Billboard, Pop-Up oder Video-Ad?

ONLINE-WERBEFORMEN Der Online-Werbemarkt ist immer stärker fragmentiert. Exotische Sonderformate und neuer Tradingmodelle halten Einzug. Experten äussern sich zu den Vor- und Nachteilen der einzelnen Werbeformen wie Banner-Werbung, Video-Ads und Native Advertising. Die Nachfrage nach Mobile-Werbung ist dank dem Smartphone- und Tablet-Boom deutlich gestiegen. Sie bedecken den ganzen Bildschirm, tauchen mitten im Textabschnitt auf, halten sich bescheiden […]

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Die Nachfrage nach Mobile-Werbung ist dank dem Smartphone- und Tablet-Boom deutlich gestiegen. Sie bedecken den ganzen Bildschirm, tauchen mitten im Textabschnitt auf, halten sich bescheiden an den Seitenrand, poppen auf und wieder weg; fährt die Maus drüber, bewegen sich die Bilder: Bei den Online-Werbeformen zeichnen sich häufige Veränderungen und Neuheiten ab. Billboards, Layer Ads, Medium Rectangles, Pop Unders, Skyscrapers heissen sie oder Prestitials, Wallpapers, Video-Ads, Native Advertising. Doch welche Formen sind derzeit erfolgreich? Und welches sind die Vor- und Nachteile der einzelnen Werbeformate. Im Dschungel der Banner, Pop-up-Fenster und Rich Media-Möglichkeiten gilt es erst einmal den Durchblick zu gewinnen. MK hat sechs Experten befragt.«Die Fragmentierung schreitet fort»Andi Hess, Head of Online & Mobile bei Publicitas, sagt zur aktuellen Entwicklung des Online-Werbemarktes: «Die Fragmentierung schreitet fort. Wo man sich bis dato in einer überschaubaren Welt von IAB-Standardformen zu fixen TKPs bewegte, findet man sich heute in einem digitalen Zoo von spezialisierten Bereichen, Sonderformaten und Tradingmodellen. Die klassischen Banner-Buchungen verlieren an Bedeutung während die exotischeren Formen teils rasant an Bedeutung gewinnen.»Im oberen Preissegment seien dies einerseits aufwendige Site-Take-Overs, Branding-Days und Expandables – andererseits auch In-Ad-Videos, Native Advertising/Advertorials sowie Like-Portals. «Ein volumenseitiges Wachstum kann man im unteren Preissegment beobachten. Neben Adwords haben sich hier die altbekannten Triple-Ads etabliert», erläutert Hess. Dabei handelt es sich um die Kombination d aus einem Wallpaper/Hockeystick und einem Flash Layer, der eine gesteigerte Aufmerksamkeit erzielen soll. «Für rasantes Wachstum sorgen der Mobile-Traffic sowie die immer stärkere Durchdringung des Marktes durch programmatische.»Effizienz und Performance«Wir verzeichnen einen starken Anstieg im Bereich Real-Time-Advertising und Programmatic Buying», registriert auch Hendrik van Dyck, Geschäftsführer von Adisfaction, «hier konnten in den letzten Monaten viele Vorurteile bezüglich des Modells ausgeräumt werden. Diese Werbeform bietet uns Agenturen und den Kunden ein Mehr an Kontrolle, Effizienz und Performance gegenüber den veralteten Buchungen bei einem Werbe-Netzwerk.» Zudem ortet er einen ungebrochenen Aufwärts-Trend beim Thema Suchmaschinen-Marketing sowie eine erhöhte Nachfrage bei Mobile-Werbung.«Im Trend, wenn auch noch nicht in der grossen Masse, liegen Werbeformen, welche es schaffen, inhaltlich konvergent die Kommunikationsbotschaften aus dem TV mit audio-visuellen Inhalten aufzunehmen, und damit den Nutzer interaktiv in den Bann ziehen», sagt Andreas Jorgella, Partner bei The House Agency. Er verweist auf Richmedia-Formen und grosse Formate, die mit erweiterten Modus aufwarten, etwa mit bewusstem Mouse-Over-Verhalten. «Modern in HTML5 umgesetzt, besteht folglich auch der Einsatz über mobile Devices wie Smartphones und Tablets», ergänzt er, «die Masse wird aber weiterhin durch Standard-Formate bewegt. Hier zeigt sich vermehrt eine Entwicklung zu den grösseren Formaten – also vom Skyscraper hin zum Halfpage Ad oder vom Leaderboard zum Maxiboard.» Stark unterschätzt würden Formate, die in die Kategorie «Publireportagen» oder «Advertorials» fallen und Jorgella spricht dabei auch von «kuratiertem Content».Transaktionskosten sinken«Am meisten zugelegt hat der automatisierte Einkauf von digitaler Werbung, wo sich die Ausgaben im vergangenen Jahr hierzulande verdoppelt haben», sagt Remo Prinz, Partner bei Mediahead. Dies sei kein Wunder, denn Programmatic Buying mache die Werbeleistung effizienter und senke die Transaktionskosten. «Das verleiht dem gesamten Online-Werbemarkt neuen Schwung.»Beat Z’graggen, Inhaber von Worldsites, mit Einsitz im Expertengremium von Media Focus, nennt die Zahl von 171 Milliarden Dollar, die bis 2017 weltweit ins Online-Marketing fliessen würden: «Der gesamte Online-Werbemarkt in der Schweiz dürfte 2014 aufgrund der ersten Monate des Jahres um 11 Prozent zunehmen. Getrieben wird diese Zunahme durch die Steigerung des Werbeumsatzes der Suchmaschinen-Werbung um über 21 Prozent. Ein besonders starkes Wachstum verzeichnen auch Online-Videos.» Klassische Banner würden zwar nicht mehr so stark wachsen, «aber wir verzeichnen eine starke Nachfrage nach Remarketing».Dabei werde den bisherigen Interessenten Werbung gezeigt, und man köne gezielt mit ihnen im Kontakt bleiben und sie bis zum Kauf begleiten. «Neue dynamische Werbeformen, bei denen im Werbemittel durch Mouseover gezielt mehr Informationen zu gezeigten Produkten eingeblendet werden, sind vielversprechend», findet Z’graggen.Vor- und Nachteile der KanäleDoch welches sind nun die Vor- und Nachteile der einzelnen Online-Werbeformen?Andi Hess sagt dazu: «Aktuell kommen im Online-Markt die klassischen Formate und Monetarisierungsmodelle von zwei Seiten unter Druck. Einerseits verlangen die Kunden verstärkt nach individuellen Ansätzen für ihren Auftritt. Andererseits erodieren die Preise durch den Vormarsch der diversen RTB-Anbieter.Die klassischen IAB-Formate bieten in diesem Umfeld nach wie vor den Vorteil des universellen Einsatzes. Da kann mit überschaubarem Aufwand ein einziger Werbemittelsatz erstellt werden, der über einen Grossteil der Kanäle ausgespielt werden kann; Programmatic inklusive.» Video-Ads würden zudem eine solide Basis für eine längere Verweildauer bieten und seien somit für den Transport von emotionalen Aussagen gut geeignet. «Das zu Verfügung stehende Inventar im Bereich der spezifischen Video-Plattformen ist im CH-Markt jedoch recht überschaubar, die Kontaktpreise entsprechend hoch. Somit wird hier auf In-Ad sowie Crossboarder ausgewichen», sagt Hess.Native Advertising vermehrt gefragtNative Advertising bewege sich in einem identischen Spannungsfeld: die im nationalen Markt verfügbaren Volumen seien überschaubar, das Preisniveau entsprechend hoch. Hier sei jedoch ein Umdenken der Publisher, insbesondere der News-Portale, spür- und sichtbar. «Dieser Markt wird sich in den nächsten Monaten stark bewegen.»Remo Prinz sagt: «Banner erzielen eine sehr hohe Reichweite und sind einfach skalierbar, erhalten dafür aber wenig Aufmerksamkeit. Bei Video-As ist es genau umgekehrt: die Aufmerksamkeit ist hoch, aber die Reichweite eher gering.» Das grosse Plus von Native Advertising sei die Einbettung ins redaktionelle Umfeld. Der Inhalt geniesse somit eine hohe Akzeptanz und werde zudem oft organisch weiterverbreitet.Zum Thema Real Time Advertising sagt er: «In Nordamerika gehört Progammatic bereits zum Media-Alltag. Und nun nimmt der Zug auch in der Schweiz richtig an Fahrt auf. Die Herausforderung ist es nun, ein gutes Schweizer Ökosystem zu schaffen, wo inländische Advertiser und Publisher gleichermassen profitieren. Bedingung dafür ist eine für beide Seiten lohnende Preisstruktur. Dann besteht die Chance, dass wieder weniger Werbegeld ins Ausland fliesst.»Spannende Video-AdsDigitale Werbemittel seien ein gutes Mittel für die Erhöhung der Markenbekanntheit, sagt Beat Z’graggen: «Dadurch, dass ein beträchtlicher Teil der Mediennutzungszeit online verbracht wird, sollte jede Offline-Kampagne auch online begleitet werden. Wenn es darum geht, kurzfristig möglichst viel Kunden anzuziehen, gibt es meistens bessere Möglichkeiten.» Und zu Video-Ads sagt er: «Die können zwar in der Regel übersprungen werden. Dass rund ein Drittel der Zuschauer diese aber nicht überspringt, unterstreicht deren Beachtungsgrad.»Andreas Jorgella erachtet Banners als schnell, direkt und nach vielen Kriterien aussteuerbar – und sie seien sowohl fürs Branding wie den Salespush geeignet. «Video-Ads sind durch ihre konvergenten Anlage mit der Wiederanwendung von audio-visuellen Inhalten spannend. Doch allzu oft unterschätzt man in der Konzeption die Relevanz für ein interaktives, selbstbestimmendes Medium.» Beim Native Advertising ortet er eher einen flüchtigen Kontakt mit kurzfristigem Impuls. Auf die Euphoriebremse drückt Jorgella beim Real Time Advertising: «Der Schweizer Markt hat sich noch zu wenig entwickelt. Die Vorteile liegen weiterhin eher bei den Vermarktern in der Monetarisierung deren Inventaren, weniger beim Werbekunden.»Zu den Vor- und Nachteilen von Bannern sagt Hendrik van Dyck: «Sie bieten eine gute Mischform von Sichtbarkeit und Performance und es gibt ein breites Angebot.Doch die Erwartungen an die Interaktion der User bezüglich der beworbenen Inhalte darf nicht zu hoch sein». Gute Aufmerksamkeits- und Erinnerungs-Werte attestiert er Video-Ads, doch sie würden häufig als störend empfunden. Und zu Native Advertising sagt er: «Das ist eine schlaue Verbindung aus Information, Unterhaltung und Werbung. Diese Form verbindet die Möglichkeit des Mediums auf sympathische Art und Weise. Doch aufgepasst: Sie kann nicht einfach vom TV oder Print aufs Web verlängert werden. Man braucht für Native Advertising schon gute und passende Ideen und Inhalte.» Autor: Gregor Waser

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