Adello-Event in Zürich: Daten-Transparenz – lokale Daten als Chance

Bereits zum 27. Mal lud Adello am Donnerstag zu einem Digital-Advertising-Fachevent, gemeinsam mit dem Schweizer Werbeauftraggeber-Verband, der IAB, GeoCTRL, Ringier und Tamedia im Hauptsitz der Zürcher Kantonalbank an der Bahnhofstrasse.

0_Event

Eröffnung des Events an der Bahnhofstrasse (Fotos: zVg).

 

Der Event mit rund 50 Anwesenden wurde von Adello-Geschäftsführer Sandor Laczko eröffnet. In seinem Impulsreferat führte zeigte er mit einem Exkurs in die Politik auf, wie Daten eine immer wichtigere Rolle in der Gestaltung demokratischer Systeme einnehmen. Anhand von Brexit, der Wahl von Donald Trump und Cambridge Analytica zeichnete er die Veränderungen in der Politik nach und zeigte auf, welchen massiven Einfluss die unsaubere Verwendung von Daten auf den Wert von Firmen haben können. Gerade deshalb sei der heutige Anlass und der Ruf nach nachvollziehbarer und rechtlich gesicherter Erhebung, Verarbeitung und Weitergabe von Daten wichtig. Diese Transparenz sei vonnöten, um Vertrauen und nachhaltiges «Programmatic Advertising» zu schaffen.

1_Laczko

Sandor Laczko, Geschäftsführer von Adello Schweiz, referiert über politische Systeme und Datenmodelle.

 

Per Video wendete sich Roland Ehrler, Geschäftsführer des Schweizer Werbeauftraggeber Verbands SWA anschliessend an das Publikum. Er sähe Transparenz als Voraussetzung für Werbung. Der Markt stehe allerdings vor grossen Herausforderungen. Wenn es diese nicht zu lösen gelänge, werde die Politik eingreifen müssen. Er stellte die Global Media Charter des SWA vor, welche für Sicherheit und Transparenz im digitalen Werbemarkt stehen würde. Kernaussagen von Roland Ehrler waren Nulltoleranz gegenüber Adfraud. Dabei hoffe er auf zertifizierte Tools oder Konventionen zur Messung. Es gelte Adfraud auf allen Ebenen zu bekämpfen. Ebenfalls sei die Viewability sicherzustellen.

Anschaulich und eindrücklich war die von der ANA übernommene Darstellung, dass von $1 Werbegeld lediglich 58 Cent beim Publisher ankommen würden. Dies sei in der Schweiz nicht anders und müsse sich ändern. Transparenz sei dabei wichtig, nämlich wer was wofür liefern würde.

Die als Handout verteilte Charter stellte er acht Punkten vor, um abschliessend den Anwesenden die positive Botschaft mitzugeben, dass sich in der Zusammenarbeit und Initiativen mit Verbänden wie der IAB und Anlässen wie des Adello Fachevents Chancen auftun würden. Er würde dabei die starke Stimme der Werbeauftraggeber vertreten.

2_Ehrler

SWA-Direktor Roland Ehrler befand sich mehrere 100 Kilometer westlich von Zürich und liess sich per Video zuschalten

 

IAB Geschäftsführer Roger Baur stellte kurz die Themen vor, welche im Fokus der IAB stünden: Smdh, Viewability/Visibility, Datenschutz und Transparenz.

Ein wichtiger Punkt dabei war der Code of Conduct, welchen die IAB in Zusammenarbeit über die Schweizer Landesgrenze hinaus im DACH-Raum entwickelt habe. Die Anbieter würden sich freiwillig dem Code of Conduct unterstellen. Er führte auch aus, wie der Code of Conduct durchaus Schlagkraft entwickelt hätte. Sollte ein Werbeauftraggeber und deren Agentur einen Anbieter eines Verstosses verdächtigen, würde in Zusammenarbeit mit der renommierten Anwaltskanzlei Fischer und der IAB die betroffene Agentur analysiert und gegebenenfalls angezeigt.

Er verwies darauf, wie in Österreich eine akzeptierte Lösung mit den Publishern gefunden worden sei. In der Schweiz hätte man dies zwar nicht geschafft, hingegen würden ab 2020 durchschnittliche Viewability-Werte bei allen grossen Publishern in der Schweiz angezeigt, um immerhin einen Anhaltspunkt zu geben. Ads.txt sei zudem ein weiterer Ansatz.

Da in Europa in der IAB neue Personen gewählt worden seien, müssten die Initiativen erneut erklärt werden und wir müssten leider auf Europa warten. Dabei ging er aber davon aus, dass Logins eine wichtige Lösung seien.

3_Baur

IAB Schweiz-Geschäftsführer Roger Bauer erklärt die Initiativen des Verbandes.

 

Nele Dagefoerde, Head of Product bei GeoCTRL, stellte die Relevanz von Daten in der physischen Welt vor. Einleitend zeigte sie die wesentlichen Trends im Bereich Retail und Daten vor. Zum Beispiel wie die Datensensibilität von Nutzern steigen würde und bereits 11 Prozent der von ihrer Firma erfassten Nutzer Do-Not-Track aktiviert hätten. Ein explizites Einverständnis würde deshalb die Qualität erhöhen und gleichzeitig zu gewünschter Werbung führen.

In mehreren Use-Cases zeigte sie anschaulich auf, wie lokale Daten Vorteile gegenüber den grossen US-Anbietern hätten, gerade in Hinblick auf Relevanz, Vertrauen und Geschäftserfolg.

Physische Daten seien der Treiber für Geschäftserfolg über alle Industrien hinweg und die Datentransparenz und -qualität von lokalen Daten würden die Grundlage dafür schaffen.

4_Dagefoerde

Nele Dagefoerde, Head of Produkt Marketing von GeoCTRL wurde aus Kiel eingeflogen.

 

Jan Morlock, Head of Data Science bei Adello sprach darüber, wie Data Science arbeiten würde und führte dies anhand anschaulicher Beispiele vor. Maschinelles Lernen (künstliche Intelligenz) sei letztlich Handwerk und nicht die «Black Box» für die sie oft gehalten würde. Das erste Beispiel illustrierte nachvollziehbar, wie Data Science das Geschlecht von Nutzern erkennen könne. Um so letztlich nicht nur die 5 Prozent von Exchanges erkannten, sondern nach dem angewendeten Verfahren bis 75 Prozent der Nutzer präzise nach Geschlecht klassifizieren zu können. Für Schmunzeln sorgte er mit seiner Liste der zehn Apps mit den stärksten Identifikatoren der Geschlechtermerkmale. Beispiele zur Vorhersage von Viewability und der Methodologien zur Fraud-Bekämpfung schlossen seine kompetenten Ausführungen ab. Data Science sei eben keine Black Box, sondern durchaus nachvollziehbares Handwerk.

6_Morlock

Jan Morlock, Head of Data Science bei Adello.

 

Abschliessend kamen Thomas Gresch und Patrick Rademacher der Schweizer Login-Allianz aufs Podium. Sie führten abwechselnd ins Thema ein, indem sie die strategischen Überlegungen erklärten, welche zu diesem gemeinsamen Schritt geführt hätten. Gerade die immer stärkere Restriktion auf Cookies als Identifikationsmerkmal hätten für eine Login-Allianz gesprochen. Dabei sei nicht singulär auf Vorteile für den Werbemarkt, sondern ebenso bessere Produkte für die Leser geachtet worden. Letzlich solle wieder wie früher ein 1:1 Kontakt zu den Konsumenten wiederhergestellt werden. In Europa würden zwei Ansätze verfolgt, einerseits Login-Allianzen, andererseits die Tracking-Allianzen, welche primär ein Cookie-Matching einsetzen würden und nur auf die Verbesserung des Werbemarkts abzielen würden. Da der Werbemarkt nur einen Teil des Mehrwerts darstellen würde, hätten sie sich klar zu einer Login-Allianz entschieden, welche seit zwei Wochen live sei.

5_Forster-Gersch-Rademacher

Mark Forster, Founder Adello, Thomas Gresch, Group CTO Tamedia, und Patrick Rademacher, Senior Manager Strategy Ringier (v.l.).

 

Patrick Rademacher zeigte die Schritte und Umsetzung auf und betonte, dass es eine offene Allianz sei, die jetzt mit rund 20 Publishern gestartet sei. Ab Q1/2020 sollten dann auch die Romandie und das Tessin live gehen, womit dann rund 30 Publisher dabei seien. Dass die Login-Allianz auch Fraud bekämpfen würde, wurde ebenfalls betont. Das Fremium Modell der Login Allianz böte grosse Chancen für Services und Inhalte. 100 Prozent Nutzerbasis mit Login sei nicht zu erreichen, jedoch versuche man, so nah heran wie möglich zu kommen. Die Herausforderung sei es letztlich, Mehrwerte ans Login zu knüpfen. Dies sei jeweils Sache jedes einzelnen Publishers.
Ab Q4/2020 würde dann auch Single-Sign-On verfügbar. Wichtig zu betonen waren den beiden, dass die Login-Allianz lediglich eine gemeinsame Authentifizierung sei, es sei kein Data Sharing.

Sandor Laczko schloss den Abend mit der Fragerunde ans Panel. Dabei seien Tamedia und Ringier positiv über die Entwicklung mit jeweils mehreren 10-tausenden neu registrierten Nutzern. Im anschliessenden Apéro wurde rege über die Chancen des Schweizer Werbemarkts diskutiert.

 

Weitere Artikel zum Thema