Front Conference: Design trifft Technologie

«Where Design Meets Technology»: Auf der Front Conference in Zürich präsentieren Designer und Developer gleichwertig nebeneinander. Burkhard Müller von der Hamburger Agentur Mutabor war als Speaker dabei – und hat seine Highlights für Werbewoche.ch zusammengefasst.

(Bilder: zVg.)

Ein Event mit Top-Organisation an einer grossartigen Location, dazu ein Speaker-Line-up auf internationalem Niveau: Der Besuch der Front Conference in Zürich Ende August hat sich definitiv gelohnt! Was waren meine persönlichen Höhepunkte?

Accessibility ist «the next big thing»

Laura Kalbag hat zur Eröffnung der Konferenz aufgezeigt, wie sich digitales Design zwischen den 1990er Jahren und der Gegenwart entwickelt hat. Von einem Spielplatz mit Pixel-Schriften und Websites aus Tabellen über die interaktiven Filme in Flash bis heute, wo wir nutzerzentrierte Services haben, die unseren Alltag verbessern. Vincent J. Brathwaite erläuterte, warum die Zukunft von Führung in der Kommunikation und Empathie für die Bedürfnisse aller liegt. Dabei zeigte er, wie sich Design als Disziplin in den vergangenen dreissig Jahren weiterentwickelt hat und «erwachsen geworden ist». Er plädierte dafür, dass Designer Verantwortung übernehmen: Nicht nur für die durchschnittlichen Nutzer, sondern auch Nutzer mit Schwächen und Beeinträchtigungen.

Designer können von den Alliierten lernen

Der spannende Vortrag über Fehler bei Design-Entscheidungen von Jon Yablonski, Autor von «Laws of UX», führte die Zuhörer in die Zeit des Zweiten Weltkriegs. Die Alliierten haben damals im Kampf gegen Nazi-Deutschland analysiert, an welchen konkreten Stellen ihre Flugzeuge beschossen wurden, um sie an diesen Stellen zu verstärken. Da sie allerdings nur die Maschinen untersuchten, die aus dem Einsatz zurückkehrten, setzten sie für ihre Optimierungen an den falschen Stellen an: Sie hätten bei besagten Maschinen, wie Yablonski erklärte, stattdessen die nicht getroffenen Stellen verstärken müssen, weil diese bei einem Treffer zum Absturz geführt hätten. Das Learning: Durch das Erheben unvollständiger Daten können entscheidende Fehler entstehen und die eigentlichen Probleme komplett übersehen werden.

PowerPoint ist noch zu retten

Wenn man PowerPoint startet, wird man als erstes gefragt, welches Template man möchte, anschliessend gestaltet man Seite für Seite und hat unendlich Möglichkeiten, die einzelnen Folien zu individualisieren. Und das ist ein Problem, denn PowerPoint befähigt Nutzer nicht, eine gute Geschichte zu erzählen, sondern lenkt mit vielen Spielereien davon ab. So zumindest die Position von Oliver Reichenstein, Gründer von «Information Architects», der mit seinem Studio vor über zehn Jahren den MS Word-Konkurrenten «iA Writer» entwickelt hat – ein iPad-Hit der ersten Stunde.

Bei der Front Conference hat Reichenstein nun die Antwort auf PowerPoint als Weltpremiere vorgestellt. Wie «iA Writer» besticht die neue App durch ihre Einfachheit: Startet man die App, schreibt man und strukturiert die Geschichte in Überschriften. Die Überschriften werden von der App automatisch auf Folien visualisiert, der restliche Text sieht der Präsentierende in den Notes. Optional können Bilder ergänzt werden. Layout und Formatierung übernimmt die App von selbst. Zielgruppe sind natürlich nicht Designer. In den Tests haben sich vor allem Professoren, Studierende und Schüler als Nutzergruppe hervorgetan. Die App wird in wenigen Wochen in den App Store kommen.

Voice-Interfaces haben die beste Zeit noch vor sich

Das Problem an Siri, Alexa und Co.: Als Nutzer sieht man nicht, welche Befehle man ihnen geben kann. Und technisch sind sie noch nicht so weit entwickelt, dass sie alles verstehen, was man ihnen sagt. Aber sie entwickeln sich schnell und wenn erst einmal die tausend häufigsten Fragen und Befehle sinnvoll bearbeitet werden können, werden sie an Momentum gewinnen. Front-Conference-Referent Ben Sauer empfahl den Anwesenden deshalb, sich jetzt darauf vorzubereiten und vor allem ihren Content zentral zu organisieren. Heute werden Chatbots, Call Center, FAQs und Alexa-Skill von unterschiedlichen Teams mit unterschiedlichem Content gepflegt. Voice-Interfaces haben eine Zukunft, dafür sollten sich Unternehmen heute aufstellen.

Jeder Service hat passive Nutzer

Je besser die Bedürfnisse der Nutzer erfüllt werden, umso beliebter und erfolgreicher ist ein Service. Aber jeder Service hat auch passive Nutzer, die ihn zwar nicht verwenden, aber trotzdem davon beeinflusst sind: E-Scooter, die wild auf der Strasse herumstehen, behindern Menschen. AirBnB lässt die Mietpreise in Metropolen für alle Anwohner:innen in die Höhe schiessen. Und das naheliegende: Fast Delivery Services führen zu volleren Strassen, Druck auf Lieferdienste und mehr Verpackungsmüll. Mein Beitrag für die Front Conference war deshalb, dass auch passive Nutzer Bedürfnisse haben und sie langfristig entscheidend für die Akzeptanz eines Services innerhalb der Gesellschaft sind.


* Burkhard Müller ist Chief Digital Officer bei der Hamburger Designagentur und Markenberatung Mutabor.

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