Ein Stück in drei Akten – Storytelling für Unternehmen
Eine Geschichte ist nur so gut, wie man sie erzählt. Auch wenn Storytelling mittlerweile ein breitgeschlagener und geläufiger Begriff ist, gibt es doch nur wenige Anhaltspunkte, wie man als Unternehmen seine Geschichte «gut» erzählt. Die Live-Kommunikationsfirma Habegger hat sich auf dramaturgisches Erzählen spezialisiert. In einem Interview gibt Samuel Röthlisberger, Director of Creation bei der Habegger AG und Storytelling-Experte, Einblicke in seine Arbeit.

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Was ist «Storytelling»? Wie würdest du diesen Begriff zusammenfassen?
Samuel: Es ist heute wichtiger denn je, in der Zielgruppe Interesse zu wecken. Dies geschieht in erster Linie via Relevanz. Storytelling ist das ideale Werkzeug, um diese Relevanz zu erzeugen, denn das Wecken von Empathie und Emotionen führt dazu, dass ich mich für etwas interessiere – selbst wenn es mich nicht direkt betrifft.
Wie bringt man Habegger und den Begriff «Storytelling» zusammen?
Nebst dem Finden der Geschichte spielt auch das «Wie erzählen» eine grosse Rolle, also die Dramaturgie. Genau hier können wir die Kunden mit unserer langjährigen Erfahrung unterstützen. Wir erfinden nicht einfach eine Geschichte, sondern suchen sie zusammen mit dem Kunden und helfen dabei, die Geschichte auf eine Art und Weise zu erzählen, die bis zum Schluss spannend bleibt.

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Wie geht ihr vor bei der Suche nach dem «Wie»?
Dazu liegt unser Fokus auf der Frage: Was erwarten die Besucher, die Gäste oder das Publikum? Und wie können wir diese Erwartungen übertreffen? Das Übertreffen der Erwartungen ist das grosse Geheimnis. Dadurch schaffen wir merk-würdige Momente und damit eine nachhaltige Erinnerung. Deswegen suchen wir in einer Geschichte danach, wie man die Botschaft und das Kernelement einer Geschichte überraschend verpacken kann.
Warum sind Menschen so empfänglich für Geschichten?
Weil Geschichten unser Kopf-Kino laufen lassen. Unser Gehirn mag es, sich Dinge vorzustellen, sich von Emotionen leiten zu lassen. Geschichten lösen sehr individuelle Reaktionen aus und jeder Leser, Zuhörer oder Zuschauer fühlt sich auf seine eigene Art angesprochen. Abgesehen davon ist es ein wunderbarer Zeitvertreib. Aus meiner Erfahrung kann ich aber sagen: Je persönlicher eine Geschichte ist, desto aufmerksamer hören die Menschen zu.
Hat jedes Unternehmen das Potenzial zum Storytelling?
Absolut. Doch oft braucht es einen externen Blickwinkel, um die Geschichten überhaupt zu entdecken. Was für die einen Alltag und altbekannt ist, kann für andere sehr spannend und beeindruckend sein. Hier ist ein Perspektivenwechsel sicherlich zielführend.

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Was sind deine konkreten Tipps für Unternehmen, die Geschichten erzählen wollen?
1. Man muss bei Menschen nach Geschichten suchen.
Welcher Mensch hatte die Idee für ein Produkt, warum und unter welchen Umständen? Wie schwierig war der Weg vom Prototyp zum Endprodukt? Welche Hindernisse wurden überwunden, um welche Bedürfnisse anderer Menschen letztendlich damit bedienen zu können? Es geht darum, das Herzblut und die Leidenschaft zu zeigen. Egal wie unbedeutend etwas scheint, hinter jedem Detail eines Produkts oder Projekts stehen eine Idee, eine Vision und Menschen.
2. Die Dramaturgie ist entscheidend.
Es gibt bekannte Erzählstrukturen, die man einsetzen kann. Ich bediene mich gerne bei jener der Oper, wo man das Stück in drei Akte einteilt. Im Eröffnungsakt wird die Situation geschildert, im zweiten Akt erfahren wir etwas über das Problem, das sich anbahnt, und im dritten Akt folgt die Lösung. Diese Struktur hat sich nicht ohne Grund in allen Bereichen des Geschichtenerzählens sehr bewährt.
Gewinnt Storytelling deiner Meinung nach an Bedeutung?
Es war schon immer wichtig. Heute haben wir aber viel mehr Möglichkeiten und einen besseren Zugang zu anderen Geschichten, denn die Schwelle, um eigene Inhalte zu produzieren, liegt immer niedriger. Das sollte man auch als Firma nutzen. Menschen werden Geschichten immer lieben.

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