Plaudernde Plakatsäulen und verräterische Handys

Dass Plakate plötzlich per Ultraschall mit Handys plaudern, hat für Aufregung gesorgt. Doch Ultraschall-Daten kann jeder nutzen und Handys waren schon immer digitale Plaudertaschen.

Dass Werbung direkt mit dem Konsumenten plaudert, ist ein alter Marketing-Traum. Mit der Technologie Beem will Swisscom zusammen mit einigen App-Anbietern deshalb Plakaten das Reden beibringen. Der Trick ist simpel. An der Plakatwand sendet ein kleiner Lautsprecher Ultraschall-Töne aus. Steht man mit seinem Smartphone und passender App vor der Werbung, hört das Handy-Mikrofon diese Töne. Dann poppt ein Hinweis auf, dass man per Fingertippen zusätzliche Informationen zu diesem Plakat via Internet abholen kann.

Die Angst vor Unhörbarem

Die unhörbar plaudernden Plakate haben nun aber für so viel Aufregung gesorgt, dass Swisscom den Start von Beem erst mal verschoben hat (Werbewoche.ch berichtete). Doch eigentlich ist Ultraschall-Kommunikation (Ultrasonic) ein alter Hut und wird schon seit Jahren eingesetzt.

Zu Beginn versuchte aber die Werbebranche, die Technik versteckt zu nutzen. Deshalb ist ihr Ruf ziemlich angeschlagen. Mehrere Studien entdeckten vor zwei Jahren hunderte Apps, welche das Verhalten von Handy-Besitzern unbemerkt via Ultraschall-Signale aushorchten.

Der schlechte Ruf der Technik eilt nun auch Beem voraus. Dies obwohl Swisscom verspricht, dass bei Beem gar keine heimliche Verfolgung von Handy-Besitzern stattfindet. Der Nutzer muss aktiv eine Datenübermittlung initiieren. Beem funktioniert also eigentlich eher wie der Klötzchencode (QR-Code) auf Plakaten. Man spart sich dank Ultraschall lediglich das Abfotografieren des Codes.

Ultraschall-Technik hat bereits heute zahlreiche sinnvolle Handy-Anwendungen. Damit lassen sich beispielsweise tausende Handys von Konzertbesuchern in eine Lightshow verwandeln. Dies demonstriert beispielsweise der amerikanische Anbieter Cue Audio in zahlreichen Videos.

Selbst «ultraschallen»

Wie einfach man mit Tönen Daten übertragen kann, zeigt die App Chirp Messenger. Zwei Handybesitzer können damit ohne WLAN oder Internet Texte austauschen und chatten.

Wer unhörbar Daten zwischen Smartphones oder auch vom PC zum Smartphone übertragen will, findet auf der Webseite Quiet.github.io/quiet-js/ Hilfe. Sie wandelt beliebigen Text in hör- und unhörbare Töne (Send) um und kann diese dann auch wieder zurückverwandeln (Start Receiver).

Wer sich selbst als Ultraschall-Forscher betätigen will, installiert die Android-App UltraSound Detector oder SoniControl. Sie geben einen Alarm aus, sobald das Handy eine Ultraschallquelle hört. UltraSound Detector kann sogar Ultraschalltöne in «hörbare» Töne (Transfer) umwandeln. Ultraschall-Testtöne finden sich beispielsweise auf Ultrasonic-ringtones.com.

WLAN und Bluetooth sind verräterisch

Ladenbesitzer und Werbetreibende haben aber auch ohne Ultraschall viele Möglichkeiten, das Publikum zu erfassen. Denn auch die Bluetooth- und WLAN-Sender der Smartphones sind Plaudertaschen.

Installiert man Apps wie «nRF Connect for Mobile» oder «Bluetooth Monitor» auf seinem Handy, sieht man alle Handys und Kopfhörer in der näheren Umgebung inklusive Herstellerangaben.

Weil Handys bei eingeschaltetem WLAN permanent versuchen, ein passendes Netzwerk zu finden, lassen sie sich auf diesem Weg auch einfach verfolgen. Das kostenlose Windows-Programm WifiChannelMonitor lauscht beispielsweise fortwährend im Funknetz und erkennt auch Geräte, die gar nicht mit dem heimischen WLAN verbunden sind. Wie weit solches Wifi-Tracking und Bluetooth-Tracking gehen kann, zeigt eine Animation auf der Internetseite Libelium.com. (Kurt Haupt/SDA-MDI)
 

Hinweis: Für diesen Artikel erhielt die SDA «finanzielle Unterstützung» von Swisscom. Werbewoche.ch publiziert ihn unentgeltlich aufgrund der thematischen Relevanz rund um die Berichterstattung um die Einführung von Beem.

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