Beyond Words: Verlieben wir uns künftig in Bots?

Die 15. Europäische Trendtagung am 13. März 2019 zog 200 Teilnehmende ans GDI nach Rüschlikon und wartete mit internationalen Referenten auf. Branchenschwerpunkte konnten bei den Teilnehmenden nicht ausgemacht werden; Trendverständnis ist offensichtlich für alle Bereiche von Wirtschaft und Verwaltung wichtig.

In seinem Einleitungsreferat stellte David Bosshard, Direktor des GDI in Rüschlikon, nüchtern fest, dass Technik zwar immer mehr kann, aber die Frage sei, ob wir auch wirklich wissen, was wir damit wollen. Am Beispiel von Amazons Alexa führte er aus, dass diese Sprachschnittstelle die eigentlich für den effizienten Bestellprozess entwickelt wurde, heute noch stark ein soziales Tool darstellt.

Der Anteil der getätigten Bestellungen ist offensichtlich noch nicht berauschend. Interessant dabei ist aber die Tatsache, dass solche Bots oder digitale Agenten so etwas wie eine «Seele» haben. Bosshard wünschte den Teilnehmenden eine gute Tagung – mit dem ironischen Unterton, er gehe davon aus, dass die Gäste am Abend verwirrt nach Hause gingen. Aber dies zumindest auf einer höheren Ebene.

Trump – Meister im Attention Hacking

Der brillant vortragende Tim Wu, Professor an der New Yorker Columbia University, vertrat die Auffassung dass Attention (Aufmerksamkeit) künftig als Schlüssel-Ressource zu betrachten sei. Und ja, dass (leider) der US-Präsident in dieser Disziplin fast unschlagbar sei. Um Aufmerksamkeit für seine Sache zu erreichen brauche es sogenanntes Information-Filtering.

Dieser Fokussierungsprozess läuft über vier Stufen ab: 

  • Platform (Teil einer prominenten Plattform sein)
  • Check-in (Qualifizierung über einen Check-in-Schritt)
  • Addiction (Loyalität)
  • Convenience (Einfachheit in der Anwendung) erfolgen

Mit diesem Vorgehen kommt er zum Schluss, dass die drei zentralen Intangibles Attention, Convenience und Daten sind. In diesem Dreigestirn würden inskünftig erfolgreiche Unternehmen agieren.

Bild 1 Tim Wu Columbia University

Professor Tim Wu von Columbia University erläutert sein Konzept zum Attention-Hacking.

Die soziale Seite von Bots und digitalen Assistenten

Die MIT-Forscherin aus Boston ergründet die Beziehungsfähigkeit und Beziehungsqualität zwischen Mensch und Maschine. Ihre Beobachtung der imperativen Kommunikation von Kindern mit Amazons Alexa würde sich auch auf den Stil in der Kommunikation mit Gleichaltrigen auswirken.

Diese unerwünschte soziale Auswirkung – ausgelöst durch den Einsatz von Alexa – habe Amazon veranlasst, dass Alexa Aufforderungen nur mit einem vorangehenden «bitte» akzeptiert! Die Rednerin fragte dann fast etwa rhetorisch ins Publikum, ob sich die Teilnehmenden vorstellen können, dass sich Menschen in einen digitalen Assistenten verlieben könnten. Das Resultat des Online-Votings war verblüffend, wie die untenstehende Grafik zeigt.

Bild 2 MIT Aleksandra Przegalinska

Die MIT-Forscherin Aleksandra Przegalinska verfolgt gespannt das Resultat des Votings.

Weitere spannende Themen

Weitere spannende Themen waren Schmerzdiagnose via Bilderkennung oder RFID-Chip-Implantate für Zugangs- und Identifikations-Lösungen im Alltag. Die Auswahl und Fülle relevanter Themen an dieser Tagung war bemerkenswert und anregend. Auf das Programm der 16. Europäischen Trendtagung im 2020 darf man gespannt sein.

*Zum Autor: Christoph Oggenfuss ist Front Office Architekt und CE-Owner MarkITing Zürich (Markiting.ch).

Weitere Artikel zum Thema