Rethink #2: Thank you for watching!

Im zweiten Teil der Artikelreihe «Rethink» schreibt Live-Lab-CD Jonathan Schwarz darüber, wie virtuelle Events die Teilnehmenden vereinzeln und wie neue Wege für den Aufbau persönlicher Communities geschaffen werden können.

Stellen Sie sich vor, Sie gehen zu einem Event. Einem realen Event. Doch leider kennen Sie niemanden. Und irgendwie schaffen Sie es auch nicht, zu einem der anderen Gäste persönlich durchzudringen. Jeder Ihrer Versuche, Kontakt aufzunehmen, geht im Stimmengewirr der anonymen Gästeschar unter.

Sie sehen auch weit und breit keine Hostess, keinen Gastgeber, kein Gesicht, das Sie persönlich ansprechen könnten. Sie sind allein auf weiter Flur und nun startet der Event. Sie setzen sich also irgendwo in die letzte Reihe. Inhaltlich ist das alles gar nicht mal so schlecht, was da vorne läuft, und dennoch finden Sie irgendwie keinen Bezug zu dem Ganzen. Der Event nimmt seinen Lauf, Sie sitzen die Zeit ab und gehen informiert, aber ohne eine einzige persönliche Konversation wieder nach Hause. Sie haben Neues gelernt, aber keine Bindung aufgebaut.

Thank you for watching!

Willkommen in der Welt von virtuellen Events. Ich bin überzeugt, dass es vielen Menschen, die aktuell an virtuellen Events teilnehmen, genauso geht wie mir: Virtuelle Events – und da spreche ich nicht von Meetings oder kleineren Roundtables, sondern Events mit mehr als 50 Gästen – erzeugen bei mir keine persönliche Bindung.

Zum einen gibt es aktuell schlichtweg immer noch viele technisch und dramaturgisch schlecht präsentierte virtuelle Events, die es einem als Gast schwer machen, dem Geschehen zu folgen. Doch selbst bei sehr professionell ausgeführten Produktionen bleibe ich als Teilnehmer ein unbeteiligter Zuschauer. Ok, interaktive Eventtools für Umfragen, Q&A, Gamification usw. geben mir vielleicht die Möglichkeit, mich inhaltlich zu involvieren. Aber persönlich bleibe ich dennoch seltsam unberührt vor meinem Screen sitzen, trotz des ganzen Aufwands, der dort im Fenster betrieben wird. Woran liegt das?

Wahrnehmen und wahrgenommen werden

Das Internet ist per se recht anonym. Und man darf nicht vergessen: Virtuelle Events sind ein eigenes neues Medium mit entsprechend eigenen Gesetzmässigkeiten und Erlebnismöglichkeiten. Es macht also keinen Sinn, ein Erlebnis aus dem realen Raum eins zu eins in den virtuellen Raum übersetzen zu wollen. Mein Kollege Max hat das in unserem vorherigen Artikel schön rausgearbeitet.

Aber dennoch: Es gibt ein menschliches Grundbedürfnis, das uns zu virtuellen Events genauso begleitet wie zu realen Events: Jeder Mensch will wahrgenommen werden. Diese Erfahrung macht einen wesentlichen Teil der Bindung aus, die Unternehmen durch Kommunikation erreichen wollen.

Doch der Kontext nahezu aller virtueller Events verweigert uns diese Wahrnehmung. Eventplattformen nehmen Gäste nicht als Menschen, sondern als User – vielleicht noch als Zielgruppe – war. Sie werden technisch sauber verarbeitet, bekommen Einladungen, Reminder, Logins, vielleicht (immerhin) persönliche Chaträume, aber was aktuelle Plattformen nicht leisten können, ist persönliche Wahrnehmung. Wir müssen umdenken und virtuelle Events weniger von der IT-Lösung her und mehr vom Kommunikationsbedürfnis her denken.

Die Community ist tot. Lang lebe die Community

Ein sehr grundlegender Aspekt einer jeden Community besteht darin, die Anwesenheit des Einzelnen wertzuschätzen: Schön, dass du da bist. Herzlich willkommen! Ohne dich würde etwas fehlen.

Dieses Gefühl entsteht durch persönliche Wahrnehmung von Angesicht zu Angesicht und formt im Kontext von virtuellen Events aus einer anonymen User-Schar eine Community. Wir bei Live Lab haben in den letzten Monaten hart daran gearbeitet, diesen so wichtigen informellen Teil der Eventerfahrung für virtuelle Events möglich zu machen, und haben deshalb mit Unterstützung des Research & Development Studios Zaak «everlive» ins Leben gerufen.

Everlive ist ein Kommunikationskanal für Event-basiertes Marketing. Ein wesentlicher Aspekt von Everlive besteht darin, persönliche Bindung wieder zu einem zentralen Bestandteil der Customer Journey von virtuellen Events zu machen. Wir formen aus anonymen Zielgruppen persönliche Communities.


* Jonathan Schwarz ist seit November 2020 Creative Director und Mitglied der Geschäftsleitung bei Live Lab.

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