Kann Social Media eine Macht des Guten sein?

Von Cybermobbing bis hin zu Vandalismus: Die virtuelle Welt der sozialen Medien kann sicherlich negative Auswirkungen auf die Realität haben, jedoch hat Social Media durchaus auch ihre «Schoggiseite». Sherriene Redha von Kingfluencers beleuchtet die Licht- und Schattenseiten von Social Media.

Wie weltweit bekannt ist, wurde der Twitter-Account von Donald J. Trump, dem ehemaligen US-Präsidenten, nur zwei Tage nach der Stürmung des US-Kapitols durch seine Anhänger am 6. Januar 2021 gesperrt. Auch die Nutzung anderer Social-Media-Plattformen wie Facebook, Instagram, Snapchat, YouTube, etc. wurde ihm untersagt. Dies hat zu einer allgemeinen Diskussion über die Auswirkungen von sozialen Medien geführt und wie man darauf verantwortungsvoll handeln kann.

Der berüchtigte Twitter-Account des ehemaligen Präsidenten Trump wurde am 8. Januar 2021 dauerhaft gesperrt. (Quelle: TechCrunch)

Verantwortung auf Social Media

Seit langem herrscht ein gemeinsames Verständnis dafür, dass alle Nutzer für ihren eigenen Content verantwortlich sind und sich an die Regeln der Plattformen halten müssen. Im Allgemeinen ist es verboten, alles zu posten, was verstörend, hasserfüllt, beleidigend, diskriminierend, bedrohlich, belästigend oder verleumderisch ist. Daher haben Social-Media-Unternehmen den grössten Teil der Verantwortung für den Content den Nutzern überlassen und sich fast ausschliesslich bei sehr eindeutigen Verstössen wie eindeutig sexuellen oder gewaltverherrlichenden Beiträgen eingemischt.

Das aktuellste Beispiel für eine öffentliche Persönlichkeit, deren Social-Media-Aktionen sowohl landesweit als auch weltweit Unruhen verursacht haben, ist der 45. US-Präsident Donald J. Trump. Mit 88 Millionen Twitter-Followern und einem Account, der Socialbakers zufolge vor dem Verbot der sechstgrösste auf der Plattform war, ist klar, dass seine Botschaft eine grosse Reichweite hat, ob man nun mit der Politik und den Überzeugungen des ehemaligen Präsidenten Trump einverstanden ist oder nicht. Darüber hinaus war er Twitter zufolge im Jahr 2020 die meistgetwitterte Person weltweit.

Aber für viele ist er auch das deutlichste Beispiel dafür, wie sozialer Einfluss missbraucht werden kann. Sein Handeln und das anderer in seinem Kreis haben die Debatte darüber, welche Regeln oder Richtlinien für verantwortungsvolles Verhalten in sozialen Medien gelten sollten, verschärft, insbesondere für Politiker. Aber auch, welche Rolle die Anbieter der Social-Media-Plattformen bei der Durchsetzung dieser Regeln spielen und wie die Nutzer zur Rechenschaft gezogen werden sollten.

Eine mögliche Lösung könnte darin bestehen, das Bewusstsein der Social-Media-Nutzer durch ständige Aufklärungsbemühungen zu erhöhen. Gleichzeitig fordert ein grosser Teil der Bevölkerung mehr Faktenchecks, Moderation und Überwachung durch die Social-Media-Plattformen, ohne jedoch zu viel vorzuschreiben, wie man sein Profil nutzen kann und welche Informationen eine Person teilen darf – solange kein Schaden entsteht. Dies wäre sicherlich ein guter Schritt nach vorne.

Die Gefahren von Fehlinformationen

Eine der grössten potenziellen Gefahren für soziale Medien ist zweifellos die mögliche Verbreitung von Fehlinformationen, insbesondere in Bereichen, in denen dies erheblichen Schaden anrichten kann. Beim Erstellen oder Teilen von Content auf Social Media ist Integrität immer der Schlüssel. Nicht jeder hat jedoch die besten Absichten, und einige gehen sogar so weit, soziale Medien und ihren Einfluss auszunutzen, um ihre eigene Agenda voranzutreiben, egal welche Folgen dies haben mag.

Ein unverfrorenes Beispiel – Covid-19 und Präsident Trump

Viele Trumps Anhänger haben jedes Wort seiner 36 täglichen Tweets als eine offizielle Regierungserklärung wahrgenommen, einschliesslich seiner faktisch falschen Tweets über die Covid-19-Pandemie. Zusätzlich zur Verweigerung, in der Öffentlichkeit eine Maske zu tragen – trotz der Empfehlung der US Centers for Disease Control and Prevention seit März 2020 eine Maske zu tragen – haben diese Aktionen auf Twitter zu landesweiten Protesten gegen die Regierungspolitik zur Bekämpfung der Pandemie geführt. Nachdem sich der ehemalige Präsident Trump drei Monate lang geweigert hatte, eine Maske zu tragen, und seine Mitarbeiter ihn darum gebeten haben, ein gutes Beispiel abzugeben, hat er im Juli 2020 endlich ein Bild von sich mit einer Maske veröffentlicht. Er twitterte auch:

«Wir sind vereint in unseren Bemühungen, das unsichtbare China-Virus zu besiegen, und viele Leute sagen, dass es patriotisch ist, eine Gesichtsmaske zu tragen, wenn man das Social Distancing nicht einhalten kann.»

Der ehemalige Präsident Trump trug erstmals am 11. Juli 2020 eine Maske in der Öffentlichkeit. (Quelle: France24)

Aber war es zu wenig, zu spät? Es besteht kaum Zweifel daran, dass die Kampagne mit den Fehlinformationen das Resultat der Pandemie bisher enorm verschlimmert hat. Nach der landesweiten Spaltung, welche die Tweets des 45. Präsidenten über Covid-19 verursacht haben, ergriff Twitter Massnahmen und begann mit der Überwachung seines Accounts. Die Social-Media-Plattform begann im Mai 2020 mit Faktenchecks zu Trumps Tweets über das Virus.

Nach dem anhaltenden Verbot von Social-Media-Plattformen, auch nach Ende der Amtszeit, hat Trump eine eigene Website lanciert, auf der er seine Fans mit Nachrichten von seiner Frau Melania Trump und sich selbst auf dem Laufenden halten will. Laut  The Guardian wird der ehemalige US-Präsident sogar bald eine eigene Social-Media-Plattform erschaffen. «Und ich denke, das ist etwas, dass das heisseste Eintrittsticket in die sozialen Medien sein wird, es wird das Spiel völlig neu definieren, und jeder wird abwarten und beobachten, um zu sehen, was genau Präsident Trump tut. Aber es wird seine eigene Plattform sein», behauptet Jason Miller, Senior Adviser des ehemaligen US-Präsidenten.

Die positiven Auswirkungen von Social Media

Trotz des Missbrauchs durch einige Personen, darf man nicht vergessen, dass Social Media auch viele positiven Auswirkungen auf die Gesellschaft hatte und das enorme Potenzial für das Gute erkannt werden muss. Bestimmte Bewegungen haben die Gesellschaft zusammengebracht, um nach positiven Veränderungen zu streben. Soziale Medien bieten Menschen mit guten Absichten und Ideen eine Plattform, um sich zu vereinen und zusammenzuarbeiten, um gemeinsam eine bessere Gesellschaft aufzubauen. Influencer*innen, also Personen mit einer bedeutenden Publikumsbasis, können dadurch zu mächtigen Katalysatoren werden, um die ehrenhaften Anliegen, die sie verfolgen, voranzutreiben, egal wie gross oder klein der Beweggrund ist. Es folgen einige Beispiele.

#BlackLivesMatter

Ein unglaubliches Beispiel ist die #BlackLivesMatter-Bewegung, die durch George Floyds Ermordung durch den Minneapolis-Polizisten Derek Chauvin begann. Seitdem hat sich die Welt auf Social-Media-Plattformen zusammengeschlossen, um gegen Floyds Ungerechtigkeit zu kämpfen. Im Jahr 2020 war #BlackLivesMatter der zweitbeliebteste Hashtag und George Floyd war der drittmeist getwitterte Mensch der Welt. Zahlreiche Influencer*innen, darunter Prominente auf der ganzen Welt, haben sich ebenfalls vereint, ihre Unterstützung digital geteilt sowie auf den Strassen ihrer Städte gegen die Ungerechtigkeit protestiert. Auch Schweizer Influencer haben Massnahmen ergriffen, um der Bewegung mehr Aufmerksamkeit zu schenken.

Viele Schweizer Influencer, darunter Xenia, haben ihre Unterstützung für die Black-Lives-Matter-Bewegung gezeigt, indem sie am 2. Juni 2020 komplett schwarze Posts mit dem Hashtag #BlackoutTuesday posteten. (Quelle: Instagram)

#SupportSmallBusiness

Eine weitere Bewegung, die seit der globalen Pandemie ins Leben gerufen wurde, war die Support-Small-Business-Bewegung. Mit derzeit über 26 Millionen Instagram-Beiträgen unter dem Hashtag #SupportSmallBusiness haben Influencer ein gemeinsames Bewusstsein für die negativen Auswirkungen der Pandemie und der staatlichen Vorschriften auf kleine Unternehmen, insbesondere in der Gastronomie, geteilt. Ein ideales Beispiel ist der Reise-Blog von Family of 5 (FO5), der eine #FO5Support-Initiative lanciert hat, die kleine Unternehmen in der Schweiz mit Hilfe von Social Media unterstützt.

Der Reise-Blog von «Family of 5» bekundet Unterstützung für Schweizer Kleinunternehmen in diesen schwierigen Zeiten (Quelle: Instagram)

 

#StayHome

Ebenfalls eine Bewegung, die seit der globalen Pandemie begonnen hat, ist die #StayHome-Bewegung. Seit dem ersten Lockdown im Frühjahr 2020 haben sich viele Schweizer Influencer zusammengeschlossen, um die Wichtigkeit von Social Distancing und des Zuhause-Bleibens zu fördern, indem sie mit gutem Beispiel vorangehen.

Die gebürtige Zürcherin Adriana Pokus de Leonhart nahm im März 2020 an der #ZüriBliibtDihei-Kampagne teil und ermutigte andere, zu Hause zu bleiben, um den bevorstehenden Sommer zu geniessen. (Quelle: Instagram)
Kingfluencers-Co-Founder Fabian Plüss zeigte in diesem Post, wie man sein Homeoffice trotzdem zu einem produktiven und attraktiven Arbeitsplatz machen kann. (Quelle: Instagram)

#Mask

Darüber hinaus haben zahlreiche Schweizer Fashion Influencer, wie Luisa Rossi, das Tragen von Masken gefördert, indem sie zeigen, wie stilvoll Masken sein können.

Stylistin Luisa Rossi zeigt vor, wie Masken mit einer Kette getragen werden können. (Quelle: Instagram)

Tipps für verantwortungsvolles Verhalten

Es gibt viele kreative Möglichkeiten, Verantwortung auf Social Media zu zeigen und trotzdem eine Stimme zu haben und für das einzutreten, woran man glaubt. Es ist daher wichtig, immer ein Höchstmass an Integrität zu bewahren, egal wie gross oder klein das Publikum auch ist. Alle Beteiligten müssen in dieser Angelegenheit eine Rolle spielen, und Nutzer mit bedeutungsvollem Einfluss müssen dabei mit gutem Beispiel vorangehen. Auch Unternehmen wie Kingfluencers nehmen in der Debatte die Fackel in die Hand und bemühen sich aktiv darum, Influencer*innen und anderen Akteur*innen im Ökosystem Orientierung zu bieten und zu beraten, um das wahre Potenzial von sozialen Medien und sozialem Einfluss für Menschen und Marken gleichermassen zu nutzen.


* Sherriene Redha ist Social Media und Marketing Officer bei der Zürcher Social-Media- und Influencer-Marketing-Agentur Kingfluencers. Sie studiert derzeit Business Administration in Luzern und ist spezialisiert auf Performance-, Content-Marketing und Storytelling.

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