«Der digitale Werbemarkt entwickelt sich zu langsam»

ONLINE-WERBUNG Stephan Obwegeser ist vor Kurzem als neuer Präsident vom IAB Switzerland gewählt worden. Im Interview mit MK verrät er, welchen Stellenwert die digitale Werbung in der Schweiz hat, wo die grössten Herausforderungen liegen und welche Werbeformen im Aufwind sind. Stephan Obwegeser, Head of Digital Advertising & Services bei der Tamedia und neuer Präsident der […]

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Stephan Obwegeser, Head of Digital Advertising & Services bei der Tamedia und neuer Präsident der IAB Switzerland.MK Wie entwickelt sich der digitalen Werbemarkt in der Schweiz und wo liegen die grössten Herausforderungen? STEPHAN OBWEGESER Ich würde sagen, dieser entwickelt sich stetig, aber langsam. Zu langsam nach meinem Empfinden. Die Gründe dafür sind vielschichtig; zum Beispiel fehlendes Wissen und Vertrauen, komplizierte Prozesse und Abläufe, hohe Komplexität und Fragmentierung der Angebote, Unsicherheiten im Umgang mit immer wieder neuen Entwicklungen.Unsere Herausforderungen liegen sicher darin, die Glaubwürdigkeit und Akzeptanz von digitaler Werbung nach wie vor zu stärken, beispielsweise mit einer relevanten Werbewirkungs-Studie. Wir müssen weiterhin an der Basisausbildung arbeiten und entsprechende Angebote zur Verfügung stellen. Auch sollten wir dafür zu sorgen, dass Planungs-Prozesse einfacher und einheitliche, klare Währungen für relevante KPIs zur Verfügung stehen bzw. gestellt werden.Und last but not least müssen wir sicherstellen, dass wir digitale Werbeangebote so gestalten, dass sich Produktionsaufwände für Kunden in einem vernünftigen Rahmen bewegen können. Es macht keinen Sinn, wenn jede Site ihr eigenes Format entwickelt und ein Kunden dann zig Formate produzieren muss um eine Digital-Kampagne mit relevanter Reichweite zu platzieren.MK Neue Werbeformen wie «Native Ads» und Videowerbung liegen im Trend. Hat die klassische Bannerwerbung ausgedient?OBWEGESER Das 468×60 Pixel-Banner hat sicher schon Seltenheitswert. Nicht aber Display-Werbung generell. Hier haben sich attraktive Grossformate entwickelt, welche eine hervorragende Brandingwirkung entfalten können. Und auch im Bereich Mobile sind in diesem Jahr bereits einige Display-Innovationen auf den Markt gekommen. Native Ads sind alter Wein in neuen Schläuchen, wobei der alte Wein durchaus schmeckt! Video und Bewegtbild ist ein klarer Trend der stark zunimmt.MK Sie sind Head of Digital Advertising bei Tamedia. Was ist ihren Werbekunden besonders wichtig, wenn Sie Online-Werbung schalten wollen?OBWEGESER Als Tamedia decken wir viele Bedürfnisse ab. Kunden, die spezifische Umfelder suchen und auf starken Medienmarken präsent sein wollen, belegen direkt einzelne Titel. Kunden, die bestimmte Zielgruppen gezielt ansprechen wollen oder performance-basiert Werbung schalten wollen, belegen PPN, das Premium Performance Netzwerk von Tamedia. Allen Kunden ist gemein, dass Sie einen guten Service, hohe Beratungskompetenz, ein professionelles Reporting und natürlich ein attraktives Preis- Leistungsverhältnis wollen.MK Immer mehr Traffic verlagert sich auf mobile Geräte wie Smartphones und Tablets. Dort geniesst Online-Werbung jedoch nur wenig Akzeptanz. Wie muss erfolgreiche mobile-Werbung aussehen?OBWEGESER Sie sollte auf jeden Fall die Botschaft mit wenigen Worten und klaren Bildern auf den Punkt bringen. Weniger ist hier mehr! Auch darf sie nicht zu aggressiv sein. Mobile-Nutzer sind empfindlicher auf störende Werbung da diese auf mobilen Endgeräten dominanter wirkt als auf einen normalen Computerbildschirm. Und schlussendlich sollte ein durchgängiges mobiles Erlebnis garantiert sein. Die Enttäuschung ist gross, wenn ein User auf ein mobiles Werbemittel klickt und auf einer Seite landet, die nicht für mobile Endgeräte optimiert ist.MK Uns stehen immer mehr Daten zur Verfügung. Trotzdem gibt es viele User, die z.B. dem «Re-Targeting» kritisch gegenüberstehen und es «erschreckend» finden, was wir mit ihren Daten anstellen. Wo liegen die Grenzen der Datenauswertung für Online-Werbung?OBWEGESER Ich glaube, dass es weniger um die Frage der Grenzen geht, sondern vielmehr um die Transparenz darüber, was gemacht wird und die Möglichkeit, darüber selbst bestimmen zu können. Aber natürlich gibt es auch Grenzen – für mich liegen diese dort, wo Werbung nachhaltig nervt oder persönliche Daten ohne mein Wissen oder Einverständnis Dritten zur Verfügung gestellt werden.MK Welche digitalen Werbeformen werden in Zukunft an Bedeutung gewinnen und wieso?OBWEGESER Einerseits Video-Werbung aus zwei Gründen:1. Können Video-Ads oft aus der klassischen TV-Werbung übernommen werden, sind also aus Kunden- und Agentursicht attraktiv da nur ein geringer Zusatzaufwand für die Produktion entsteht2. Nimmt der Konsum und und die Produktion von Bewegbild-Inhalten in digitalen Medien stark zu. Folgedessen steigt auch das Angebot für Video-WerbungAndererseits nimmt auch mobile Werbung zu, da sich die Nutzung digitaler Medien schnell Richtung mobiler Endgeräte entwickelt und neue, grossflächige und im Content platzierte mobile Werbeformate mobile Werbung attraktiv machen.Interview: Simon Wolanin

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