MCH Group: Überraschend flaue Generalversammlung

Die MCH Group will die Messezentren in Basel und Zürich behalten. Die für das künftige Geschäft notwendigen Investitionen sollen entweder durch eine Erhöhung des Aktienkapitals und wohl nicht durch den Verkauf der Live Marketing Solutions eingespielt werden. Bis im 2023 sollen Kosteneinsparungen von zwanzig Millionen Franken getroffen werden.

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Die sich im Vorfeld als brisant anmutende, vom grösseren Aktionär AMG Fondsverwaltung geforderte ausserordentliche Generalversammlung der MCH Group verlief ruhig. Kennzeichnend dafür sagte der Inhaber von AMG, Erhard Lee: «Ich möchte betonen, dass wir nicht Opposition sein wollen», und ergänzte: «Ich anerkenne explizit die Bemühungen des Verwaltungsrats und der neuen operativen Leitung.» Die AMG hatte vorgängig einen Katalog von 39 Fragen zur Beantwortung eingereicht. Die meisten richteten sich auf eine Art versuchter Vergangenheitsbewältigung von gemachten Fehlern. Was diese («wer war für welche Fehler verantwortlich») bringen würde, war unklar.

Es wurde in den letzten Monaten viel geredet bei der MCH Group von der künftigen «Strategie», aber bis heute bleibt dieses Thema unbeantwortet. Im Gegenteil: Grossaktionär Erhard Lee sagte zur dazu beigezogenen Unternehmensberatung: «Für mich hat McKinsey versagt.» An der ausserordentlichen Generalversammlung wurde erneut darauf hingewiesen, dass die MCH Group für die Zukunft, wohl für die Transformation des Messegeschäfts, Geld braucht. Die Höhe liegt gemäss CEO Bernd Stadlwieser (links im Bild mit Verwaltungsratspräsident Dr. Ulrich Vischer) im zweistelligen Millionenbereich.

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Digitalisierung

Werden Messen digital (online)? Zu «Plattformen», wie die MCH Group diese immer wieder nennt? Zu hybriden, gleichzeitig digitalen und Echtzeitevents, wie auch an der Generalversammlung gefragt wurde? Digitalisierung ist ein Kernthema im weltweiten Messegeschäft, entsprechend häufig taucht sie auch in der Verlautbarung der MCH Group auf. Aber weltweit wurde bisher noch keine erfolgreiche Lösung für die Verlängerung des Messegeschäfts auf 365 Tage und dessen Kapitalisierung gefunden.

Aber genau das hat CEO Bernd Stadlwieser an der Generalversammlung angekündigt. Die MCH Group sei schon sehr weit in der Transformation von Messen zu Plattformen, und werde schon im 2020 mit ersten Lösungen starten, «um auch Umsätze zu generieren».

Angesprochen war insbesondere die Art Basel, dem Vernehmen nach das gut laufende Messe-Flaggschiff in Basel. Hier hätte man, anders als bei der Baselworld, eine Community mit 3 Millionen Menschen (Kontakte? Oder Hits? Das wurde nicht gesagt) aufgebaut. Bernd Stadlwieser erwähnte, für die Baselworld wolle man diese Community noch bilden und – interessant – «als Hub für lokale Communities in den grossen Metropolen dieser Welt». Das bedeutet: Die Internationalisierung im Live-Marketing-Geschäft der MCH Group in weltweiten Städten wird weiterverfolgt.

Wenn die Zukunft «digital» bedeutet, braucht es dann noch die grossen Klumpenrisiken der teuren Messezentren in Basel und Zürich (Bild oben: Der Basler Messeplatz)? Bernd Stadlwieser dazu in der Basler Zeitung: «Vielleicht ist die öffentliche Hand der bessere Besitzer.»

 

Live Marketing Solution

Wird für die entsprechende Finanzierung die Live Marketing Solutions mit den Kernfirmen Expomobilia und MC2 in den USA verkauft? Die MCH Group hält sich bedeckt: Im September 2019 hiess es noch, man wolle entweder das Messegeschäft oder die LMS verkaufen. Aufgrund des klaren Bekenntnisses zum Messegeschäft an der ausserordentlichen Generalversammlung bliebe als Option eines Verkaufs die LMS. Aber Verwaltungsratspräsident Dr. Ulrich Fischer sagte an der ausserordentlichen Generalversammlung, ein LMS-Verkauf sei bloss eine Option und er liess durchblicken, dass er die LMS am liebsten behalten würde.

 

Aktienkapitalerhöhung

Stattdessen soll eine Erhöhung des Aktienkapitals erwogen werden. Man sucht nun offenbar private Investoren, die Geld bringen, damit alle Geschäftsbereiche behalten werden können. Die AMG-Gesellschaft sprach sich allerdings gegen eine Kapitelerhöhung aus, denn: «Die Stabilität der Gesellschaft ist nicht gefährdet. Solche Schritte sind nicht zwingend nötig», so Erhard Lee.

 

Fazit

Das Problem der MCH Group ist nicht die aufmüpfige AMG-Aktionärsgruppe, es ist nur zu einem Teil die dramatisch geschrumpfte Baselworld – dafür läuft dem Vernehmen nach die Art Basel sehr gut. Und es wird sich hoffentlich auch für die Messezentren eine passende Lösung finden.

Das Problem liegt in der Disruption, die das Messegeschäft erfasst hat, nicht nur in der Schweiz, und dessen Zukunft weltweit eine ungelöste Frage darstellt. Und hier kommt die Frage: Wenn die MCH Group explizit von neuen Plattformen spricht, für die wiederholt der Begriff «hybrid» (gleichzeitig digital und live) verwendet wird – dann müsste sie in der Geschäftsleitung und im Verwaltungsrat entsprechende junge Fachspezialisten mit einem Leistungsausweis, vielleicht aus der Generation X, Y, haben. Wie hat Albert Einstein gesagt: Man soll Probleme niemals mit der gleichen Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind.

Was hat die die ausserordentliche GV gebracht? Sie hat einerseits mehr Transparenz geschaffen. Die MCH Group hat ja in den letzten Tagen kommunikative Fehler eingestanden und Besserung versprochen. Im besten Fall führt die mögliche Vertrauensbildung zwischen dem Grossaktionär AMG und dem MCH-Verwaltungsrat auch zu Lösungen, die stärker im Interesse beider und von allen Aktionären liegen. Das wäre dann ein (sehr) positives Resultat dieser Übung.

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