Wasch mir den Gebühren-Pelz, aber mach mich nicht nass

Nach der No-Billag-Initiative muss die SRG den Rotstift ansetzen – aber wo? Am besten überall dort, wo es einen nicht persönlich betrifft. Das Editorial aus der Werbewoche 3/2018 vom 9. Februar 2018.

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In einem Punkt scheinen sich mittlerweile viele Schweizerinnen und Schweizer einig zu sein: Nach einem Nein zur No-Billag-Initiative muss die SRG über die Bücher. Begriffe, die fallen: aufgeblasen, aus dem Ruder gelaufen, Redimensionierung.

Demütig soll sie sich zeigen, die SRG – und den Sparhebel nicht nur bei verborgenen Prozessen ansetzen. Sondern auch dort, «wo es weh tut». Dort, wo die Menschen mitbekommen, dass die SRG umsetzt, was von ihr gefordert wird: abspecken, verzichten. Konzentration auf die wesentlichen Aufgaben. Unnötiges weglassen.

So viel zur Theorie. Geht man aber zur Praxis über, dürfte es um die Einigkeit vielerorts geschehen sein. Was streichen? Worauf kann man verzichten? Und wer ist eigentlich «man»?

Als erstes Bauernopfer könnte der Wiederholungssender SRF info fallen. Der kostet zwar nicht viel und hat vermutlich auch in Zeiten von Replay und Mediatheken eine weit grössere Anhängerschaft, als man denkt. Hauptsache ein Zeichen gesetzt.

Das Problem: Mit jeder Streichung wird man einem Teil der Gebührenzahlenden die persönliche Identifikation mit der SRG entziehen. Und damit deren Legitimation. Jeder hat eine eigene Vorstellung davon, was zwingend bleiben muss – und was alles weg kann.

Ein Beispiel: Ginge es nach mir, könnte man per sofort folgende SRG umsetzen und dabei Hunderte von Millionen sparen: Radio SRF1, SRF2, und SRF3 werden geschlossen und durch zwei Sender ersetzt: Radio SRF Music und Radio SRF Info. Radio SRF Music wird komplett von den Machern von «Black Music Special», «Sounds!», «Pop Routes», «Rock Special» und «Sonntagsmusik» gestaltet – abends moderieren sie, tagsüber stellen sie nur die Musik zusammen. Radio SRF Info funktioniert ähnlich wie SRF4 mit Wiederholungen, wird aber noch durch die Sendungen «Focus», «Input» und «Doppelpunkt» ergänzt.

Fernsehen: Auch hier entsteht ein einziger Sender: SRF TV. SRF2 wirft sämtlichen Sport aus dem Programm – ausser Ski Alpin und Fussball.

Rund um den Live-Sport werden folgende SRF1-Sendungen platziert: «Arena», «Rundschau», «Kassensturz», «10vor10», «Tagesschau», «Netz Natur», «Reporter», «Club» und «DOK». Diese Formate passen die Sendezeit dem Live-Sport an und weichen notfalls auf den Live-Stream aus. Programmlücken füllt SRF TV mit historischen Aufnahmen von SRF Archiv. Das Online-Angebot beschränkt sich auf die Mediathek und Live-Stream-Funktion. Online-News werden den Privaten überlassen.

Da hätten wir sie also: eine schlanke SRG, die alles abdeckt, was ich brauche. Zwei Radiosender, ein TV-Sender, etwas Online. Schweren Herzens habe ich mich – bei aller Sympathie zu unseren nicht-deutschsprachigen Landesteilen – von RSI, TSI und RTS getrennt. Ich habe ihre Dienste einfach zu selten genutzt und in vielen Fällen nicht einmal richtig verstanden. Nicht böse gemeint, gell?

Dafür bezahle ich die (stark reduzierte) Billag-Gebühr gerne. Sie auch? Vermutlich nicht. Und da wären wir wieder bei besagtem Problem. Dessen Lösung am Ende lauten wird: Alles bleibt beim Alten. Die SRG muss unzähligen Erwartungen von unzähligen Gebührenzahlern gerecht werden. Und ebenso viele Anforderungen erfüllen. Vielleicht macht sie das – trotz Reform-Wut und Gebühren-Bashing – am Ende des Tages gar nicht so schlecht?

Thomas Häusermann, Chefredaktor a.i. Werbewoche

t.haeusermann@werbewoche.ch

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