Wie die Druckdienstleister in Zukunft überleben

DRUCKINDUSTRIE Die Druckindustrie befindet sich in Zeiten des Wandels: Digitale Medien, das Internet und veränderte Kundenerwartungen stellen die Industrie vor große Herausforderungen. Der «drupa Global Insights» Report verdeutlicht die gravierenden Veränderungen in der Branche, zeigt aber auch, dass die meisten Druckdienstleister sich nicht adäquat an den rasant wandelnden globalen Markt anpassen. Die Digitalisierung stellt die […]

industrial machine operator checking on machine while it's running
Die Digitalisierung stellt die Druckereien vor einige grosse Herausforderungen. Bis Mitte der 90-er Jahre fand sämtliche Kommunikation über analoge Medien wie Print, Rundfunk und Telefonie statt. Print galt als das älteste Medium der Welt, und Papier erfreute sich einer starken und stabilen Nachfrage. In den letzten 15 Jahren hat der Anteil der digitalen Kommunikation mit Einführung der digitalen Technologie stetig zugenommen, analoge Formen wurden an den Rand gedrängt.In diesem Zusammenhang ist es wichtig, die Strategien von Druckdienstleistern auf der ganzen Welt im Umgang mit diesen Herausforderungen eingehender zu betrachten und zu dokumentieren, welche Antworten die Druckindustrie auf diesen fundamentalen Wandel hat.Rückgang der NachfrageSo melden 46 Prozent des internationalen drupa-Expertenpanels in den letzten fünf Jahren einen Rückgang der Nachfrage nach konventionellen, nicht-digital gedruckten Produkten. Dem gegenüber steht bei 21 Prozent ein Anstieg der Nachfrage nach konventionellen Produkten. Eine genauere Analyse der Angaben nach Industriezweigen ergibt, dass der Verpackungssektor die besten Ergebnisse erzielt, denn in diesem Bereich erlebt nur ein erheblich kleinerer Anteil einen Rückgang von 14 Prozent, verglichen mit 33 Prozent bei Akzidenzdruckereien und 42 Prozent beim Verlagsdruck. Insgesamt neun Prozent verzeichnet eine rückläufige Nachfrage nach Papier. Dieses Ergebnis steht im Gegensatz zu einem Anstieg bei Pappe, flexiblem Material, Metall, Glas und textilen Stoffen.Den größten Teil der Ausgaben für Druckerzeugnisse generiert die Werbung, daher hat die stetige Verlagerung von Print zu digitalen Kommunikationsformen besonders drastische Folgen. Der relative Rückgang von Print trifft nicht alle Märkte gleichermaßen, einige Bereiche sind besonders stark betroffen. Beispielsweise Zeitungen: Sie mussten in den USA zwischen 1999 und 2012 einen Rückgang von 62 Prozent verbuchen. In derselben Zeit sank der Bedarf nach gedruckter Werbung um 60 Prozent, denn die Werbebranche setzte zunehmend auf digitale Kommunikation.Dagegen wird der Verpackungsbranche bis 2018 ein jährliches Wachstum von vier Prozent vorausgesagt. Der Grund liegt auf der Hand: Das Internet beeinträchtigt den Bedarf nach Verpackungen nicht. Auch Anwendungen im Bereich industrieller und funktionaler Druck verbuchen jährliche Wachstumsraten von rund 13 Prozent, allerdings von einem niedrigeren Niveau ausgehend.Die digitale FlutUm den drastischen Wandel in der Kommunikation zu verstehen, bedarf es einer genauen Betrachtung der Entwicklung digitaler Techniken in den vergangenen 25 Jahren: Ständige Kosteneinsparungen und die zunehmende Leistungssteigerung von Computerchips, immer schnellere Netzwerke mit stärkerer Bandbreite und der rasante Anstieg von miteinander vernetzten Usern haben das Internet innerhalb kürzester Zeit enorm wachsen lassen.Zieht man noch die mobile Kommunikation in Betracht, wird schnell klar, warum digitale Technologien den Markt dominieren und sich alle anderen Kommunikationskanäle in einem relativen Rückgang befinden. So waren 2012 bereits 35 Prozent der Weltbevölkerung über Internet miteinander verbunden. Und 2013 waren weltweit bereits 3,4 Milliarden Handynutzer registriert, also etwas weniger als die Hälfte der Weltbevölkerung.Das alles macht deutlich: Print ist Teil einer vielschichtigen Kommunikationsindustrie. Konsequenterweise müssen sich Druckdienstleister zunehmend IT-basierten Technologien zuwenden. Doch die Realität sieht – noch – anders aus: Lediglich 23 Prozent des drupa-Expertenpanels verzeichnete in den letzten fünf Jahren einen Anstieg seiner IT-Ausgaben, und praktisch alle befragten Entscheidungsträger konstatieren einen Mangel an IT-Fachkräften.Der Wechsel zur digitalen KommunikationEine Reihe von Faktoren lässt sich zur Erklärung des rasanten Wechsels zur digitalen Kommunikation während der letzten 30 Jahre heranziehen:• Digitale Kommunikation ist schnell.• Interaktivität hat große Vorteile.• Der Verbraucher hat sich daran gewöhnt, ständig online zu sein – und das auf den unterschiedlichsten Plattformen
print_grafik
Marketingexperten prüfen alle verfügbaren Kommunikationswege und entscheiden sich schließlich für das Format, das am besten ins Budget passt und die höchste Responsequote erzielt. Dabei kann Print bei Multichannel- Kampagnen einen immensen Vorteil verbuchen. Die durchschnittliche Responsequote auf postalische Mailings liegt laut Angaben bei 3,4 Prozent, auf E-Mails hingegen nur bei 0,12 Prozent. Eine attraktive, viel versprechende Lösung ist daher die postalische Kommunikation, die den Verbraucher über interaktive Elemente auf digitale Kanäle führt.Suche nach zusätzlichen EinnahmequellenWie reagieren die Akzidenzdruckereien im drupa- Panel auf diese Herausforderung?Im Allgemeinen suchen sie nach zusätzlichen Einnahmequellen, indem sie neue Dienstleistungen wie Web-to-Print (W2P), Kundendatenmanagement, Digital Asset Management (DAM) und andere internetgestützte Tools in ihr Portfolio aufnehmen.Druckereien für Zeitungen, Zeitschriften und Bücher sehen sich einem ähnlich dramatischen Wettbewerb mit dem Internet ausgesetzt. So lag 2012 der Umsatz der Online-Werbung in den USA höher als der Gesamtumsatz von gedruckter Werbung in Zeitungen und Zeitschriften zusammen. Bei dieser Abwanderung gehören die Zeitungsverlage definitiv nicht zu den Profiteuren. Laut Berechnungen liegt der Gewinn der Verlage aus jeder digitalen Werbung bei 1 USD – demgegenüber steht ein Minus von 25 USD, das durch die Abwanderung von Printwerbung entsteht. Doch während die Umsätze für Zeitschriftenverlage im digitalen Bereich rasant steigen (vor allem bei B2B-Produkten), wird es noch viele Jahre dauern, bis die Erlöse aus Printwerbung und Vertrieb als gegenwärtig noch wichtigste Einnahmequelle komplett versiegen.Print-on-Demand und DigitaldruckBei Büchern ist es ähnlich: Auch hier wird das gedruckte Buch für Druckereien noch einige Jahre als wichtigste Einnahmequelle bestehen bleiben. Doch die Vertriebsstruktur für Buchverlage sieht sich seit einiger Zeit drastischen Veränderungen ausgesetzt, ausgelöst von den aktuellen Trends des eCommerce und dem rasant wachsenden digitalen Print-on-Demand (PoD). Die Verbreitung von eBooks nimmt zwar zu, ist aber eher Ergänzung zu gedruckten Büchern und weniger eine Alternative. Ein weiterer Aspekt aus dem Buchbereich: PoD führt dazu, dass Bücher nicht mehr permanent vergriffen sind, sondern im Rahmen von so genannten Self-Publishing-Modellen immer wieder neu aufgelegt werden können.Die Mitglieder des drupa-Expertenpanels aus dem Verlagsdruck haben sich diesen Herausforderungen gestellt, indem sie Print-on-Demand oder kleinauflagigen Digitaldruck anbieten, sich an eCommerce-Prozessschritte anpassen und eine Vielzahl neuer Dienstleistungen anbieten, wie Kundendatenmanagement oder Dateien an alternative Ausgabegeräte anpassen. Während sinkende oder bestenfalls stagnierende Umsatzzahlen bei der Buchherstellung gemeldet werden, vermeldet der kleinauflagige Digitaldruck ein Wachstum von 59 Prozent und der Bereich der digitalen on-Demand-Produkte einen Anstieg von 51 Prozent.Nachhaltigkeit gewinnt an BedeutungDas Thema Nachhaltigkeit ist von zunehmender Wichtigkeit für Verlage, Marketingexperten und Verbraucher. Die Debatte hat sich weiterentwickelt: Jenseits von polemischen Anti-Papierparolen erkennt man zunehmend die Umweltverträglichkeit und den Nutzen von digitalen Infrastrukturen, die mittlerweile unter Berücksichtigung ihrer Nachhaltigkeit sehr viel effektiver an ihre Verwendung angepasst und mit den jeweils adäquaten Medienkanälen verbunden werden. Vor diesem Hintergrund hat das Expertenpanel einen Wandel im Papiereinkauf der Kunden ausgemacht, der sich am deutlichsten bei der steigenden Nachfrage nach Produkten von Eco-zertifizierten Papierlieferanten zeigt.Der ungebremste Anstieg des eCommerceIn den letzten 20 Jahren hat sich eCommerce in vielen Ländern vom Nischenmarkt zu einem gigantischen Geschäft entwickelt, das praktisch alle Industriezweige und die meisten Verbraucher betrifft. Die Wachstumsraten sind beeindruckend; sogar der weitgehend saturierte Markt in den USA verzeichnet ein jährliches Wachstum von acht Prozent. China setzt bereits zu einem Überholmanöver an: Bis 2015 werden die USA beim Online-Handel überholt sein und sich das jetzige Volumen bis 2020 verdreifacht haben. Der eCommerce bietet viele Vorteile, die diesen Boom erklären. Mit einer Zunahme der Internetnutzer per Smartphone (mCommerce) wird sich dieses rasante Wachstum noch beschleunigen.Die Studie unterstreicht die bereits erkennbaren, weit reichenden Folgen des eCommerce für die Musikbranche, Verlage, Großhandel und Banken. Doch die Printbranche hat sich bisher nicht ausreichend bemüht, das große Potenzial dieser Entwicklung für sich zu nutzen. Während 51 Prozent der Panel-Mitglieder über Web-to- Print verfügen, geben nur 14 Prozent an, diesen Dienst für mehr als 25 Prozent ihrer Aufträge zu nutzen. Die Akzidenzdrucker im drupa-Panel bieten eine Vielzahl von Produkten zum Verkauf im Internet an, aber abgesehen von einigen wenigen Erfolgsgeschichten, hat eine kürzlich veröffentliche Studie aus den USA gezeigt, dass nur eine von vier W2P-Einrichtungen in Druckunternehmen als erfolgreich bewertet wurden.Im Bereich des Katalogdrucks berichten 47 Prozent des Panels von sinkenden Absätzen für konventionelle Printprodukte, 15 Prozent verzeichneten einen Anstieg – damit bleibt als Gesamtergebnis ein Rückgang von 31 Prozent. Gute Nachrichten gibt es bei versionierten Katalogen: Hier meldeten 47 Prozent einen Anstieg, 60 Prozent verzeichneten einen Anstieg bei Kleinstauflagen. Der Grund liegt auf der Hand: Die Werbung hat erkannt, dass gedruckte Kataloge den Onlinehandel ankurbeln, also ist Print ein wertvoller Verbündeter im eCommerce-Geschäft, wenn es Teil einer integrierten Multichannel- Kampagne ist.Kundenindividuelle Massenproduktion auf dem VormarschDie Industrie erlebt einen massiven Wandel: Der Trend geht weg von der Massenproduktion statischer Printprodukte hin zu einem ständig wachsenden Anteil kleinerer Digitaldruck-Aufträge bis zum kundenindividuellen Einzelexemplar. Ausgelöst wurde diese Entwicklung durch die Verbreitung von digitalen Kommunikationswegen und hochkomplexen Datenverwaltungs- und Workflowprozessen.Variabler Datendruck (VDP) ist die wichtigste Voraussetzung, um den veränderten Kundenwünschen optimal entsprechen zu können. Während bei statischen Druckprodukten ein leichter Rückgang (bis 2017: 0,5 Prozent pro Jahr) prognostiziert wird, erwartet man beim Digitaldruck eine Verdoppelung des bestehenden digitalen Printvolumens auf ein Gesamtvolumen von 14 Prozent bis 2017.72 Prozent der Akzidenzdruckereien im drupa- Panel bieten VDP an, davon berichten 56 Prozent über ein leichtes bis größeres Wachstum, das allerdings bei kleinem Ausgangsvolumen. So war für die Akzidenzdruckereien die Anschaffung eines digitalen elektrografischen Einzelblattdruckers im Herbst 2013 ihre wichtigste Investition. Eine weitere bemerkenswerte Entwicklung ist der rasant wachsende Markt für interaktiven Druck (QR-Codes, Augmented Reality). Er eröffnet Print eine wichtige Rolle beim Onlinehandel. So überrascht es nicht, dass 32 Prozent der Panelmitglieder mindestens eine solche Dienstleistung anbieten.Grosse Datenmengen als HerausforderungDer wichtigste Antriebsmotor kundenindividueller Massenproduktion ist das ständig steigende Aufkommen gespeicherter Digitaldaten – Stichwort Big Data. Die Datenmengen sind so groß, dass herkömmliche Analysen an ihre Grenzen stoßen. Für Online-Geschäftsdaten wird beispielsweise ein jährlicher Zuwachs von 40 Prozent prognostiziert. Doch nur geeignete Software und die zu ihrem Einsatz nötigen Fachkenntnisse ermöglichen ein sehr zielgenaues Marketing, bis in den komplett personalisierten Bereich – ob digital oder Print. Hier liegt eine große Chance für die Druckbranche: die Verwaltung und Analyse persönlicher Daten für ihre Kunden.Entlang der Wertschöpfungskette der Verpackungsindustrie hat man bereits mit Just-in-Time- und On-Demand-Geschäftsmodellen reagiert, um Projektzeiten zu reduzieren, Kosten zu senken und Ausschuss zu vermeiden. Technische Probleme wie präzises Farbmanagement sind bereits gelöst, und dank der zunehmenden Flexibilisierung der Produktionsabläufe lässt sich das neue Marktpotenzial optimal ausschöpfen. So ist es nicht verwunderlich, dass 50 Prozent der Experten aus der Verpackungsindustrie mindestens eine Form von interaktiven Druck im Portfolio haben: 43 Prozent realisieren Variablen Datendruck und 41 Prozent bieten kundenindividuelle Druckdienstleistung – wenn auch mit einem gegenwärtig noch geringen Anteil an SKUs (Stock keeping unit).Internet als Fluch und SegenDas Internet bietet Chancen zur Alleinstellung, hat aber auch den Wettbewerb um einzelne Aufträge verschärft, weil der Kunde seine Druckerei nicht mehr persönlich aufsuchen muss, und viel mehr Druckunternehmen auf globaler Ebene miteinander konkurrieren. Im Zuge der kundenindividuellen Massenproduktion sind neue Produkte zum Standardangebot Visitenkarten, Briefpapier hinzugekommen: Akzidenzdruckereien liefern nun auch Fotobücher und Kalender, industrielle Druckereien produzieren Dekorationsartikel. Mehr als 50 Prozent der Akzidenzdruckereien im drupa-Panel drucken kundenindividuelle Produkte, auch wenn dabei höhere Investitionen in spezielle Technologien und Werbemaßnahmen erforderlich werden, wie es beispielsweise bei Fotobüchern der Fall ist. Mehr als die Hälfte der Akzidenzdruckereien (51 Prozent) bietet Direktwerbung an, und obwohl die Zahlen auf einen starken Rückgang im Gesamtvolumen hindeuten, verzeichnet man bei zielgenauer Direktwerbung einen Zuwachs.Zusammenfassend ist zu sagen, dass die Druckindustrie sich im ersten Schritt noch stärker um Nähe zum Auftraggeber und seiner Kunden bemühen muss. Erst dann lässt sich das Potenzial von Personalisierung bzw. Versionalisierung von Druckprodukten erschließen.Mit dem Internet arbeitenEines steht fest: Das Internet ist eine Chance für Druckdienstleister und hilft, im Wettbewerb zu bestehen. Dabei hat es die Vertriebs- und Marketingstrukturen grundlegend verändert. Das drupa-Expertenpanel hat eingeräumt, sich nur unzureichend mit Neuerungen wie der Kundendatenverwaltung (lediglich 34 Prozent verwenden diese Technik), Webseitenanalyse (23 Prozent) und sozialen Medien (25 Prozent) auseinandergesetzt zu haben, und nur 17 Prozent nutzt diese Möglichkeiten bei integrierten Kampagnen, die erwiesenermaßen die beste Art darstellen, diese Kanäle zu nutzen.Stichwort „Customer Journey“ über mehrere Kanäle und ihre Wirksamkeit: Wie viele Druckdienstleister haben die „Customer Journey“ bei ihrem eigenen Unternehmen einer objektiven Analyse unterzogen? Ein Großteil der Mitglieder des drupa-Panels (84 Prozent) gaben an, FTP/ Upload-Portale zu nutzen, aber nur 55 Prozent verwenden eine automatisierte Preflight-Prüfung, 44 Prozent DAM. Überraschenderweise arbeiten nur 47 Prozent mit integrierter Kalkulation, Auftragsverwaltung und Jobtickets. 21 Prozent setzen ein automatisiertes System für die Auftragsabwicklung von der Anfrage bis zur Fakturierung ein.68 Prozent des Panels tätigt seinen Einkauf online, und 54 Prozent der Unternehmen, die mit MIS arbeiten, nutzen dieses auch mit Remotezugang. Soweit so gut – aber weniger als die Hälfte der Befragten verwendet das Internet zu Schulungszwecken, Personalsuche, Verbesserung der Business Intelligence oder zur Bonitätsprüfung. Das Ergebnis erstaunt: Nur eine geringe Anzahl von Unternehmen nutzt das Potenzial dieser Online-Dienste zur Steigerung ihrer Wettbewerbsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit.
digital_fazit_grafik
Die vollständige Version der Studie ist (in englischer Sprache) ab sofort zum Preis von 249,00 Euro bei der Messe Düsseldorf (www.drupa.de/1131) als PDF erhältlich.

Weitere Artikel zum Thema