober 2015 koordiniert die Axa Winterthur ihre Kommunikation aus einem Corporate Newsroom.Unternehmen setzen vermehrt auf Corporate Newsrooms. Sie fassen ihre Kommunikationsabteilungen in einer räumlichen und organisatorischen Einheit zusammen und koordinieren von dort aus alle operativen Kommunikationsbelange. Ist diese neue Unternehmensform ein Trend oder kann man schon von Zukunft reden? Hat die klassische Kommunikationsabteilung ausgedient?Ein Blick in die UnternehmenDas Institut für Angewandte Medienwisschenschaft der ZHAW Zürich nahm sich der aufstrebenden Organisationsform an und befragte Schweizer Unternehmen sowie Verwaltungen zu ihren Strukturen. Insgesamt zeigt sich, dass der Corporate Newsroom stärker in Unternehmen verbreitet ist als in Verwaltungen. So gaben von den 77 Befragten 20 an, über einen Newsroom zu verfügen. Weitere 15 Organisationen haben vor, diesen 2017 einzuführen. Erstaunlich ist auch der Anteil zu den Unternehmen, die nicht wissen, was ein Corporate Newsroom ist. Acht Prozent gaben an, nichts von dieser Organisationsform zu wissen. Die weiteren Resultate beweisen, dass die Vorstellungen eines Newsrooms abstrakt sind, besitzen doch mehr Unternehmen und Verwaltungen Newsroom-typische Merkmale, als sie sich selber zuschreiben.//DIE FÜNF MERKMALE EINES CORPORATE NEWSROMMS1. Untereinheiten: Strukturierung nach Themen, Inhalten2. Räumliche Organisation: Grossraumbüro3. Individuelle Zuständigkeit: Nach Themen4. Besprechung der Nachrichtenlage: Tägliche Sitzung zur Erörterung der Aktualität5. Wissensmanagement: Ein grosser Teil der Mitarbeitenden hat einen Überblick darüber, welche Themen von wem bearbeitet werden.Quelle: IAM aus dem Bericht «Corporate Newsrooms in der Schweiz»//Die Merkmale eines Corporate NewsroomsIm zweiten Befragungsschritt wurden die Teilnehmenden gefragt, inwiefern sie Newsroomtypische Organisationsstrukturen und -abläufe besitzen. Dafür wurden fünf Kriterien definiert. Bezüglich der räumlichen Organisation gaben 26 von 70 an, ihre Kommunikation in einem Grossraumbüro durchzuführen. Darunter sind 18 Unternehmen, welche über keinen Corporate Newsroom verfügen. Zudem gehört die Besprechung der Nachrichtenlage zum Alltag, und damit hat auch die Mehrheit der Mitarbeitenden einen Überblick über die Themen. Deutlich differenziert wird im Aufbau. So organisiert eine grosse Mehrheit ihre Kommunikationsabteilung nach wie vor nach Zielgruppen und Kanälen. In einem Corporate Newsroom jedoch stehen die Inhalte und Themen im Zentrum.Nicht überall, wo Corporate Newsroom steht, ist er drinZusammenfassend zeigt die Studie eine beachtliche Verbreitung von Corporate Newsrooms – ein Trend, welcher laut dem Institut für Angewandte Medienwisschenschaft der ZHAW noch weiter anhalten wird. Jedoch sind nicht überall, wo von einem Corporate Newsroom die Rede ist, auch Newsroom-typische Merkmale vorhanden. So gaben zehn Organisationen an, über einen Corporate Newsroom zu verfügen, weisen aber nur ein bis zwei Newsroom-typische Merkmale auf. Gleichzeitig sind die fünf als Newsroom-typisch definierten Kriterien inzwischen offenbar so relevant in den Kommunikationsabteilungen, dass sie auch dort anzutreffen sind, wo kein Newsroom vorhanden ist.Der Corporate Newsroom in AktionWährend die Studie noch von einem Trend spricht, spielt die Zukunftsmusik aus einer anderen Richtung. Intensiv mit der Thematik befasst hat sich Neidhart + Schön. Die Realisationsagentur ist spezialisert auf  Unternehmenskommunikation und bietet entsprechende Systemlösungen an. Mit dem Tool «ns.wow» haben Unternehmen die Möglichkeit, redaktionelle Beiträge zu erfassen und online zu veröffentlichen. Um den Interessenten den Corporate Newsroom näherzubringen und das Tool vorzustellen, organisierte Neidhart + Schön zwei Workshops. In denen wurden nicht nur die Funktionen eines Corporate Newsrooms genauer erklärt (Grafik), sondern Unternehmen eingeladen, welche Einblicke in ihre Unternehmensstruktur gewährten. Diese erklärten unter anderem, warum sie einen Corporate Newsroom aufgebaut haben.
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Quelle: Neidhart + SchönMehr Fokus auf die ThemenDazu gehört die Axa Winterthur. Die Versicherung stellte innerhalb eines halben Jahres einen Corporate Newsroom auf, welcher im Oktober 2015 in Betrieb genommen wurde. «Die Kommunikationsabteilung der Axa Winterthur war bislang nach Zielgruppen organisiert. Wir haben die Abteilungen wie externe, interne Kommunikation und Medienstelle zusammengelegt. Neu stehen die Themen- und Medienkompetenzen im Vordergrund », erklärt Lorenz Heinzer, Leiter Kommunikation der Axa Winterthur. Aus dem Newsroom werden die Unternehmenszeitschriften koordiniert, Videobeiträge produziert, Medienarbeiten erledigt und auf Social Media positioniert. Ausserdem wurde der Axa Blog lanciert, auf welchem intensives Storytelling rund um die Axa stattfindet. Für diese neuen Aufgaben wurden gemäss Newsroom-Merkmalen die Themen- und Channelmanager geschaffen. Insgesamt arbeiten zwölf Mitarbeitende im Hub, welche für alle Zielgruppen zuständig sind. «Die Themenmanager verantworten die vernetzte  Kommunikation ihres Dossiers gegenüber allen Zielgruppen, seien es Medien, Mitarbeitende oder Öffentlichkeit. Aufgabe der Channelmanager ist es, den Themenmix im jeweiligen Kanal zu wachen und diesen ständig weiterzuentwickeln», so Heinzer.Gründe für einen Corporate NewsroomFür den Corporate Newsroom hat sich das Team aus sechs Gründen entschieden. «Wir haben zum einen festgestellt, wie viele andere Kanalgrenzen zwischen den Zielgruppen erodieren, und zum anderen, wie die Anforderungen an den Content gestiegen sind.» Ausserdem hat die Digitalisierung insbesondere die junge Generation abgeholt. «Man muss selbst zum Publisher werden, um diese Zielgruppe beispielsweise in denSocial Media zu erreichen», erläutert der Kommunikationsleiter. Als dritten Grund nennt Heinzer die Axa-Struktur, welche bislang intern getrieben war. Mit dem Corporate Newsroom will man sich mehr nach  ussen richten und zum Newsgenerator werden. Dafür ist wiederum Schnellligkeit und Visualität gefragt, welche nur durch den Newsroom gewährleistet werden können. «Mit dem Multimedia-Experten haben wir eine neue Stelle geschaffen, um Videos und Infografiken zu erstellen. Zudem bilden wir neu Mediamatiker aus», so Heinzer weiter. Als letzten Grund nennt er die Zusammenarbeit mit Medien, welche durch den Newsroom optimiert werden kann.Über den Berg zum ErfolgZur grössten Herausforderung zählt Heinzer den Wechsel im Team. Jemand, der nur Unternehmenskommunikation gemacht hat, war plötzlich Pressesprecher. «Man muss sich bewusst sein, dass ein Newsroom  eine massive Veränderung bedeutet, bei welchem man die Mitarbeitenden nicht überfordern darf», erklärt er. Hierbei muss man auf sie eingehen, eine hohe Toleranz zeigen und schulen. Nach einem Jahr kann dasCorporate-Newsroom-Team Bilanz ziehen: «Wir haben es geschafft, in der Öffentlichkeit präsenter zu sein. So konnten wir 39 Prozent mehr positive neutrale Erwähnungen in der Presse und 450 Prozent mehr  Reichweite generieren», berichtet Heinzer. Die Ziele seien aber noch nicht alle erreicht, zukünftig wollen sie sich noch stärker in den sozialen Medien positionieren.

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